A u tumn Boy

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Ich habe ihn das erste Mal am 19.10. gesehen.


Wie so oft in letzter Zeit bin ich zu meinem Lieblingsort gegangen, um meinen Kopf ein wenig mehr Freiheit zu lassen.

Ich will nicht weiter abschweifen, aber es endete damit, dass mir einige Tränen die Wangen hinunterrollten.

Und ich genoss es, sie auf meiner Haut zu spühren. Zu fühlen wie eine warme, nasse Träne sich ihren Weg nach unten bahnte. Sie blieb an meinem oberen Kinn hängen und fiel zu Boden.

Was geblieben war, ist die nasse Spur, die meine Traurigkreit auf dem Weg in den Himmel hinterlassen hat.

Der Wind wehte mir ins Gesicht und ich spüre ganz deutlich meine nasse Haut vereisen.

Angenehm.

Ich hörte langsame Schritte und zog mich mehr in den Schatten des Wacholderbusches zurück. Es dämmerte schon seit geraumer Zeit, so dass man die Vielzahl an Sternen an der Himmelsdecke erkennen konnte.

Ich beobachtete verstohlen wie eine männliche Silhouette sich dem Abhang näherte.

Sie blieb ganz am Rand stehen und schaute in die Ferne.

Das bewunderte ich.

Denn die meisten Menschen würden ängstlich oder zumindest eingeschüchtert in das Tal hinabblicken. Aber diese Gestalt sah stur über die Senkung hinweg und schien sich auf den nächsten Berg zu konzentrieren. Oder auf die strahlende Halbmondsichel, die sich am Horizont abzeichnete.

Die Gestalt stand so bestimmt an die zehn Minuten.

Gleich wie ich muss sie vielen Gedanken nachschweifen und kommt selbst hier oben nicht von ihnen los.

Irgendwann dreht sich der Junge, ein nahezu junger Erwachsener, schätzte ich, herum und läuft langsam wieder zurück zum Hauptweg, der von diesem Berg ins Tal führte.

Oder die Straße, die vom Tal auf den Berg führt. So wie ich es bevorzuge sie zu bezeichnen.

...an diesen 19. Oktober kann ich mich noch gut erinnern.

Der Mond wanderte in dieser Nacht auf den 20. Oktober einige Hände breit neben den gegenüberliegenden Berg.

Und dann fraßen ihn die Wolken auf und nahmen mir das einzige Licht, das mir in dieser Nacht geblieben war.

Auch die Sterne nahmen sie mir davon.

Ich habe mich auf einmal so einsam gefühlt.

Eigentlich leben ich und 80 Milliarden Menschen unter diesem Himmel, aber ich habe mich trotzdem verlassen gefühlt.

Von Sonnen, die Milliarden von Lichtjahren von mir entfernt sind.

Sonnen, die dafür bekannt sind, dich mit ihrer Hitze zu verbrennen.

Aber ich habe mich zu ihnen verbundener gefühlt als zu manchen anderen Leuten auf dieser Erde...

Kurz bevor ich gegangen bin, lief ich genauso wie du ganz nah an die Schlucht heran. Und ich blickte hinab.

Es war mir unmöglich meinen Blick zu heben und drüber hinweg in die Zukunft zu blicken.

Und das unterschied uns.

Während ich verhasst auf die Stadt hinunter sah, mit der ich nur Schmerz und Misstrauen verband, blicktest du gerade aus einfach über sie hinweg.

Und träumtest von deiner Zukunft.

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