11. Türchen

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„Fuck!" höre ich Louis laut fluchen. Ich schlage die Bettdecke zur Seite und seufze. Ich bin unfassbar müde. Louis und ich waren gestern Abend auf einer Studentenparty und wir sind doch länger geblieben, als ich ursprünglich Gedacht hatte.

Komm schon, Tommo!" fordert einer seiner Freunde ihn auf. Louis greift nach der Flasche und trinkt den Inhalt auf Ex. Was auch immer es war, es muss eine Menge Alkohol enthalten haben. Louis stellt die Flasche laut zurück auf den Tisch und die anderen jubeln. Ich verdrehe die Augen und trinke einen Schluck von meinem Bier. Ich sitze auf dem Sofa und beobachte das Szenario, dass sich mir bietet. Louis hatte mir versprochen, sich dieses Mal zurückzuhalten. Wie immer, war dieses Versprechen nach den ersten paar Shots hinfällig. Seitdem beobachte ich, wie er immer mehr trinkt. Er kommt zu mir getorkelt. „Harry Baby!" brabbelt er und lässt sich auf meinen Schoß fallen. Er drückt seine Lippen auf meine. Ich schiebe ihn leicht von mir weg. „Du bist betrunken, Louis." - „Mir egal." mault er und will mich erneut küssen. Ich drücke ihm stattdessen nur einen Kuss auf die Stirn. Wir sind schon seit zwei Jahren zusammen, aber dennoch mag ich es nicht sonderlich, wenn er sich vollkommen abschießt.

Ich trinke auch mal was, so ist es nicht, aber ich kippe nie so viel, dass ich nicht mehr richtig laufen kann, wenn ich mich darauf konzentriere. Louis geht beleidigt zu seinen Freunden zurück. Ich verdrehe die Augen und trinke einen weiteren Schluck meines Bieres. Es geht noch Stunden so weiter. Schließlich muss Louis kotzen. Er kennt raus und hängt halb im Gebüsch, als ich bei ihm ankomme. Er mag es nicht und jedes mal verspricht er mir, dass er es nicht mehr so weit treiben wird. Und da stehen wir wieder. Ich halte ihn fest, da sein Gleichgewicht praktisch nicht mehr vorhanden ist. Ich habe Wasser mitgebracht und gebe es ihm. Den leeren Becher stellt er zur Seite auf einen Tisch.

Danke, Harry." murmelt er, wissend, dass er sein Versprechen gebrochen hat. Ich schüttle nur den Kopf. „Schon in Ordnung." Wir gehen wieder rein. Seine Freunde kommen auf ihn zu. „Ey Louis!" rufen sie ihn zu sich. „Eric hat was Neues gemixt, aber niemand traut sich." Ich sehe Louis bittend an. „Das ist bescheuert." - „Sei kein Schlappschwanz!" fordert Eric ihn auf und reicht ihm den Becher. Louis nimmt ihn an. „Dann trink ihn doch selber!" fahre ich dazwischen, aber ich werde ignoriert. „Komm schon, Tommo!" feuern sie ihn an. Louis sieht kurz zu mir. Ich möchte das nicht und das weiß er auch. Dennoch setzt er den Becher an seinen Lippen an und trinkt ihn komplett aus. Er verzieht das Gesicht. „Alter Eric! Was zur Hölle ist das?!" frage ich ihn. „Jägermeister, Fanta, Bier, Wodka und Maracuja." antwortet er lachend. Oh Gott, ist das widerlich!

Louis stellt den Becher weg. Eine viertel Stunde später gehen wir dann. Louis nörgelt rum, aber das ist mir egal. Wir verlassen das Gebäude und die kalte Nachtluft schlägt uns entgegen. Ich atme tief ein. Tut irgendwie gut. Louis steht wankend neben mir. Er dreht sich um, stützt sich an der Wand ab und entleert seinen Magen ein weiteres Mal. Kein wunder, bei dem, was er gerade getrunken hat.

Ich verdrehe nur die Augen. Wir brauchen bis zu unserer kleinen Wohnung fast eine dreiviertel Stunde. Normalerweise dauert es nur zehn Minuten, bis wir ankommen. Louis hievt sich die Treppen hoch und legt sich ins Bett. Ich lege mich neben ihn und er kuschelt sich an mich. „Alles dreht sich." murmelt er. „Wenn du wiedermal so viel trinkst." antworte ich nur genervt. „ Sorry.." nuschelt er unverständlich. Ich schüttle den Kopf. „Vergiss es, Louis. Es reicht mir langsam."

Harry..." er sieht mich traurig an. „Du hast Scheiße gebaut, sieh es ein." sage ich nur trocken. „So viel was das nicht.." lallt er und hickst danach. „Merkst du selber, oder?" antworte ich nur, als er ein paar mal blinzelt und sich anscheinend der Situation bewusst wird.

Dann schlafe ich ein. Ich habe keine Lust, mich mit einem wieder mal betrunkenen Louis auseinandersetzen zu müssen.

Ich stehe auf und gehe in Richtung Küche. Die Tür ist zu. Verwundert klopfe ich an. „Louis?" - „Scheiße." flucht er nur leise und kurz darauf kommt er zu mir heraus, schließt die Tür aber so schnell, wie möglich wieder.

