Tylers Sicht:
Grinsend laufe ich Sam hinter her. Sie schiebt den Einkaufswagen mit rasselnden Rollen über den glatten Boden und läuft zielstrebig durch den Supermarkt.
Ich versuche mir die ganze Zeit zu denken, was sie einkauft. Sam hat eine sehr sportliche Figur, deshalb ging ich irgendwie immer davon aus, dass sie sich sehr gesund ernährt.
Doch sie überrascht mich. Sie packt ungesundes Müsli, Milch, Milchshakes, Dosenessen und ein wenig Obst in ihren Wagen. So etwas wie Dosenfutter in größeren Mengen. Doch sie kauft alles sehr sparsam ein.
Als würde sie mit einem Budget einkaufen. Dabei hat ihr Stiefvater einen riesen Haufen Geld. Etwas nachdenklich gehe ich ihr weiter hinter her und steche mit meinen Fingern in die Nudelpackungen an denen ich vorbei laufe.
Sie packt gleich fünf Packungen Spaghetti ein und schiebt ihren Einkaufswagen weiter. "Tyler?" eine hohe Stimme die ich sofort erkenne unterbricht mein Nudelgepickse. "Jane?" überrascht drehe ich mich um und sehe meine Freundin vor mir stehen.
"Hey Babe, was machst du denn hier?" fragt sie und als sie auf mich zu kommt schwingen ihre blonden geglätteten Haare hin und her. Sie nimmt mein Gesicht in ihre Hände und küsst mich kurz. Als ihr Gesicht so nah an meinem ist kann ich die Schichten ihres Make ups wie immer gut erkennen.
Ich mag es nicht, wenn sie sich so viel schminkt. Auch wenn ich zugeben muss, dass sie ungeschminkt keine Augenbrauen hat und keine Wimpern. Dann sehen ihre Augen furchtbar klein aus.
"Das gleiche könnte ich dich fragen Jane." sage ich und sie lächelt verschmitzt. "Ich bin mit meiner Mutter zum einkaufen hier. Aber was hast du in einem Supermarkt zu suchen?" verwundert legt sie den Kopf schief. In diesem Moment schaut sie an mir vorbei und ihr Blick ändert sich schlagartig.
Denn sie hatte Sam entdeckt, die unschuldig und ahnungslos am Regal mit den Fertigsoßen stand und mit den Fingern um die Packungen kreiste. Dabei biss sie sich nachdenklich auf die Unterlippe, was super süß und super heiß aussah.
"Was zum Teufel? Bist du mit IHR hier?!" Jane sieht mich fassungslos an. "Ehm. Ja." antworte ich ihr und Janes braune Augen entflammen sich. Mittlerweile ist auch Sam auf Jane aufmerksam geworden und blickt uns überrascht an. "Hi." sagt sie und Jane neben mir schnauft entrüstet.
"Warum bist du mit Samantha Jones einkaufen? Du begleitest mich nie in den Supermarkt!" aufgebracht fuchtelt sie mir mit dem Finger vorm Gesicht rum. Sam kommt, natürlich mit Wagen, zu uns rüber gelaufen und sieht mich fragend an. "Was ist denn los?" fragt sie verwirrt.
"Was los ist? Was los ist!!" Jane starrt Sam wütend an. "Du bist gerade mit MEINEM Freund einkaufen!" Sam zieht belustigt eine Augenbraue in die Höhe und setzt ihr sarkastisch angehauchtes schiefes Grinsen auf. "Ist ja nicht so als würden wir hier vögeln. Wir kaufen Lebensmittel." Demonstrierend deutet sie mit einem Finger auf den Inhalt ihres Einkaufswagens.
Jane sieht einmal herunter und rümpft die Nase. "So etwas isst du? Ekelhaft." schnell fasst sie sich wieder und sieht mich wütend an. "Die eigentliche Frage ist doch WARUM seid ihr zusammen einkaufen!" zischt sie und mir fällt ein, dass ich ihr gar nicht erzählt habe wo ich mein Praktikum mache.
"Ich mache mein Praktikum doch bei ihrem Stiefvater Jane." Ihre Augenbrauen zucken. "Und das heißt gleich, dass... warte. Du wohnst doch da wo du dein Praktikum machst?! Na ganz wunderbar. Ihr wohnt zusammen!!!" aufgebracht wirft sie die Arme in die Luft.
"Und schlaft ihr auch zusammen in einem Bett oder vögelt auf dem Küchentisch?!" Ich höre Sam lachen. "WAS ist daran so lustig Jones?!" zischt Jane und spricht Sams Nachnamen aus als wäre es ein Schimpfwort.
"Was so lustig ist? Dein Verhalten. Wir wohnen gerade zusammen, ja. Aber wir haben keinerlei Interesse aneinander. Wir sind sozusagen Freunde. Und würde es dich nur einen Hauch kümmern wie es deinem Freund gerade geht oder in der Schule nicht nur auf dein Handy starren oder deinen Lippenstift nachziehen, wäre dir das aufgefallen. Wir fahren zusammen zur Schule. Wir gehen gemeinsam ins Gebäude. Wir fahren zusammen zurück. Klickt es in deinem Hirn?" ich muss mir ein Grinsen verkneifen.
Aber irgendwie trifft es mich. Sam hat recht. Jane hat mich die letzte Woche nicht gefragt wie es mir geht. Das macht sie generell nie. Sie hat nicht wie sie es sonst so oft macht morgens auf dem Parkplatz auf mich gewartet und ist nach der Schule mit bis zu meinem Auto gegangen. Das macht sie schon seit einem Monat nicht mehr.
"Jane, was ist in letzter Zeit mit dir los? Du bist so distanziert?" frage ich sie und schaue ihr aufrichtig in die Augen? Verständnislos schaut sie mich an. "Bitte?! Du fragst was mit MIR ist?" "Ja." sage ich und sie schnaubt.
"Du schläfst mit ner anderen und wohnst bei ihr, was soll mit mir los sein!" keift sie. "Wir schlafen nicht miteinander." sagt Sam sachlich auf ihre kalte Art.
"Ach sicher? Denn das was man am Rand deines Pullis sieht spricht dagegen!" donnert Jane zu Sam, welche sich sofort mit geweiteten Augen den Rollkragen höher sieht. Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. "Was meinst du damit?" frage ich Jane. "Die Knutschflecken an ihrem Hals du Idiot! Verarsch mich doch nicht ich bin nicht dumm!" Jane schreit mittlerweile fast durch den ganzen Supermarkt.
Ich bete, dass ihre Mutter jetzt nicht auftaucht. Sie ist sehr spießig und prüde. "Selbst wenn sie welche hat, sie sind nicht von mir! Ich schätze von ihrem Freund Dylan." sage ich und Sam entfährt ein "Was?!" ich sehe zu ihr. "Du schläfst doch mit ihm. Oder nicht." sie sieht mich verwirrt an. "Nein. Was hat dich denn darauf gebracht?" fragt sie. "Das Telefonat." antworte ich knapp. "Oh. Das hast du missverstanden." ich sehe sie entschuldigend an. "Sorry, ich-" "Kein Ding." sagt sie und zuckt mit den Schultern.
"Hallooo!" zickt Jane von der Seite. "Ihr vögelt also doch! Wie schön! Denn weißt du was Tyler?" ich sehe wie ihre Mutter stumm um die Ecke kommt. "Ich ficke Dan!" spuckt sie aus. "Seit über einem Monat! Und weißt du was? Es ist unglaublich! Viel besser als du!" schreit sie.
"Janet Elizabeth Dunvall!!" das Geschrei ihrer Mutter lässt mein Trommelfell platzen. Erschrocken fährt Jane zu ihrer Mutter herum und ihre Hände zittern. "Mum, dass meinte ich doch nur-" " Ich weiß wie du es meintest!" sie packt Jane am Arm und zerrt sie mit. Jane dreht sich noch einmal mit wehleidigen Augen zu mir um. "Es ist aus Jane." sage ich noch und schnappe mir Sam und den Wagen um zur Kasse zu gehen.
"Hast du alles?" frage ich sie und Sam nickt. "Gut, dann gehen wir mal bezahlen." sage ich und wir gehen zur Kasse. Bevor Sam ihren Geldbeutel aus der Tasche holen kann halte ich meine Karte unter den Scanner. "Tyler was zum?!" erschrocken steht Sam vor mir und ich nehme ihr die Einkaufstasche ab. "Dafür, dass du eben diese Situation ertragen musstest." sage ich, doch ich hätte es auch ohne den überdramatischen Auftritt von Jane bezahlt.
Ich habe gemerkt, dass Sam mit einem Budget einkauft. Und ich will ihr helfen. Was auch immer mit ihr los ist.
"Woher kommen denn die blauen Flecken an deinem Hals, wenn nicht von Dylan?" frage sie und sie zuckt zusammen. "V-Vom Kickboxtraining. War eine andere Art da ist mehr erlaubt." erklärt sie.
"Knutschflecken verpassen?" frage ich sie belustigt und stelle die Tasche in den Kofferraum. Sie sieht mich ironisch genervt an und steigt ins Auto. "Nein. Der Würgegriff." stellt sie klar und meine Haltung verkrampf sich. "Was?" sie klappt den Kragen runter und blau lila gefärbte Male kommen zum Vorschein. Die Form ähnelt Fingern.
"Hast du gegen eine Frau oder einen Mann gekämpft?" frage ich besorgt und sie schaut zu mir. "Einen Mann. Ungefähr..18." sie lügt. Das sieht durchaus heftiger aus. "Eine schwerere Disziplin wo es keine Geschlechtertrennung gibt. Es wird bis zur Bewusstlosigkeit gekämpft. Wie man unschwer erkennen kann habe ich verloren." erklärt sie etwas geknickt und startet den Motor.
"Aha.." murmle ich und starre auf die Straße. Da ist doch irgendwas faul.
DU LIEST GERADE
Leave me alone
Teen FictionDie nach außen perfekt wirkende Samantha Jones versucht krampfhaft ihr größtes Geheimnis zu bewahren. Ihr Leben ist ein Albtraum. Erst starb ihr Vater und ihre Mutter heiratete neu. Drei Jahre später starb ihre Mutter an einem Autounfall. Ihr Stief...