23. Türchen

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Ich blicke auf mein Handy. Ich seufze und wende mich wieder meinen Unterlagen zu. Es ist manchmal einfach nur nervig in der Öffentlichkeit zu stehen. Ich will mich ab und an einfach in mein Bett verkriechen und nichts tun. Stattdessen sitze ich schon wieder im Tonstudio und schreibe am nächsten Song.

Er ist über ihn. Alle Songs sind über ihn. Seit fast zwei Jahren schon. Ich bekomme ihn nicht mehr aus meinem Kopf. Harry. Unglaublich gut aussehend, bei allen beliebt, freundlich, offen, humorvoll. Und, ach ja, er ist der Prinz von England. Nicht, dass es schon schwierig genug dadurch ist, dass Ich ständig auf Tour bin und mein Management mir im Nacken hängt, dass ich nicht in der Öffentlichkeit mit einem Mann zusammen sein solle; Harry hat jede Menge zu tun, denn nach seinem Vater wird er der neue König von England.

Wir haben uns seit fast drei Monaten nicht mehr gesehen. Ich vermisse Harry so schrecklich. Er ist auf Tour durch Europa. Besucht andere Adelige und Staatschefs. Aber Harry wäre nicht Harry, wenn er sich nicht die Länder anschauen würde, anstatt nur in den Parlamenten zu sitzen und mit irgendwelchen wichtigen Politikern zu sprechen. Er geht in heimische Restaurants, besucht Schulen und soziale Einrichtungen, Krankenhäuser, Sportvereine und ab und an auch mal eine Kneipe.

Er schickt mir nicht immer Bilder. Ich verfolge es ja sowieso im Fernsehen mit. Ab und an kommen Fotos den Prinzen bei mir an, aber leider hat er selten Zeit, selber Bilder zu schießen. Es ist sein geheimes Hobby; das Fotografieren. Aber natürlich darf er das nicht. Angeblich lenkt es ihn von seinen Pflichten ab. Völliger Bullshit. Ich sehe auf das Blatt. Ich schüttle unzufrieden den Kopf, zerknülle es und werfe es in den Müll. Das wird nie was werden. Nicht so.

Ich denke wie immer an Harry. Ich habe ihn kennengelernt, als ich bei einem Benefizkonzert gesungen habe. Er war auch da. In dem großen Backstagebereich bin ich nach dem Konzert dann volle Kanne gegen ihn gerannt. Ich bin hingefallen. Aber da dass noch nicht genug Blamage war, habe ich reflexartig nach ihm gegriffen und er hat ebenfalls den Boden geknutscht. Natürlich waren seine Bodyguards direkt an seiner Seite. Meine übrigens auch, aber auch sie dürfen den Prinzen nicht berühren.

Oh scheiße! Es tut mir leid!" sage ich mit großen Augen und klopfe mir die Hose sauber. Dann sehe ich zu ihm. Meine Augen werden groß und ich weiß einen Augenblick nicht, wie ich reagieren soll. Er zieht sein Hemd gerade. „Nicht schlimm. Kann doch mal passieren." erwidert er nur lächelnd. „Tut mir leid.. Eure Hoheit." sage ich unsicher und überfordert. „Bitte nenn mich einfach Harry, ja?" Ich nicke perplex. „Okay, klar.. Harry."

Ich habe ihn gefragt, übermütig, wie ich war, ob er mit mir zur Bar geht und einen Drink als Entschuldigung annimmt. Niemals hätte ich gedacht, dass er zustimmt.

Du bist doch Louis Tomlinson, oder? Der Sänger von gerade?" Ich nicke und trinke einen Schluck. „Ihr...du kennst mich?" frage ich ihn überrascht und korrigiere mich schnell. Er sieht nun mich erstaunt an. „Natürlich tue ich das! Wie könnte ich nicht. Du bist doch Englands bester Sänger." Ich verschlucke mich an meinem Getränk. Harry klopft mir auf den Rücken und lässt seine Hand anschließend dort Weilen. Ein unglaublich starkes Kribbeln macht sich von dort aus breit.

Und dann hatten wir Sex. Es ist irgendwie surreal, aber ich habe den Prinzen von England abgeschleppt. Oder er mich? Jedenfalls sind wir bei mir gelandet, haben den Kontakt, nach dieser wirklich berauschenden Nacht, nicht abgebrochen und sind seitdem ein paar. Das ist knappe drei Jahre her. Und genauso lange dürfen wir uns nicht mehr sehen. Es gab damals Gerüchte, dass ich mit dem Prinzen von England gesehen worden bin, aber das hat sich auch wieder gelegt, als es keine Äußerung oder sonstige neue Ereignisse dazu gab.

Und seitdem hat er mein Herz in Besitz genommen. Ich sehe ihn erst in zwei Wochen wieder. Ich könnte kotzen. Erst war ich auf Tour, dann musste er weg. Ich habe heute Abend einen Auftritt bei James Corden, der für ein England-Special hier in London eine Woche seine Show dreht. Natürlich habe ich nicht nein gesagt. James und ich verstehen und wirklich gut und Harry ist gerade irgendwo in Schweden.

Dann denke ich daran, wie ich Harrys Eltern kennengelernt habe. Sie wissen bis heute nicht, dass Harry und ich mehr als Freunde sind. Ich war so überfordert. Harry hat mich eingeladen, mit ihnen zu Abend zu essen. Und er hat es mir erst gesagt, als ich sowieso schon im Palast war. Vorher bin ich ihnen nie begegnet. Das engste Personal und die Security sind eingeweiht. Sie wissen, dass es nicht öffentlich werden darf.

Komm mit." sagt Harry und nimmt meine Hand. „Wir gehen essen." legt er fest. Ich grhe davon aus, dass er wieder einmal ein Restaurant gemietet hat. Es wäre nicht das erste Mal. Aber ich habe auch schon einmal ein Eisstadion gemietet, weil wir ansonsten niemals zusammen hätten Schlittschuh laufen können. Etwas später finde ich mich dann aber in ein großen Saal wieder. In der Mitte steht eine lange Tafel. Meine Augen werden groß, als ich sehe, dass das Königspaar und Gemma daran sitzen und für noch zwei Personen gedeckt ist. Gemma lächelt mit kurz zu. Wir haben uns schon kennengelernt und angefreundet. Ich sehe überfordert zu Harry. Am liebsten würde ich gerade seine Hand nehmen, aber ich weiß, dass er sich noch nicht geoutet hat.

Am Anfang wusste ich ganz und gar nicht, wie ich mich verhalten soll, aber nach einiger Zeit war das Eis gebrochen und ich wurde lockerer. Ich duze mittlerweile beide und spreche sie mit ihrem Vornamen an. Als sie mir das nach einem Jahr angeboten haben, war ich erst unsicher, es wirklich zu tun. Inzwischen habe ich aber Verstanden, dass sie Privat einfach Harrys Eltern sind und von mir auch so behandelt werden möchten.

Ich vermisse Harry. Ich habe ihn seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr richtig gesehen. Dazwischen waren immer einige hundert Kilometer und zwei Bildschirme.
Ich will ihn endlich wieder küssen. Ich will ihn endlich wieder berühren, seine Nähe spüren. Ich will mit ihm kuscheln, mich mehr als zehn Minuten mit ihm unterhalten, ich will sein Lachen hören und ich will ihm durch die Locken streichen. Ich will dass wir zusammen kochen, wobei er das Essen macht und ich die Küche fast abfackle. Ich möchte einschlafen und ihn in meinen Armen wissen. Ich möchte aufwachen und ihn anstatt eine kalte, leere Betthälfte neben mir spüren.

Ich will mit ihm die ganzen ganz normalen Pärchensachen machen! Wie jedes blöde Highschoolpaar! Aber nein, stattdessen kommt mein Manager rein und fragt mich, ob ich für heute Abend fertig bin.

Ich nicke nur und stehe seufzend auf. Ich werde zum Studio gefahren und Backstage von James begrüßt. „Louis! Schön, dass du hier bist." sagt er. Ich lächle und nicke. „Immer gerne. Das weißt du doch." Erst kommt der Auftritt. Dann das interview. Ich setze mich auf das Sofa und James sich hinter seinen Schreibtisch. „Also Louis..." fängt er an. „Wann kommt das Album?" will er direkt am Anfang wissen. Ich zucke mit den Schultern. „Mal schauen, denke ich." James mustert mich skeptisch und ich lache nur. „Es dauert noch ein wenig, aber nicht mehr all zu lange." füge ich hinzu. Er fragt mich einige Sachen. Wir unterhalten und über meine Tour, die neuen Songs und dann ist es einen Moment still.

„Louis... da gibt es noch eine Kleinigkeit." meint er etwas ernster. „Es gibt einige Hinweise, dass du vergeben bist." sagt er und augenblicklich schlägt mein Herz ein wenig schneller. Das ist aber mehr Harry geschuldet, an den ich sofort denken muss, als an Aufregung, die bei der Frage aufkommen könnte. Nein, ich bin es gewöhnt und deswegen hält die sich eigentlich in Grenzen. Bis jetzt jedenfalls.

„An einen Mann." fügt er hinzu.

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