Samantha:
Meine Hände krallen sich für einen kurzen Moment in meine Decke und ich lege meinen Kopf schief. "Das habe ich doch schon gesagt. Kickboxtraining." sage ich lässig.
"Ach wirklich. Seit wann machst du Kickboxing?" fragt er mich. "Seit ich 10 bin. Aber ich habe letztes Jahr aufgehört." erkläre ich um weiteren Fragen auszuweichen. "Und warum ha-" ich unterbreche ihn hastig. "Ich bin dran." Tyler lehnt sich zurück. "Okay"
Ich überlege kurz. "Was machst du in deiner Freizeit?" frage ich ihn, denn das will ich tatsächlich wissen. Er zieht die Augenbrauen hoch und ein schiefes Grinsen bildet sich auf seinem Gesicht.
"Gelegentlich spiele ich Football." ein kurzes Lachen entfährt mir. "Gelegentlich? Du bist so Klischee." lache ich. "Danke wirklich. Nicht jeder kann so eigen und besonders sein." sagt er und spielt mit einem meiner zwei Kissen.
"Besonders?" grinsend lehne ich mich ein Stück nach hinten und beobachte wie Tyler von einem Moment auf den anderen verlegen wird. "Ja, du weißt was ich meine. Anders." lacht er.
"Ich bin dran." sagt er schnell und räuspert sich. "Also. Warum besteht dein Zimmer aus zusammengewürfelten Möbeln, die aussehen wie vom Flohmarkt." ich lache auf. "Weil sie vom Flohmarkt sind. Ich mag alte Sachen." sage ich und versuche keinen Verdacht darauf zu lenken, dass mein Stiefvater fast alle Möbel aus diesem Zimmer entfernt hat.
"Ok, dein Lieblingsfilm?" frage ich und sehe ihm in seine braunen Augen. Wieso haben alle Jungs braune Augen? Das ist so langweilig. Und trotzdem versinkt man wie in geschmolzener Schokolade darin.
"Star Wars." antwortet er nach kurzer Denkpause. "Lach nicht, ich weiß nur Nerds gucken das."
Ich muss grinsen. Die Star Wars Filme gehören auch zu meinen Lieblingsfilmen. "Welcher Teil?" frage ich ihn. "Was?" verwirrt sieht er mich an. "Na welchen Star Wars Teil du am liebsten magst." sage ich lachend.
"Den vierten." sagt er leise. "Das ist ja auch wirklich der beste." sage ich ohne über meine Aussage nachzudenken. "Du hast Star Wars geguckt?" überrascht sieht Tyler mich an. "Was denkst du wer ich bin? Star Wars nicht mindestens einmal gesehen zu haben ist eine Sünde. Außerdem gehören sie auch zu meinen Lieblingsfilmen." sage ich und spiele mit meinen Händen.
Ein kleines Lächeln stielt sich auf sein Gesicht, bevor er sich wieder fasst. "Ok. Hast du schon einmal Videospiele gespielt?" fragt er mich und ich muss grinsen. "Das habe ich tatsächlich, mit Dylan, sehr oft. Ich überlege schon länger mir eine Playstation 4 zu kaufen." schnell höre ich auf zu reden, als ich merke wie irrelevant diese Information für Tyler ist.
"Und wer ist Dylan?" mit hochgezogenen Augenbrauen sieht er mich an. "Du verstehst die Spielregeln nicht kann das sein"
"Warum machst du hier ein Praktikum?" frage ich ihn, um endlich zu erfahren was er hier macht.
"Ganz einfach. Mein Vater will mich a) aus dem Haus haben und vermutlich auch weil er b) andere Pläne für meine Berufswahl hat." erklärt Tyler mit etwas Wut in der Stimme. "Das klingt nach einem sehr-" "Ich bin dran." unterbricht er mich. "Wer ist dieser Dylan?" ein neugieriges Grinsen schleicht sich auf sein Gesicht.
"Er ist ein Freund von der Arbeit." antworte ich ihm und sehe etwas Erleichterung in seinem Blick. Vermutlich bilde ich mir das nur ein.
"Warst du schon mal in Tonys Diner?" frage ich ihn. "Ja, da arbeitest du doch oder? Ich habe dich da schon gesehen." "Ja. Und Dylan ist mein Kollege. Schwarze Haare, durchschnittlich groß. Den müsstest du auch gesehen haben." ich sehe Tyler an wie er überlegt. "Nein, der ist mir nicht aufgefallen." antwortet er schließlich.
"Hm." ich stehe von meinem Bett auf und fülle Wasser in meinen Wasserkocher und schalte ihn an. "Wir haben morgen Schule Tyler. Musst du nicht noch irgendwelche Hausaufgaben erledigen?" frage ich ihn und er lacht. "Alles klar, du willst deine Ruhe haben." sagt er grinsend und verlässt mein Zimmer.
Müde lasse ich mich auf mein Sofa fallen und das mit lindgrünem Stoff überzogenem Polster sinkt unter mir ein. Seufzend lehne ich mich zurück und meine Rückenschmerzen melden sich wieder. Diese kack Schmerzmittel halten nur sechs Stunden.
Ächzend laufe ich in mein Badezimmer und schlucke zwei weitere Schmerztabletten. Ich hab zwar mal gelesen das, wenn man zu viele von diesen Dingern nimmt, man Kreislaufprobleme kriegt und ohnmächtig werden kann. Aber das ist mir ziemlich egal. Manchmal sind meine Schmerzen einfach zu hoch. Das heute ist nur eine Kleinigkeit.
Müde lasse ich mich in mein Bett fallen. Dienstag. Wochentage sind für mich viel besser als das Wochenende. Am Wochenende bin ich nicht in der Schule, was heißt, dass ich zuhause bin.
Jake geht Freitags und Samstags viel häufiger trinken als während der Woche. Doch ich hoffe, dass er es während dieser drei Monate nicht riskieren wird, dass Tyler mitbekommt wie er mich schlägt oder.. schlimmeres.
Ich verdränge diese negativen Gedanken. Das ergibt doch alles keinen Sinn. Dieses Leben.
Ob ich depressiv bin? Meiner Meinung nach nein. Aber vermutlich würde jede Psychologin und jeder Therapeut mir etwas anderes sagen.
Eine Melodie von einem Lied aus den 80ern summend fahre ich mit den Fingern über die Buchrücken in meinem Regal. Als ich mein Exemplar von "Der große Gatsby" erfasse ziehe ich es mit einem Lächeln heraus. Das habe ich lange nicht mehr gelesen.
Meine Teetasse und mein Buch in der Hand setze ich mich auf mein Fensterbrett um mich ein wenig zu entspannen.
6 Kapitel später lege ich mich in mein Bett um in einen tiefen Traumlosen Schaf zu fallen.
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Leave me alone
Teen FictionDie nach außen perfekt wirkende Samantha Jones versucht krampfhaft ihr größtes Geheimnis zu bewahren. Ihr Leben ist ein Albtraum. Erst starb ihr Vater und ihre Mutter heiratete neu. Drei Jahre später starb ihre Mutter an einem Autounfall. Ihr Stief...