Kapitel 19 - Das Eisritual

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Als sich Tiu mit beiden Händen Wasser aus der Schüssel ins Gesicht spritzte, fühlte er plötzlich eine scharfe Klinge an seinem Hals. Er erstarrte in der Bewegung, bis er die Stimme von Sif vernahm.

»Sprich! Wie konntest du es wagen, mich vor aller Ohren, mit einem Schandwort zu belegen?«

Tiu vermochte es kaum zu schlucken, so eng war die Klinge an seiner Kehle. Als er nichts entgegnete, verminderte Sif den Druck und Tiu brachte stotternd hervor: »Scha... Schandwort? Ich verstehe nicht...«

»Nanntest du mich nicht Rose weil jeder, der mir zu forsch begegnet, meine Dornen zu spüren bekommt?«

»Sif...« Tiu lachte leise.

Die Kriegerin stieß Tiu mit einem Ruck von sich und funkelte ihn wütend an. »Lachst du mich aus?«

»Ich dachte, ich liege im Sterben und wollte die Frau, der ich mein Herz geschenkt habe, wenigstens einmal bei dem Namen nennen, den ich sie stets in Gedanken hieß. Eine wunderschöne stolze Rose, vor der alle anderen Blumen des Gartens vor Neid erblassen.«

Noch immer hielt Sif den Dolch fest umklammert und war sich nicht sicher, ob sie weiterhin zornig, oder nun geschmeichelt sein sollte. »Wie kann es sein, dass wir seit Wochen miteinander trainieren und du nicht ein Wort darüber verloren hast, dass du mir zugeneigt bist.«

Tiu räusperte sich und fasste nach dem Handtuch. »Schau dich an. Wieso sollte sich eine Rose, mit einer Waldmyrre abgeben?« Er tupfte sein Gesicht trocken, als ihm das Tuch mit einem Ruck aus der Hand gerissen wurde.

Überrascht starrte er auf Sif, die mit einem geschmeidigen Schritt herangetreten war und nur eine Handbreit weit weg vor ihm stand. Sie blickte ihn mit großen Augen an, öffnete leicht die Lippen und neigte ihm den Kopf entgegen. Nur für den Bruchteil einer Sekunde war Tiu irritiert, dann kam er ihr entgegen und ihre Lippen berührten sich. Erst zaghaft, dann forscher, schließlich hungrig.

***

»Und dann wollte mir das Ungetüm Tiara entreißen. Ich zückte mein Schwert.« Limiteti zog ein imaginäres Schwert aus der nicht vorhandenen Scheide und drückte den Arm in die Höhe. »Dann holte ich aus.« Sie zog den Arm nach hinten. »Und schlug zu.« Sie machte einen Schritt vorwärts und ließ gleichzeitig das unsichtbare Schwert nach vorne schnellen. Das brachte sie aus dem Gleichgewicht. Sie stolperte, gab einen erschrockenen Ton von sich und ließ sich von Falk auffangen.

Falk lachte amüsiert.

»Verzeihung, mein Prinz.« Sie senkte verschämt die Augen und suchte dann kokett den Blick von Falk.

Er grinste wissend. »Ich dachte, du ständest fest auf beiden Beinen und hast dem Eisriesen den Arm abgeschlagen.«

»Ja, das auch.« Sie kicherte. »Danach. Glaube ich. Es ging alles so schnell vorbei.«

»So ist das nun mal im Kampf.« Noch immer hielt Falk sie fest und Limiteti machte keine Anstalten sich aufzurichten.

»Und Euer Kampf, mein Prinz? Habt Ihr jemanden getötet?«

»Byleist ist gierig. Er hat uns nichts übrig gelassen«, murrte Falk missgestimmt.

»Benötigt Ihr Trost, mein Prinz?«

»Unbedingt.«

***

Es ziepte an meinen Haaren. Stetig und schmerzhaft. Ich riss die Augen auf und blickte in die grünen Augen von Loan, der mit einer Hand an meinen Haaren zog und die andere in mein Gesicht klatschte. »Dir auch einen guten Morgen, mein Sohn.«

Prinzenrolle 2 (Thorki)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt