„Hallo, wie heißt du denn?", fragte ich ein ungefähr 10Jähriges Mädchen.
„Lin", antwortete diese.
„Ah. Lin. Schöner Name. Ich bin Miyu. Hast du Angst?"
„Nein", antwortete Lin kurz angebunden.
„Nicht?"
„Nein. Wenn ich in der Kammer bin, ist eh alles vorbei."
„Wie meinst du das?"
„Na, unser Aufenthalt wird nicht sehr lang sein. Gleich nach unserer Ankunft werden wir vergast."
„Woher weißt du das so genau?", fragte ich das Mädchen.
„Lauschen?"
„Ach ja."
„Stellen wir uns ganz hinten an?"
„Hä?"
„Na, sie vergasen uns einzeln. Keine Ahnung was das soll."
„Okay."
„Machen wir?"
„Ja."
„Gut."
Damit war das Gespräch wohl beendet. Diese Lin war wirklich ein seltsames Mädchen.
Aber ich schob den Gedanken sofort zur Seite, denn wir waren da. Um das Lager herum gab es Stacheldraht und Wachtürme. Es sah furchtbar aus. Wir wurden an eine Art Haus getrieben und mussten uns anstellen. Den Kindern, die noch keine kurzen Haare hatten, wurden im Wagen die Haare abrasiert. Unter all denn kahlen Köpfen suchte ich Lin. Und da war sie, am Ende der Schlange und winkte mir zu.
„Komm hinter mich! Komm!"
Ich folgte ihrer Bitte und stellte mich hinter sie. Alle anderen standen schon in der Reihe, ich war die letzte.
Einige Zeit später war auch schon Lin dran. Bevor die Männer sie in die Kammer zerrten, flüsterte sie mir etwas ins Ohr: „Lauf! Lauf weg! Wenn sie mich reinbringen, achten sie nicht auf dich. Nimm deine Chance. Lauf! Lauf! Lauf!!!"
Dann wurde sie weg gezerrt.
Und ich nutzte meine Gelegenheit.
Ich rannte und rannte und rannte. Nach ungefähr 20 Kilometern kam ich an einer Autobahn vorbei und hielt ein Auto an, dass nach Moskau wollte. Ich hasste trampen. Im Auto saß ein Mann mittleren Alters mit fettigen Haaren und Halbglatze. Als wir in Moskau ankamen, bedankte ich mich bei dem Mann und suchte ein Taxi oder ein Bus. Da ich nichts fand, versteckte ich mich unauffällig auf der Rückbank eines wartenden Mercedes. Der Mann, der einstieg war ungefähr 80 und trug eine Brille, die allerdings nicht sehr viel half. Seine Ohren waren bestimmt auch mal besser, sonst hätte er mich längst bemerkt. Zu meinem Glück schnarchte ich nicht. Der Mann fuhr an die Nordsee und stellte sein Auto ab. Und er vergaß abzuschließen. Da gerade ein Schiff am Hafen hielt, lief ich ganz schnell als blinder Passagier an Bord. Wir kamen in der Nähe von Washington D.C. an. Dann lief ich und lief und lief.
Ich kam an einer Villa vorbei und klopfte, weil ich so erschöpft war.
Ein gut aussehender Junge machte auf und starrte mich an.
Ich genauso. Der Junge führte mich hinein. Auf dem Tisch standen noch Cornflakes und - eine Frau, die wie seine Mutter aussah und „Sam!" rief.

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15 Milliarden
Sci-fi15 Milliarden Menschen leben mittlerweile auf der Erde. Arm und verlassen leben die meisten von ihnen auf der Straße. So auch Jennilynn und ihre Schwester. Sam dagegen ist reich. Verhältnissmäßig reich. Miyu wurde von ihren Eltern weggegeben, da in...