Ich wachte an diesem Morgen früher auf als sonst, der Streit mit Paps saß tief und ich fühlte mich furchtbar wegen der Dinge die wir gesagt hatten. Aber es änderte nichts an meinem Entschluss, ich war alt genug um die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Ich setzte mich vor meine Spiegelkommode und bürstete mein Haar ausgiebig, bis er mir seidig um die Schultern fiel. Ich steckte die zwei Strähnen die mir ins Gesicht fielen mit Bobbypins hinter meinen Ohren fest und sah mich unschlüssig an. Es war der Beginn einer neuen Ära und einer neuen Sophie. Ich schminkte mich eigentlich so gut wie nie, vor allem nicht für die Schule, aber heute hatte ich plötzlich Lust darauf.Ich griff zur Mascara und tuschte meine Wimpern ausgiebig, das alleine war schon ein sehr ungewohnter Anblick. Da ich lange schwarze Wimpern hatte, wie Maja und meine Mutter, wirkten meine Augen durch das bisschen Wimperntusche riesig. Doch ich hatte auch irgendwo noch die Box Lipgloss, die mir Kai zum Geburtstag geschenkt hatte. Als ich sie hervorkramte begutachtete ich die 4 verschiedenen Farben eingehend und entschied mich für das natürliche, matte Nude-Rosa.
Ich hörte meinen Vater im Badezimmer, als ich in die Küche eilte um mir ein Frühstück für später einzupacken. Ich wollte ihm so nicht begegnen, ihm würde das bisschen Make-up sofort auffallen und er würde sofort Verdacht schöpfen.
Wes wartete bereits auf mich und ich schlüpfte eilig auf den Beifahrersitz und zog die Tür zu.
„Morgen.", hauchte ich und lächelte ihn an, doch mein Lächeln gefror sofort, als ich seinen Blick sah. Er starrte mich mit hochgezogenen Brauen an. Ich hätte das mit dem Make-up nicht tun sollen. Ich sah anscheinend nicht gut aus, sondern sicher komplett lächerlich. Ich wurde nervös und kramte mit der Hand in meiner Jackentasche nach einem Taschentuch um mir das Lipgloss abzuwischen, als er endlich seine Stimme wieder fand: „Du siehst toll aus!", raunte er mit rauer Stimme und nickte bedächtig, während er ins Gas stieg. Sofort ließ ich die Hand in der Tasche ruhen und atmete erleichtert aus.
„Was ist?", lachte er und warf mir einen schiefen Blick zu.
„Ich hab' schon gedacht, ich...", ich sprach leise und blickte auf meine Knie.
„Was?", hakte er nach und hielt an der großen Kreuzung. Er streckte seine Hand nach meinem Gesicht aus und zog mein Kinn sanft nach oben, sodass ich ihn anblicken musste, „Was hast du gedacht?", fragte er nochmal.
„Das ich blöd aussehe.", murmelte ich verlegen. Mir war der Moment so unangenehm, dass ich am liebsten losgeheult hätte.
Er schnaubte und ließ mein Gesicht los. Er saß stumm da und fuhr los, als die Ampel auf Grün schaltete.
Ich sah ihn verstohlen aus den Augenwinkeln an und versuchte seine Stimmung richtig zu deuten, er wirkte irgendwie sauer.
„Glaubst du, dass du hübsch bist?", fragte er plötzlich und ich lief noch dunkler an, als zuvor.
„Ich sehe normal aus.", antwortete ich verlegen.
„Normal also.", er lachte ungläubig, „Wieso glaubst du das?".
Ich zuckte mit den Schultern.
„Weil du nicht mit 3 Kilo Farbe im Gesicht herumläufst?", hakte er nach, „Oder weil du keine Designerhandtaschen in der Schule mithast, in die eigentlich gar keine Schulsachen passen? Weil du keine hautengen Miniröcke trägst, obwohl es gerade mal 4 Grad draußen hat? Weil du deine Haare nicht jeden Tag eine Stunde lang mit Haarspray bearbeitest?".
Ich zuckte wieder mit den Schultern, ich wollte dieses Gespräch nicht führen.
„Oder...", sagte er ernst, „Weil du niemanden hast, der dir zeigt wie hübsch du bist?".
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Wenn Wes weint
Teen FictionSie ist unscheinbar und unbedeutend, er ist laut und wild. Als sie ihn weinen sieht kollidieren ihre Welten auf unerwartete Weise. Sophie ist der Meinung dass mit ihr etwas nicht stimmt, irgendetwas macht sie anders. Aus diesem Grund hält sie sich...