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Mark Lee
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Mark lief die Straße entlang, die Uhr weit über Mitternacht hinaus und Tränenstriemen auf seinen Wangen. Der Regen hatte seine Kaputze schon längst durchnässt und seine Augen waren gerötet.

Es war Alkohol im Atem seiner Mutter festgestellt worden und sie war gefahren. Sein Adoptivvater hatte noch versucht die Beamten zu bestechen, doch für Alkohol am Steuer, der in den Mord eines Kindes resultierte, würde sie nach der Behandlung im Krankenhaus erstmal nicht nach Hause kommen können.

Mark kickte eine leere Bierdose zur Seite.

Das änderte allerdings nichts daran, dass ihr Liebhaber sie mit seinem Geld schnell aus dem Gefängnis holen würde. Und es änderte nichts an dem Schmerz den Chenle's Eltern empfanden. Und seinem Schmerz.

Außerdem waren die Beamten immer noch nicht sicher, dass Chenle sich wirklich nicht das Leben nehmen wollte. Seine Mutter hatte ausgesagt, der Junge sei vor ihr Auto gelaufen. Es bräuchte einen Beweis, doch niemand hatte etwas gesehen. Es ging alles viel zu schnell.

Er selbst wurde belanglose Fragen gefragt. Wann hast du ihn zuletzt gesehen? Hat er sich merkwürdig benommen?

Nein, Chenle war so gewesen wie immer. Fröhlich, offen und liebevoll, draufgängerisch und ehrgeizig beim zocken. Mark weinte wieder.

Er lief durch die Seitengasse geradewegs zu seinem Haus, eine Abkürzung die er gerne nahm.

Er wischte sich über das Gesicht, schniefte und blinzelte die Tränen aus seinen Augen. Den Blick nach unten gerichtet bog er in die Gasse ein und-

Warte.

Mark's Schritte wurden langsamer und er zog seinen Fuß zurück, als er zum stehen kam. Zum stehen genau in einer lache von Blut, ganz in der Nähe des noch immer Abgesperrten Unfallortes. Er hockte sich hin und besah sich die roten schlieren in einer Pfütze aus verschmutztem Regenwasser. Definitiv Blut, Mark kannte den Metallischen Geruch nur zu gut.

Er folgte der Spur seitlich und landete schließlich an einem alten Müllcontainer. Mark runzelte die Stirn und sah gerade aus, die Spur endete genau dort. So als hätte der Verletzte Flügel bekommen und sei davon geflogen.

,,H-Hallo?" Rief der Sechzehnjährige und lief weiter nach vorne, ans Ende des Containers. Und da sah er ihn.

Es war ein Junge, ungefähr in seinem eigenen Alter. Er hatte dunkelbraune, leicht gelockte Haare, die ihm im Gesenkten Gesicht hingen. Sein Mund stand leicht offen, seine Augen waren geschlossen. An seinem Hinterkopf befand sich getrocknetes Blut und als Mark den Splitter in seinem Bein sah, wusste er woher das viele Blut kam.

,,Hallo?" Mark hockte sich neben den Jungen und stupste ihn zögerlich an. Er war eiskalt, seine Wange war blass. Ein Puls war nicht zu fühlen oder er war viel zu schwach.

Und dann bemerkte er noch etwas.

Das war kein Gewöhnlicher Splitter, denn er bog sich leicht. Das war der Splitter aus einem Auto, eines der Fenster vielleicht?

Mark blinzelte. Er hatte sein Handy nicht dabei, sonst hätte er schon längst einen Krankenwagen geholt.

Es war nur eine vage Vermutung, doch vielleicht war der Splitter von dem Auto seiner Mom? Vielleicht war der Junge Zeuge des Unfalls gewesen? Vielleicht konnte er... Chenle's Unschuld bezeugen?

,,Hey. Hey! Aufwachen!" Mark rüttelte nun schon etwas stärker an der Schulter des Jungen, doch das einzige was passierte war, das er zur Seite kippte und der braunhaarige seinen Oberkörper nur mit Mühe fangen konnte.

Es war ein Risiko, ein großes Risiko, doch er wollte es wagen. Der Junge konnte eh nicht viel machen, er konnte nicht laufen und hatte viel Blut verloren. Er war vielleicht sogar tot. Doch die winzige Chance bestand, dass er Mark helfen konnte.

Er biss sich auf die Lippe und hob den Jungen vorsichtig von dem nassen Boden auf. Er war abgemagert, also war er deutlich leichter als Mark und er sollte es so bis zu seinem Appartement schaffen.

Und mit dem Jungen in den Armen und darauf bedacht, keine Blutspur zu hinterlassen, machte sich Mark auf den Weg nach Hause.

,,Help me." // MarkhyuckWo Geschichten leben. Entdecke jetzt