"Sie war sehr durcheinander. Jetzt hat sie lange geschlafen. Warte, ich geb sie dir mal", Tante Maggi drückt mir das kalte Telefon ans Ohr. "Hey Maya, was machst du denn für Sachen?", höre ich Anna leise am anderen Ende. "Ich vermiss sie", sage ich und mache meine Augen auf. Tante Maggi verdrückt sich diskret aus dem Zimmer. "Ich weiß", sagt Anna. "Ich komme morgen abend zu dir. Der Flug ist gebucht." "Okay."
Anna legt auf. Ich bin zwar froh, dass sie kommen will, aber ich mache mir auch Vorwürfe. Was ist, wenn sie jetzt etwas Wichtiges verpasst und in ihrem Studium durchfällt? Anna hat so Spaß bei ihrem Modedesignstudio, sie hat es nicht verdient durchzufallen. Seufzend drehe ich mich zur Seite und greife nach meinem Handy. Ich habe zwei Nachrichten von einer unbekannten Nummer bekommen: Hey Maya. Meld dich mal, wenn du wieder wach bist. Cole
Die zweite Nachricht ist auch von ihm: Du kannst mich auch anrufen, wenn was Wichtiges ist.
Ich frage mich, warum sich Cole so um mich sorgt.
Hey, ich bin jetzt wach. Meine Schwester hat angerufen, sie kommt morgen. Sie wird mich wohl nach Deutschland zurück nehmen wollen. Ich weiß nicht, ob es das Richtige ist, antworte ich. Nach nicht mal dreißig Sekunden kommt eine Antwort: Bin unterwegs. Erschrocken starre ich auf die Nachricht. Er hat doch Schule, warum kommt er überhaupt zu mir, wir kennen uns doch kaum, sind nicht mal richtig miteinander befreundet. Aber wenn Cole auf dem Weg ist, muss ich mich beeilen. Ich will nicht, dass er mich so sieht. Ich habe das komplette Wochenende im Bett verbracht und mich nicht mal geduscht. Ich sehe aus wie ein Penner mit fettigen Haaren und Jogginhose. Schnell mache ich mich frisch. Zum Frühstücken bleibt mir aber keine Zeit mehr, da klingelt es schon an der Tür. "Wer ist das denn?", fragt Tante Maggi verwundert. Ich erkläre ihr, dass Cole nur nach mir sehen wollte. "Achso. Ich muss sowieso nochmal ins Dorf. Wir haben kein Brot mehr. Wenn du jetzt noch was essen willst, musst du leider mit Cornflakes vorlieb nehmen", sagt sie und zieht sich schon ihre Klamotten an. Ich mache Cole die Tür auf und Tante Maggi drückt sich an ihm vorbei. "Viel Spaß ihr beiden", ruft sie noch. Ich werde leicht rot im Gesicht, weil ich in meinem ganzen Leben noch nie Jungsbesuch hatte, ohne, dass wir ein Referat vorbereiten mussten. Ich winke Cole herein und erhasche einen Blick nach draußen. "Oh, da ist ja schon fast der ganze Schnee weg", bemerke ich. Cole nickt. "Das Tauwetter hat angefangen. Ganz schön glatt auf der Straße, aber ich bin froh, dass wir das nächste Tunir auf dem Platz spielen können." Er streift sich im Flur seine Boots ab und hängt seine Jacke ordentlich an einen Haken. "Hast du schon was gegessen?", frage ich ihn, während wir in die Küche gehen. Er nickt, sagt aber, dass er noch etwas mitessen würde. Also mache ich jedem von uns eine Schale mit meinen Lieblingscornflakes. "Ich bin zwar erst eine Woche hier, aber ich liebe das Zeug trotzdem schon", sage ich. Cole setzt sich auf einen Platz an den Tisch - einer der wenigen Möbel, die in Tante Maggis Haus weiß sind. Ich stelle ihm die Schüssel vor die Nase und gebe ihm einen Löffel. Eine Zeit lang mampfen wir schweigend die knusprigen mit Schokolade überzogenen Flakes. Manche sind auch mit einer flüssigen Schokomasse gefüllt. Dann bricht Cole das Schweigen und fragt: "Wie läufts denn jetzt so bei dir?" Ich schlucke meinen Bissen herunter und antworte: "Keine Ahnung. Morgen kommt ja meine Schwester Anna. Ich freu mich auf sie, aber ich weiß nicht, ob ich zurück nach Deutschland kann."
"Mhh. Bist du dir sicher, dass sie dich wieder mitnehmen will?"
"Klar. Sie war ja am Anfang auch sehr skeptisch, dass ich nach Kanada gegangen bin. Vielleicht war es wirklich eine Schnapsidee, ich mein, was soll ich hier überhaupt? Ich spreche ja nicht mal richtig eure Sprache."
Cole lacht leise. "Ich finde, du hast zwar einen Dialekt und meinst manchmal etwas anderes als du sagst, aber ich glaube jeder weiß, was du sagen willst."
"Ja okay, aber dann gibt es noch das Problem, dass ich einfach nicht weiß, was ich später beruflich machen will. Sei mir nicht böse, aber hier in Jasper scheint es so, als gäbe es nichts." Cole nickt verständnisvoll. "Vielleichg hatte meine Terapeutin in Deutschland ja Recht. Ich bin meinen Problemen davon gelaufen und jetzt hat mich die Vergangenheit eingeholt und ich kann nichts dagegen machen."
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Jasper's Traum
Dla nastolatkówMaya zieht nach einem schlimmen Jahr in Deutschland zu ihrer Tante Maggi nach Kanada. In dem kleinen Dorf "Jasper"hofft sie die Vergangenheit endlich hinter sich lassen zu können und neu anfangen zu können. Doch Maya muss feststellen, dass das Verga...