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„Vater bitte hör auf!", flehte ich in der Hoffnung, dass er den Stock fallen lassen würde.

„Stirb einfach. Stirb! Wieso stirbst du nicht? Du hast uns nichts anderes als Unglück gebracht. Du bist ein Fluch, der nicht von uns weichen will. Wärst du nur am Tage deiner Geburt gestorben!", schrie er mich an und schlug unaufhörlich auf mich ein.

„Liebling, belass es jetzt dabei. Was sollen die Nachbarn nur denken, wenn sie ihn so sehen?", mischte sich Mutter ein.

„Was sie denken sollen? Was sie schon all die Jahre denken. Sie alle wissen, dass er nicht von mir sein kann. Schau ihn dir doch an. Die Haut, die Haare, die Augen, die Nase, ... einfach alles. Du hättest mich mit jemanden betrügen sollen, der mir ähnlich schaut.", verhöhnte er sie.

„Ich habe dich niemals betrogen. Ich weiß doch auch nicht wieso er so ausschaut. All die Jahre war ich dir eine gute Frau. Hass mich nicht wegen des Kindes...", sprach sie mit bebender Stimme.

Vater ließ den Stock fallen und nahm sie in die Arme. „Ich hasse dich doch nicht. Ich weiß doch, dass die Schuld auf ihm liegt und nicht an dir. Du weißt doch, wie ich sein kann, wenn ich wütend werde. Ich habe es doch nicht so gemeint.", tröstete er meine Mutter lieblich.

„Jeden Tag dieses Gesicht zu sehen ist unerträglich. Was für eine Untat habe ich nur in meinem früheren Leben begangen, um dies verdient zu haben?", fragte mein Vater in den Raum.

„9 Jahre habe ich es ertragen. Wie lange soll das weitergehen? Mein liebstes Kind ist mit 5 Jahren verstorben. Wieso lebt er so lange? Wieso hat ihn nicht der schwarze Tod ereilt?", weinte er erbittert.

„Bringt ihn von hier fort. Heute soll er die Nacht im Stall verbringen. Vielleicht erfriert er, wenn wir Glück haben.", sagte er zu meinen Brüdern.

Vallentin und Seyfried hoben mich hoch und brachten mich zum Stall, wo sie mich auf das verschimmelte Heu warfen.

„Jeden Tag weinen Mutter und Vater deinetwegen. Ich bin es leid. Jeden Tag wieder aufs Neue", entgegnete mir Vallentin und trat wutentbrannt auf mich ein.

Ich konnte mich nicht wehren und ich hätte es auch nicht getan. Wehren machte immer alles schlimmer. Das hatte ich schon früh genug am Leibe gespürt.

„Lass das Vallentin. Wir brauchen ihn morgen. Sonst müssen wir uns um den Stall kümmern und die Kammern fegen. Ich habe schon genug Arbeit. Ich will nicht wieder seine auch erledigen.", erklärte Seyfried. Vallentin ließ von mir ab und beide gingen fort. Als ihre Schritte verstummten wurde es totenstill um mich herum. Ich konnte mein Herz unregelmäßig schlagen hören. Und ich brach in Tränen aus. Ich platzierte meine Hände auf meinem Gesicht und weinte stumm. „Wieso bin ich anders? Wieso wurde ich mit schwarzem Haar bestraft?", weinte ich.

Natürlich bekam ich von niemandem eine Antwort.

Aber ich spürte kleine Schritte entlang meiner Beine hochkommen. Es war Natty. Mein Kater. 

Mein einziger Freund und Helfer

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Mein einziger Freund und Helfer. Er platzierte sich auf meiner Brust und legte sie da hin und sah mich mitleidig an.

Ich keuchte lachend auf: „Natty, ich kann nicht atmen.", er verstand mich und machte es sich neben mir gemütlich. Natty war nicht eine normale Katze. Natty verstand mich. Zumindest wollte ich es wahrhaben, dass er mich verstand. Er tröstete mich immer und half mir beim Einschlafen. Natty fing an zu schnurren und wischte meine Tränen ab und fing an irgendetwas zu miauen. „Was wirklich?", fragte ich lächelnd als ob ich ihn verstehen würde. „Mein Tag war anstrengend. Vater war wieder wütend. Ein Nachbar hatte ihn wieder daran erinnert, wie sehr ich nach einem Teufelskind aussah. Schwarze Haare sind ja eigentlich nicht so schlimm, oder?", fragte ich meinen Kater. Er miaute einstimmend. „Ja, kaum ein Mensch hat schwarzes Haar. Ich weiß, dass ich anders bin. Dass ich seltsam bin. Aber verdiene ich nicht trotzdem ein bisschen Liebe von meinen Eltern. Ich will sie doch auch nicht weinend sehen. Nur einmal würde ich sie gerne lächelnd sehen. Wie sie mich anlächeln. Wie sie mich mit stolz ansehen. Nur einmal will ich Liebe in ihren Augen sehen, die an mich gerichtet ist. Verlange ich zu viel?", fragte ich ihn und sah ihn mit wässrigen Augen an. Er starrte mich zurück an und strich seinen Kopf gegen mein Kinn. „Was würde ich nur ohne dich machen, Natty?", weinte ich leise und streichelte ihn. „Wir zwei sind uns ähnlich, nicht wahr? Du hast ein wunderschönes schwarzes Fell. Wenn ich eine Katze wäre, wäre ich auch so schön. Wenn ich eine Katze wäre, würden sie mich anbeten. Schwarze Katzen sind besonders. Aber schwarzhaarige Menschen sind verflucht? Ich verstehe es einfach nicht.", heulte ich weiter. Natty kam meinem Gesicht näher und fing an mit ihrer rauen Zunge meine Nase abzuschlecken. Er wusste, dass mich das zum Lachen brachte. Und wie um nu waren meine Tränen weg und ich nahm ihn in den Arm. „Ich brauche sowieso niemanden, wenn ich dich habe.", stellte ich klar fest und umklammerte ihn noch fester und schlief durch sein beruhigendes Schnurren ein.


09.02.2019

Raped - BoyXBoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt