9|Die erste Wahl

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»Bitte was?«, fragte ich überrascht und bekam es nicht hin, meinen Unterkiefer wieder nach oben zu ziehen.

»Guck mich nicht so an. Es ist nicht, wie du denkst, okay? Ich hab mich nicht in dich verliebt und will jetzt was von dir oder so.«
Ich blieb stumm und wartete auf eine Erklärung, die auch nach einem Seufzen von Coda kam. Innerlich lachte ich, weil ich es lustig fand, was er gesagt hatte. Aber nach außen hin, zeigte ich keinerlei Reaktion.

»Es ist so-«, er lehnte sich vor, spreizte seine Beine und stützte seine Ellenbogen auf seine Knie, dann hob er langsam seinen Blick und schaute in meine Augen.

»Am 25. ist dieses Charity Event in New York. Und ich muss hin. Dummerweise hat mich mein Manager gezwungen, ein Date aufzutreiben. Und da kommst du ins Spiel.«
»Ich verstehe nicht ganz, wieso ich deine erste Wahl sein sollte?«, schniefte ich verwirrt.
»Du wärst auch nicht meine erste Wahl gewesen, aber meine Mates haben gemeint, dass ich dieses Jahr jemanden bringen muss, der den Weihnachtsspirit fühlt und nicht wie meine letzten Dates mein weniges Interesse an diesem Fest teilt. Sie wollen sehen, dass meine 'Freundin' sich für diese ganze Tam Tam einsetzt und alles. Und sie haben eine Wette am Laufen, ob ich jemanden finde, also bist du meine einzige Chance. Ich kenne nämlich absolut niemanden, der Weihnachten so liebt, wie du.«, stellte Coda klar und ich zog scharf meine Augenbrauen hoch, als ich realisierte, was genau er da von mir verlangte.

»Sozusagen, nutzt du mich aus, um eine Wette zu gewinnen? Und du erwartest, dass ich einspringe und dein Image irgendwie aufpoliere, indem ich bei diesem Charity Event zeige, wie sehr ich Weihnachten liebe?«, fragte ich und Coda riss seine Augen auf, als er bemerkte, dass ich ihn nicht durchschauen musste, weil er es so offen darlegte.
»Du lässt das echt gemein und scheiße klinge-«
»Ich bin volle Kanne dabei, mein Freund! Es wird ja sicher ein Buffet geben, oder nicht? Und wie könnte ich nein sagen, wenn es um Weihnachten geht? Ich meine, das ist die beste Jahreszeit aller Zeiten!«, rief ich aufgeregt und hüpfte von meinem Sessel, als würden sich meine Glieder nicht wie zehn Tonnen schwere Anhängsel anfühlen.

»Du machst es?«, hakte der Drummer perplex nach und ich zuckte nickend meine Schultern.
»Klar. Solange ich nicht die ganze Zeit neben dir rumrennen muss, passt das. Du würdest meinen Spaß gewaltig nach unten zieh-«, ich hielt inne und kniff meine Augen zusammen.

Mir kam eine Idee. Eine Idee, wie ich die Welt verbessern könnte, wie ich einen besseren Menschen aus dem scheinbar eiskalten Schlagzeuger machen konnte. Und Codas Blick zu folge, wusste er, dass mir etwas durch den Kopf ging, was ihm nicht gefallen würde.

»Ich berichtige mich. Ich werde es nur unter einer Bedingung tun.«, grinste ich und zog die Decke wie ein Cape um meinen leicht zitternden Körper. Coda stand steif auf und sah mich fragend an. Seine Zweifel waren ihm förmlich ins Gesicht geschrieben und ich musste ein Lachen verkneifen.

»Und die wäre?«
»Bevor ich dich begleite, musst du lernen, worum es an Weihnachten geht. Du musst sehen, was die Zeit so wunderschön macht und musst zur Feier zeigen, dass du es verstanden hast.«
Coda sah mich alles andere als begeistert an und schüttelte fast augenblicklich seinen Kopf.

»Das kannst du vergessen. Ich suche mir jemand anderen als Date.«, gab er von sich und noch bevor ich hätte niesen können, rannte er aus dem Wohnzimmer und keine Sekunde später schlug meine Haustür zu.

Kurz stand ich wie angewurzelt da und starrte die Stelle an, auf der gerade noch der Superstar stand, dann zuckte ich beifällig meine Schultern und machte mich wieder auf den Weg, zu meinem Bett. Wenn er nicht wollte, war das auch gut.

Bevor ich mich wieder hinlegte, kam mir eine brillante Idee und ich schlurfte schnell in meine Küche. Zuerst brühte ich mir einen Kamillentee, dann füllte ich eine Wärmflasche und begab mich endlich mit der Tasse in der Hand zu meinem Bett.

Ich stellte sie auf meinem Nachtschrank ab und kuschelte mich wieder zwischen meine Kissen. Die wohlige Wärme von dem warmen Wasser brachte mich dazu, meine Augen entspannt zu schließen. Es war fast ganz ruhig in meiner Wohnung, man hörte nichts. Und als ich fast eingeschlafen war, klingelte es an der Tür.

»Nein.«, flüsterte ich entnervt und blinzelte mürrisch.
»Wärst du nicht weggerannt, hätten wir uns das ersparen können.«

Es klingelte wieder und mit einem wütenden Aufschrei sprang ich aus den Federn und stampfte zur Tür.
»Hast du irgendein Problem damit, wenn ich schlafe, oder soll das ein schlechter Scherz sein?«, keifte ich, als ich die Tür wieder öffnete und Coda mich mit angespannter Miene betrachtete.
»Sorry. Ich wusste nicht, dass du dich sofort wieder hinlegen würdest.«

»Was soll ich deiner Meinung nach sonst machen? Ich bin krank und wie man unschwer erkennen konnte, lag ich schon vor der ersten Störung im Bett.«
»Hätte ja sein können, dass du auf mich wartest, bis ich wieder zurückkomme.«, meinte er und ich schnaufte nur leicht, damit nicht plötzlich ein Klumpen Rotze aus meiner Nase geschossen kam.

»Glaub mir, ich habe weitaus besseres zu tun, als auf dich zu warten, Kumpel.« Ich verschränkte meine Arme vor meiner Brust und verlagerte mein Gewicht auf mein rechtes Bein.
»Also?«
»Ich machs. Ich werde diesen ganzen Weihnachtskram kennenlernen, aber ich werde es nicht alleine machen.«
»Von mir aus. Such dir jemanden, der dir erklärt, worum es dabei geht. Solange du dem Ganzen wenigstens eine Chance gibst, bin ich einverstanden.«

»Okay, gut. Darf ich nochmal reinkommen?«
»Wieso das denn? Ich hatte gedacht, damit ist alles geklärt.«
»Sagen wir es so... ich bestimme dich als meinen Lehrer im Thema Weihnachten. Denn wenn ich ehrlich bin, kenne ich niemanden, der sich derart viele Gedanken darum macht.«

Erstaunt starrte ich den jungen Mann an, lief aber erneut nach drinnen, dicht gefolgt von Coda. Da hatte der Gute sich aber in eine Scheiße geritten, und das Beste war, dass er es noch nicht einmal wusste.

Mein innerlicher Spott machte sich in mir breit und ich fühlte mich gleich etwas besser, was leider nicht auf mein Aussehen übertragen wurde. Das würde also bedeuten, dass ich weiterhin wie ein Messi neben einem absolut tadellosen Adonis hockte.

Was tat man nicht alles, um der Welt (oder eher Coda Walker) ein bisschen Weihnachtsgefühle einzuhauchen...

King of ChristmasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt