Kapitel 1🐺

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Leano POV

Laufen. Einfach weiter laufen. Ich musste hier weg, egal wie sehr meine Beine schmerzten. Mein Kopf drehte sich nach hinten, ich beobachtete das Rudel Wölfe, das hinter mir herrannte. Lange würde ich das nicht mehr durchhalten. Ich war müde, hatte Durst und hatte seit Tagen nichts mehr gegessen, da ich fast die ganze Zeit nur am Rennen war. Das Rudel holte immer weiter auf. Ich rannte schneller. Gleich war ich an der Grenze. Im Revier des anderen Rudels würde ich fürs Erste sicher sein. Der Schnee knirscht unter meinen Pfoten und der Wind fegte durch mein Fell. Trotz seiner Dicke frohr ich. Ich sprang über einen kleinen Bach, rannte weiter in den Wald, in Richtung der Dornenbüsche. Dorthin würden sie mir sicher nicht folgen. Plötzlich traten aus dem Gestrüpp mehrere Wölfe hervor. Sie knurrten das Rudel an, gaben mir so Deckung. Erschöft ließ ich mich in den Schnee fallen und holte Luft. Anscheinend hatte ich es über die Grenze geschafft. Ich wusste aus Erzählungen, dass das Black Luna Rudel alle Wölfe aufnahm, die in Schwierigkeiten waren und Hilfe brauchten. So waren sie auch das größte Rudle der Welt. Also hatte ich beschlossen, das Rudel zu suchen. Anscheinend hatte ich es gefunden. Ein Wolf kam auf mich zu. Er war groß und braun und sah mich besorgt an.
,,Alles in Ordnung bei dir Kleiner?", er legte sich zu mir auf den Boden.
Ich nickte leicht. ,,Ja, soweit geht alles."
,,Du zitterst am ganzen Körper. Bist du schon lange draußen?",fragte der Wolf weiter.
Erneut nickte ich. ,,Seit circa einem Jahr.", gab ich dann zu.
Der Wolf riss die Augen auf. ,,Was? Wie hast du das allein überlebt?", fragte er.
Ich senkte den Blick. ,,Darüber möchte ich nicht sprechen"
,,Ist okay.", der Wolf erhob sich, ,,Na komm. Wir bringen dich ins Warme."
Dann wandte er sich den anderen Wölfen zu. ,,Wir ziehen uns zurück! Der Junge ist in Sicherheit!"
Die anderen kamen langsam zu uns zurück. ,,Ich bin übrigens Eliah, der Beta unseres zukünftigen Alphas.", stellte er sich vor.
,,Mein Name ist Leano.", gab ich zurück.
,,Italiener.", er lächelte. Seine Augen lagen wachsam auf mir und er überwachte jeden meiner Schritte.
,,Wo bringt ihr mich hin?", meine Stimme zitterte etwas. Ich hatte Angst, eingesperrt zu werden.
,,Zum Alphahaus. Sie werden sich dort um dich kümmern, glaub mir.", Eliah stupste mich aufmunternd an. Ich schnaufte leicht. Körperlichen Kontakt war ich eigentlich nur in Zusammenhang mit Schmerzen gewohnt, aber es tat gut, zu wissen, dass er mich nicht verletzten würde. Eliah führte die Gruppe Wölfe zielstrebig durch den Wald, solange, bis wir an einem riesigen Haus ankamen. Vor dem Haus verwandelte er sich zurück in einen Menschen. Eliah war groß und gebräunt. Seine Augen strahlten in einem intensiven grün und seine braunen Haare waren zu einer ordentlichen Frisur gestylt. Er trug eine dicke Winterjacke, eine Jeans und Stiefel. Ich verwandelte mich ebenfalls zurück, schlang aber sofort die Arme um meinen Körper, da es draußen so unsagbar kalt war. Eliah lächelte mich warm an.
,,Dann wollen wir mal.", er öffnete die Tür und im nächsten Moment fiel ihm ein jüngerer Wolf um den Hals. Dem Geruch nach zu urteilem, war er ebenfalls ein Beta. Zudem hing der starke Geruch von Eliah an ihm.
,,Hey Baby.", Eliah gab ihm einen Kuss auf den Kopf, zog sich dann die Jacke aus. Auch seine Schuhe standen schnell in dem dafür vorgesehenen Regal.
,,Wen hast du uns denn da mitgebracht?", der andere Beta musterte mich mit großen Augen.
,,Das Nachbarrudel hat ihn gejagt. Wir mussten dazwischengehen. Alles was ich weiß ist, dass er Leano heißt und seit einem Jahr allein durch die Wildnis streift. Und er ist unterkühlt."
Verdammte Scheiße, musste der denn alles erzählen? Der Jüngere biss sich auf die Lippe.
,,Bring ihn zu Jiro ins Wohnzimmer. Ich geh ein paar Decken und einen warmen Tee holen.", damit war er um die nächste Ecke verschwunden.
,,Du hast Jonah gehört. Hier lang."
Jonah, so heißt der Kleine also. Ich folgte Eliah zögernd in den großen Raum. Sofort wurde ich von einer angenehmen Wärme umschlossen die mich kurz seufzen ließ. In einem der Sessel saß ein Junge, ein oder zwei Jahre älter als ich, mit einer Tasse in der Hand. Er starrte in die Flammen des lodernden Kamins und schien nachzudenken. ,,Jiro? Ich bin wieder da. Dem Kleinen geht es gut.", berichtete Eliah dem Jungen. Das war dann also Jiro, der zukünftige Alpha. ,,Sehr gut.", Jiro stand auf, stellte seine Tasse auf den kleinen Holztisch in der Mitte des Raumes und drehte sich zu uns um. Das erste was mir an ihm auffiel, waren seine klaren grauen Augen. Sie wirkten irgendwie beruhigend. Jiro kam auf uns zu und streckte mir die Hand entgegen. ,,Hi. Ich bin Jiro."
,,Leano.", gab ich zurück. ,,Italiener also. Süß", er lachte leise. Ich schnaubte. Er und Eliah waren sich ja ziemlich ähnlich. ,,Wo ist Jonah abgeblieben?", wandte sich er Alpha nun an seinen Beta. ,,Er ist Decken und Tee holen. Leano hat eine Unterkühlung."
Jiro musterte mich kurz, dann nahm er mich vorsichtig am Handgelenk und zog mich zum Sofa. ,,Hinlegen.", murmelte er. Ich legte mich wie befohlen auf das Sofa und ließ zu, dass Jiro eine dünne Decke über meinen zitternden Körper legte. ,,Rufst du bitte David an? Ich glaube, das ist noch mehr als eine Unterkühlung.", Jiros Hand lag auf meiner Stirn und er sah irgendwie besorgt aus. Eliah nickte nur und verschwand aus dem Raum. Na toll, jetzt war ich auch noch allein mit einem Alpha. Ich schluckte schwer und verkroch mich mehr in der Decke. ,,Wie lange läufst du schon in der Kälte rum?", fragte er leise. ,,Lange genug.", das war Jonah. Ich erkannte ihn an dem Geruch. Das war einer der Vorteile eines Wolfes. Wenn du einmal etwas gerochen hattest, dann erkantest du diesen Geruch überall wieder. ,,Lange genug heißt was?"
,,Eliah meinte so ungefähr ein Jahr."
,,Was? Wie hat er das allein durchgehalten?"
,,Ich kann euch hören.", nuschelte ich in meinen nicht vorhandenen Bart. Jiro wandte sich mir wieder zu. ,,Tut mir Leid. Jonah leg die Decken da hin. Eliah ruft David schon an."
Jonah trat nun mit einem Berg Decken in mein Sichtfeld.
,,Mir ist kalt.", meinte ich.
Jiro lachte auf. ,,Es dauert noch ein bisschen, bis dir wieder warm wird. Aber es wird warm werden, keine Sorge. Hier.", Er nahm die dampfende Tasse Tee vom Tisch und reichte sie mir. Ich schnupperte erst vorsichtig an dem Tee und als ich mir sicher war, das er nicht irgendwie manipuliert oder so war, nahm ich einen großen Schluck. ,,Schmeckts?", Jonah setzte sich in den Sessel, in dem vorher Jiro gesessen hatte. ,,Ja, sehr. Danke.", ich lächelte ihn vorsichtig und schüchtern an. ,,Ist doch selbstverständlich.", Jonah lächelte zurück. Irgendwie fühlte ich mich hier wohl. Sie waren alle nett zu mir und kümmerten sich um mich. Und es schien sie zu interessieren, wie es mir ging. Das erste Mal seit langem fühlte ich mich wieder zu Hause. In diesem Moment kam Eliah wieder ins Zimmer. ,,David ist gleich da. Er sagte, dass ihr ihn langsam in warme Decken einpacken sollt. Das sollte ihn warmhalten, bis er da ist."
Er sah mich an und schüttelte dann den Kopf. ,,Das habt ihr ja schon gemacht.", Eliah ging zu dem Sessel, auf dem auch Jonah saß. Der Beta erhob sich, setzte sich dann aber sofort wieder auf Eliahs Schoß. Jiro blieb bei mir auf dem Sofa sitzen. Es beruhigte mich, dass er bei mir war. Wir schwiegen, bis die Tür geöffnet wurde und ein Mann von etwa 40 oder 50 Jahren das Zimmer betrat. Sein Blick fiel sofort auf mich. Er kniete sich neben Jiro hin und beäugte mich neugirieg. ,,Das ist also unser kleiner Patient.", meinte er dann. ,,Ja. Hat Eliah dir schon alles erzählt?", erkundigte sich Jiro. Dieser David nickte. ,,Ja. Jedenfalls alles, was er weiß. Das mit den Decken habt ihr sehr gut gemacht und das mit dem heißen Tee war auch eine gute Idee. Bei einer Unterkühlung kann man auch nichts anderes tun, als den Betroffenen zu wärmen.", David wandte sich nun direkt an mich, ,,Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich dich aber gerne nochmal gründlich untersuchen. Eliah hat mir erzählt, wie lange du dich allein durchgeschlagen hast. Ich denke nicht, dass du da ohne Verletzungen durch gekommen bist". Ich nickte leicht. ,,Ist in Ordnung."
,,Super. Dann würde ich euch jetzt bitten, raus zu gehen, bis ich fertig bin.", wandte sich David an die drei anderen. Eliah und Jonah nickten und standen auf. Jiro allerdings schien mit sich zu ringen. Doch dann nickte er und strich mir sanft übr die Stirn. ,,Okay. Bis nachher Leano."
Er lächelte noch einmal, dann stand er auf und folgte seinen Betas aus dem Raum.

Der letzte Omega (BoyxBoy) (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt