👑 Königsgeschenk 👑

24 4 0
                                    

Als Ayla am nächsten Morgen die Vorhänge zur Seite zog, sah sie eben die Soldaten, die sie ein paar Tage zuvor für die Jagd auf Drachen losgeschickt hatte - ohne Drachen. Dafür hatten sie anscheinend eine Sklavenkarawane dabei, die ihnen unterwegs in die Hände gefallen sein musste. Sie waren mit einer Kette an Bauch und Hals zusammen gebunden. Zudem waren ihre Hände gefesselt. Ganz vorne lief eine Frau mit zerwühltem und schmutzigem, langem blonden Haar. Sie waren fast beim Stadttor angelangt.
Verärgert zog sich Ayla schnell ein Kleid über und eilte hinunter, um sie zur Rede zu stellen.
Draußen wehte ein rauer Wind, der ihre Haare aus dem nachlässig gebundenen Haarband befreite. Auf dem Hof wartete sie ruhig in königlicher Manier auf die Ankömmlinge.
Sie konnte schon das Klappern des alten Wagens vernehmen, welchen die Soldaten genutzt hatten, um schneller voranzukommen. Aber mittlerweile bezweifelte Ayla, dass sie überhaupt weit gekommen waren.
Als die Karawane näher kam, erkannte Ayla, dass viele notdürftig verbunden worden waren, aber die meisten Verbände waren durchgeblutet. Andere hatten offene Wunden, die nicht versorgt worden waren. Sie alle trugen Spuren eines Kampfes. So langsam fragte sich Ayla, ob das mit den Drachen wirklich so gut gewesen war. Aber es war notwendig gewesen, verdammt, sie war doch die Königin! Sie traf keine falschen Entscheidungen, nein, niemand würde wegen ihrer Entscheidungen verletzt werden. Aber woher stammten diese Verletzungen dann?
Vor der Königin hielten sie natürlich in angemessener Entfernung an und grüßten sie mit einem Kniefall. Ayla ließ ihren Blick über die Männer schweifen, die vor ihr standen, und das Nicken ihres erhobenen Hauptes war nur schwach zu erkennen, doch der Soldat, der das Kommando hatte, bemerkte und deutete es richtig.
Also trat er vor, um zu sprechen: „Meine Königin, wir waren dabei, Euren Auftrag auszuführen, als wir uns auf einmal in einem Banditenlager wiederfanden. Wir kämpften tapfer, und viele der mutigsten Männer wurden schrecklich verwundet. Wir haben die Banditen in die Flucht geschlagen und alles Gold und Silber, das wir finden konnten, für Eure Schatzkammern mitgenommen. Außerdem hatte die Karawane zwei dutzend Sklaven dabei, die wir Euch ebenfalls mitgebracht haben." Er holte tief Luft und alle Beteiligten warteten geduldig, bis er weitersprach: „Euer Gnaden, natürlich ist mir bewusst, dass wir Euch nicht das gebracht haben, was Ihr verlangt habt, aber da Ihr mir bei Beginn unseres Weges nicht nur das Kommando über diese Männer, aber auch die Verantwortung zugeteilt habt, befand ich es für sinnvoller, zurückzukommen, anstatt gegen einen Drachen zu kämpfen, gegen den selbst zwei dutzend unverletzte Männer kaum eine Chance hätten."
Ayla blickte ihn eine Weile wortlos an, und der Soldat erwartete schon seine gerechte Strafe, weil er einen Befehl verweigert hatte, wenn auch nur indirekt. „Nun", erhob die Königin die Stimme und ließ sich alle Zeit der Welt, ihre Sätze zu formen und ihre Wörter in der Luft klingen zu lassen. „Du hast gut gehandelt, Junge. Die Männer hätten es sonst nicht geschafft." Sie holte abermals Luft. „Eure Geschenke werden gewürdigt und ich nehme sie gern entgegen." Dann wedelte sie mit der Hand. „Nun geht, husch!"
Die Angesprochenen verneigten sich kurz und eilten davon. Den Wagen mit seinen Reichtümern ließen sie zurück, ebenso die Sklaven.
Die Menge löste sich langsam auf. Anmutig schritt Ayla die Stufen hinab, um die Schätze zu begutachten, die sie gebracht hatten. Es waren Krüge, Kannen, Tassen, Schmuck und vor allem Münzen. Zufrieden lächelte Ayla. „Bringt den Wagen in die Schatzkammer!", befahl sie und sofort eilten einige Diener herbei, die den knarzenden Wagen davon schoben. Dann ging sie zu den Sklaven und betrachtete die verschmutzten Haare und die Haut, sowie die zerrissene Kleidung. Da, wo sie gefesselt waren, war die Haut gerötet und wund. „Nun, für schwere Arbeiten sind sie wohl nicht zu gebrauchen", meinte Ayla kompromisslos. „Sie sind zu dünn und ausgehungert." Sie ging weiter. Neben Frauen waren auch Männer und Kinder dabei. Ayla runzelte die Stirn. „Schickt sie in die Kerker!", befahl sie. „Gebt ihnen Suppe und Brot und kümmert euch, dass sie kräftig genug sind, um zu arbeiten!" Einige Männer eilten herbei und brachte die Sklaven weg. „Und wehe, einer von euch vergreift sich an einer dieser Frauen! Dann werde ich ihn enthaupten lassen!"

Als sie wieder auf ihrem Gemach war, in einer Kammer, die wie ein Badezimmer eingerichtet war, ließ sie sich gerade von einer ihrer Zofen einkremen, und sie sprachen über die Männer von heute morgen. „Ihr könnt froh sein, dass sie zurückgekommen sind, und nicht das Weite gesucht haben!", meinte sie gerade und massierte ihre Schultern.
„Wieso denn das?"
„Naja, offen gesagt, Ihr seid eine strenge Königin, Majestät, und einen Drachen zu fangen ist schwer, noch dazu für Männer, die nicht extra dafür ausgebildet wurden", meinte die Zofe leichthin, während sie Aylas Nacken und Hals bearbeitete. 
„Es sind starke Männer", sagte Ayla nur. „Aber sprich' weiter; wer ist denn dafür ausgebildet?"
„Nun..." Die Zofe tauchte ihre Finger erneut in die Kräuterpaste. „Es gibt einen Mann im Königreich, der, so sagt man, mit Drachen zu sprechen vermag."
Ayla schloss genussvoll die Augen. „Und wo finde ich ihn?"

Gerade, als die Zofe Aylas Haar wusch, kam Adriën herein.
„Störe ich?", fragte er, als er die Tür schnell hinter sich geschlossen hatte, denn Ayla saß nackt in einer Badewanne.
„Nein, nein." Ayla winkte ihn herein. „Was hast du für ein Anliegen?"
„Soll ich Euch alleine lassen?", fragte die Zofe höflich.
Doch Ayla wischte ihre Bemerkung weg. „Nein, nein, er hat nichts zu sagen, was du nicht auch hören dürftest." Und zu Adriën: „Nun?"
„Ich... ich habe von der Heimkehr der Soldaten gehört und wollte Euch bitten, alleine losziehen zu dürfen. Ich werde Euch einen Drachen bringen." Als sie die Augen öffnete, starrte er sie intensiv an. „Das würdet Ihr tun?"
Er schluckte und nickte kräftig. „Für Euch, Majestät, würde ich alles tun."
Ayla schloss ihre Augen wieder, lehnte ihren Kopf zurück und lächelte leicht. „Gut. Die Einstellung gefällt mir." Es entstand eine kleine Pause. „Aber du ziehst nicht alleine los. Ich brauche dich hier, zu meinem Schutz. Den Helden spielen kannst du ein andermal."

👑Drachenwinter👑 Der Aufstieg und der Niedergang einer KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt