Kapitel 6.

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"Ach komm schon Miriam! Sag es uns doch einfach!" Bettelte Anna sie an. Doch Miriam sah sie nur entschuldigend an. "Wenn sie nicht will, dann will sie nicht, Anna. Und wir können sie auch nicht dazu zwingen." Meinte ich. "Nein. Schon gut. Ich sehe ja, dass ihr es alle wissen wollt." Miriam sah zu Boden, danach zu Anna, den anderen und mir. "Das musst du nicht." "Doch! Ich will es so." Miriam war kurz still. Sie schien nach den passenden Worten zu suchen. "Tom und ich waren seit ungefähr drei Monaten zusammen. Wir haben uns geliebt und ich liebe ihn noch immer. Aber wir wollten noch niemandem von uns erzählen, weil wir Angst vor dem hatten, was die anderen dazu gesagt hätten. Wir wollten für immer zusammen bleiben. Bis zu diesem Test. Als er sich entschieden hatte zu gehen kam er zu mir und bat mich ihn zu töten. Aber ich wollte das nicht. Ich wollte ihn nicht verlieren. Doch er sagte, wenn ich ihn wirklich lieben würde, würde ich seinen letzten Wunsch erfüllen. Also hab ich es schließlich doch noch getan. Aber mit dem Versprechen zu ihm zurück zu kommen. Und das sollte ich wohl jetzt auch einlösen." Für einen kurzen Moment war Stille. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste nur, was Miriam vor hatte. "Ich werde nicht zulassen, dass du hier bleibst!" Jammerte ich. "Aber es ist meine Entscheidung und ich werde fast wahnsinnig hier. Und außerdem will ich Tom wiedersehen." Ich sah sie nur traurig an und nickte stumm. Den anderen machte es anscheinend nichts aus, dass Miriam nun hier bleiben würde.

Die nächste Tür ging mit dem üblichen Zischen auf. Wir umarmten Miriam ein letztes Mal und wünschten ihr viel Glück. Doch bevor ich durch die Tür ging, sah ich nochmal zurück zu ihr und sah eine Träne ihre Wange hinunter laufen. Ich versuchte ihr aufmunternd zu zu lächeln, doch ich versagte kläglich. Schließlich trat ich durch die Tür in den neuen Raum. Er war hell beleuchtet, zumindest mehr als im letzten, und er war groß. An den Wänden waren überall getrocknete Blutspuren, genauso, wie auf dem Boden. Doch das "interessanteste" war der große Fernsehen an der Wand.

Er begann zu flimmern, als wir uns um ihn versammelten und gebannt zu ihm hoch sahen. Doch dann wurde er schwarz. Aber es war nicht das Schwarz, was erschien, wenn ein Fernseher aus war, sondern eher so, als würde etwas die Kamera verdecken oder als wäre es einfach nur dunkel.

Plötzlich wurde es hell und wir konnten in unseren alten, nun erhellten Raum sehen, in dem Miriam auf dem Boden hockte und sich, geblendet vom Licht, umsah. Der Raum bestand einfach nur aus Beton. Mehr nicht.

Als Miriam sich an das Licht gewöhnt hatte stand sie auf.

Miriams Sicht:

Das plötzliche Licht war hell und blendete mich. Schützend hielt ich mir eine Hand vor die Augen. Nach ein paar Minuten hatten sich meine Augen an das Licht gewöhnt. Jetzt konnte ich den Raum gut erkennen. Alles war einfach nur aus Beton.

Ein leises Knacken ließ mich zusammenzucken. Ich sah in die Richtung, aus der das Geräusch kam und entdeckte ein kleines Fach im Boden, was sich soeben geöffnet hatte. Vorsichtig schlich ich darauf zu und sah hinein. Es befanden sich dort drei Gläser, mit verschiedenen Farben, die ich nacheinander heraus holte und neben mich stellte. Unter den Gläsern war ein kleiner Zettel versteckt den ich herausholte und  laut las, auch, wenn ich nicht genau wusste warum.

"Aufgabe 4.*:

Du hast drei verschiedene Gläser, mit verschiedenen Flüssigkeiten vor dir. Sie haben alle verschiedene Auswirkungen auf dich. Eines von ihnen wird dich töten, ein anderes  wird dich grässlichen Qualen aussetzen und eines ist nur gefärbtes Wasser, das dir nichts anhaben wird.
Suche dir eines von den Gläsern heraus und trinke es aus."

Ich legte den Zettel beiseite und sah hinunter zu den drei Gläsern. Eines würde mich töten, das andere quälen und eines würde mir nichts tun. Aber welches war welches. Nacheinander hob ich sie hoch und sah sie mir genau an. Im ersten war eine klare, lila Flüssigkeit, im zweiten Glas war eine trübe, blaue Flüssigkeit und im dritten war eine tief schwarze Flüssigkeit. Alle waren komplett Geruchslos.

Ich gruselte mich vor jedem einzelnen Glas, aber ich musste eines auswählen. Ich überlegte, welches ich trinken sollte. Bei Blau musste ich immer an klares, kühles Wasser oder den Himmel denken, bei Lila immer an Weintrauben und bei Schwarz immer an die Dunkelheit, den Tod und an Schatten. Mein Gehirn sagte mir daher, ich solle die blaue Flüssigkeit trinken. Aber was, wenn sie einfach alles umgedreht hätten, sodass Blau mir den Tod bringen würde, Schwarz nur Wasser und Lila die Qualen (was ich sowieso dachte) wären? Aber es könnten auch irgendwelche Farben zu irgendwelchen Auswirkungen gemischt worden sein.

Ich war einfach nur Ratlos. Was sollte ich nur nehmen? Ich wünschte wirklich die anderen wären hier und könnten mir helfen, aber das waren sie nicht.

Ich schloss die Augen, verdrehte die Gläser vorsichtig, sodass ich nicht mehr wusste, wo welches Glas stand und griff nach einem von ihnen. Als ich die Augen öffnete, hatte ich das Glas mit der schwarzen Flüssigkeit in der Hand.

Ich schluckte schwer, als ich das Glas zitternd abhob, es an meine Lippen setzte und es mit großen Schlücken austrank.

Test 11Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt