"Und hier abbiegen." "Wo." "Da." "Tyler, welche Richtung!"
"Ah. Links." grinsend sieht er mich an. "Du bist nicht der hellste oder." gebe ich zurück und er zieht eine beleidigte Miene, die sich aber sofort wieder durch ein Lächeln aufhellt. "Das wird wohl der Grund sein, warum ich dich früher nie mochte. Du warst einfach zu schlau." Schulter zuckend wendet er sich nach vorn. Ich werfe ihm kurz einen Seitenblick zu und konzentriere ich wieder auf das Fahren. Ich wusste ja das er mich nicht mochte, früher jedenfalls, hoffentlich. Aber das auszusprechen ist schon seltsam. "Also wo gehts hin?" frage ich zum wiederholtem Male. "Sag ich nicht." gluckste er. Frustriert aufstöhnend drücke ich aufs Gas und sehe amüsiert Tylers Hand zum Gurt schnellen. "Sam! Nicht witzig." Doch ich lache nur und verfolge weiter seine Anweisungen beim Fahren, bis wir vor einem großen alten Gebäude stehen bleiben. Die Straße ist leer und ungemütlich ruhig. "Wo sind wir hier?" frage ich nach, da sich ein kalter Schauer über meinen Rücken erstreckt.
"Das wirst du schon gleich sehen Sam. Du bist echt ungeduldig." lachte er. Seine gute Stimmung nach, will er mich hoffentlich nicht hier umbringen, denke ich mir und laufe ihm hinterher. Er stößt die schwere hölzerne Doppeltür auf. "Geheimtipp von meiner Mutter." sagt er leise mit einem Augenzwinkern. Wir stehen in einem spärlich beleuchteten Raum mit einem großen Tresen in der Mitte. Schwere dunkelgrüne Vorhänge bedecken die länglichen Fenster hinter mir, der Boden ist aus dunklem Holz und knatscht ganz leicht an vereinzelnden Stellen. Eine große, zierliche Frau kommt aus einem Nebenraum, der nicht von einer Tür sondern mit einem weiteren dunkelgrünen Vorhang von diesem getrennt ist und setzt sich hinter den Tresen bevor sie zu uns aufblickt.
Ihr blondes Haar ist zu einem mehr oder weniger festen Knoten zusammengebunden, ihre weiße Bluse hat ein paar Knicke, aber ansonsten ist sie makellos und ihre schwarze Hose passt perfekt zu den schwarzen Lederschuhen. "Herzlich Willkommen, haben sie eine Mitgliedskarte?" fragt die Frau direkt und blickt uns aufmerksam, mit dunklen Augen an. Erst jetzt viel mir auf, wie ihre Haut im schummrigen Licht aussah wie Porzellan. "Oh. Ehm ja." Tyler zog eine dunkelgrüne Karte mit weißen Jugendstil ähnlichen Verzierungen aus seiner Hosentasche und legt sie auf den Tresen.
Die perfekt erscheinende Frau zieht sie mit schlanken Fingern zu sich heran, betrachtet sie für einen kurzen Moment und schiebt sie wieder zurück. "Der Einlass sei ihnen gewährt." sagt sie mit ruhiger Stimme und richtet ihren Blick auf ihren Bildschirm. Verdattert bleibe ich stehen, als nichts weiter passiert doch Tyler ist schon zum anderen Ende des Raumes zu einer weiteren großen Flügeltür gegangen. "Kommst du?" fragt er mich dann und reißt mich aus der Verwirrung. "Klar." Schnell tapse ich ihm hinterher, bedacht auf diesem Boden keinen Lärm zu machen.
Die drückende Stille im Raum zuvor fällt augenblicklich von mir ab, als ich in den Raum schreite in den Tyler mich führt. Der Raum ist riesig, große Bogenfenster erhellen von oben den Saal, welcher über und über von Bücherregal Reihen durchzogen ist. Eine Treppe zu meiner linken führte wohl zu der oberen Etage die man durch die Geländer rund um den Raum herum erkennen konnte.
Ich sage nichts. Starre nur auf diesen beeindruckenden Raum. "Die größte Bibliothek der Stadt. Nur für Privatnutzer." erklärtemir Tyler leise. Doch ich bekomme kein Wort heraus. "Wow." hauche ich nur kurz und trete ein paar Schritte vorwärts.
"Falls du mich suchts, ich muss dahinten was für meine Mutter holen. Guck dir alles an." er grinst und verschwindet zu meiner rechten hinter einem weiteren Vorhang. Das lasse ich ich mir nicht zweimal sagen und sofort tauche ich in das Meer aus Regalen rein. Mit meinen Fingerspitzen fahre ich über die zahllosen Buchrücken. Die Regale neigen sich zu mir, wollen mir zeigen was für Geschichten sie für mich bereithalten. Pures Glück tanzt in meinem Brustkorb und lächelnd schreite ich durch die Reihen. Es riecht nach Leder, Leim und altem Papier. Ein Raum voller gebündeltem Wissen.
Ich sitze bestimmt zwei Stunden auf einem alten dunkelgrünen Sofa in einer Ecke und lese ein Buch über Sagen und Geschichten die ich zuvor nie gehört habe. "Da bist du. Und gefällt es dir hier?" Tyler kommt um die Ecke. "Ich liebe es." glücklich lächle ich ihn an. "Du kannst dir gerne jederzeit die Mitgliedskarte ausleihen. Ich hab die nur, wenn meine Mutter etwas braucht und keine Zeit hat es zu holen." bietet er mir an. "Im Ernst?" strahlend springe ich auf. "Klar doch." grinsend nimmt er mich bei der Hand und führt mich aus dem Gewirr der Regale wieder zum Eingang.
"Aber jetzt müssen wir erstmal gehen. Ich habe Hunger." sagt er bestimmt und zieht mich aus der Tür. "Auf Wiedersehen." höre ich die perfekte Frau noch sagen, ich erwidere es, dann stehe ich wieder draußen auf dem Asphalt. "Wo essen wir was?" fragt Tyler mich begierig, als er ins Auto steigt. "Tonys? ich kriege Mitarbeiterrabatt." schlage ich vor. "So soll es sein."
Einen Burger mit Pommes und Cola später sitze ich voll gefressen Tyler gegenüber und lache über die dümmsten Witze die ich je gehört habe. Es war ein wunderschöner Tag gewesen.
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Leave me alone
Teen FictionDie nach außen perfekt wirkende Samantha Jones versucht krampfhaft ihr größtes Geheimnis zu bewahren. Ihr Leben ist ein Albtraum. Erst starb ihr Vater und ihre Mutter heiratete neu. Drei Jahre später starb ihre Mutter an einem Autounfall. Ihr Stief...