„Was tust du da drin?" frage ich ihn verwundert. Seine Haare stehen ihm vom Kopf ab und er sieht kurz zur Seite. „Wieso bist du schon wach?" - „Ich habe dich fluchen hören." antworte ich nur. „Verdammt." murmelt er nur und ich schmunzle ein wenig. Er sieht mich nervös ein. „Harry... das mit gestern Abend tut mir leid. Das war dumm und bescheuert und ich liebe dich. Und ich weiß, dass ich es dir versprochen habe. Bitte verzeih mir. Ich mach das nicht mehr." redet er drauf los. „Und danke, dass du mich trotzdem wieder hergebracht hast. Ich liebe dich, weiß du? Du bist einfach unglaublich toll und charmant und liebevoll und witzig und süß." brabbelt er ohne Punkt und Komma weiter. „Und du bist das beste, was mir passieren konnte." fährt er fort. „Louis?" frage ich verwundert." Alles gut." - „Ja, alles gut und ich bin gleich bei dir, mein Schatz und ich liebe dich so sehr... aber bitte komm noch nicht rein." sagt er noch und verschwindet wieder in der Küche.

Ich bin etwas perplex, als er mir die Tür vor der Nase zugemacht hat. Dann schüttle ich den Kopf und betrete die Küche. Sofort muss ich husten und eile zum Fenster um es aufzureißen. „Harry!" beschwert er sich. „Was bitte versuchst du hier?!" will ich wissen und stelle die Herdplatten runter und den Ofen aus. Ich öffne ihn und eine neue Rauchschwarte kommt mir entgegen, die ich mit einem Geschirrtuch in Richtung fester wedel. „Wieso zur Hölle fackelst du meine Küche ab?!" frage ich ihn aufgebracht. Jetzt weiß ich auch, weswegen er gerade so lieb zu mir war. Er hat mir Honig um den Mund geschmiert.

Louis steht unbeholfen in der Mitte und beobachtet das Schauspiel. „Du solltest nicht rein kommen." sagt er verärgert. Ich verdrehe die Augen. „Was machst du hier nur?" frage ich ihn und sehe mich um. Es ist Mehl auf dem Boden verstreut, schätzungsweise alle Küchengeräte liegen auf dem Tisch und der Arbeitsfläche verteilt und dann sehe ich auf meinem geliebten Kochbuch einen fetten Teigklecks.

„Ich wollte nur Pancakes machen. Und Kuchen für heute Mittag." rechtfertigt Louis sich. Ich sehe mich mit großen Augen um. „Wozu brauchst du dann bitte ein Tomatenmesser?" frage ich ihn und hebe es vom Boden auf. Er verdreht die Augen. Das Fett in der Pfanne brennt immer noch vor sich hin. Wie hat er das nur wieder hinbekommen. Zum Glück hängen aber über dem Herd keine Schränke. Er seufzt niedergeschlagen. Dann nimmt er ein Glas Wasser und kippt es auf den verbrannten Pancake in der Pfanne. „Stopp!" rufe ich sofort. Es ist zu spät und eine Stichflamme entsteht. Ich schubste Louis zur Seite, nehme mir Geschirrtücher und werfe sie über die Pfanne. Die Flamme erstickt zum Glück, aber die Pfanne ist jetzt dahin. Auf einem Teller an der Seite entdecke ich missglückte Versuche, der Pancakes. Sie sind alles andere als rund, manche sind halb roh und andere schon fast schwarz.

Ich seufze und stelle die Pfanne in die Spüle. „Das war brennendes Fett, Louis. Das löscht man niemals mit Wasser!" Er stöhnt genervt. „Woher soll ich so etwas denn wissen?" Ich schmunzle ein wenig. Der Rauch zieht ab und ich nehme mit Handschuhen den Kuchen aus dem Ofen, der aber auch aussieht, als wäre er nicht richtig zubereitet worden. Ich stelle ihn auf ein Holzbrettchen und sehe Louis an. Er sieht weg und hat die Arme vor der Brust verschränkt. Ich greife nach den Pancakes und nehme mir ein Stück, dass sogar ganz gut aussieht. Aber kaum habe ich es Mund, verziehe ich das Gesicht und spuke es in den Mülleimer.

Louis sieht mich enttäuscht an. „So schlecht sind die nicht." meint er trotzig. Ich gebe ihm ein Stück, er beißt hinein, spukt es dann aber sofort aus und sieht mich entschuldigend an. „Du hast Salz und Zucker verwechselt kann das sein?" - „Du beschriftest die Dosen ja auch nicht!" Ich schüttle lachend den Kopf. „Salz ist in der weißen, Zucker in der schwarzen Dose." erkläre ich ihm zum gefühlt hundertsten Mal. Louis verschränkt die Arme vor der Brust. „Ich habe es versucht!“ Ich seufze.

„Tut mir leid." sagt er kleinlaut. Ich schüttle den Kopf. „Danke Louis." sage ich ehrlich. Er geht sonst wirklich unfreiwillig in die Küche und dass er es versucht hat, zeigt mehr als deutlich, dass er die Entschuldigung wirklich so meint. Er nimmt mein Kochbuch und versucht es zu Retten, aber die Flüssigkeit ist schon durch die Seiten gezogen. Ich seufze, klappte es zu und schmeiße es schweren Herzens weg.

„Ich kauf dir ein Neues." verspricht er mir. Ich nicke nur und sehe mich dann um. Es ist sowieso schon unordentlich und alles durcheinander. „Komm, wir machen neue Pancakes." sage ich. Verwundert sieht er mich an. „Meinst du wir haben noch genug hier?" fragt er mich überrascht. Ich zucke mit den Schultern und schmunzle amüsiert. „Am Zucker sollte es nicht scheitern, oder?" Dann ziehe ich ihn zu mir und küsse ihn. „Ich liebe dich." sagt er leise. Und wie könnte ich anders, als zu erwidern und mir noch einen Kuss zu stehlen.

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