Tom summte leise. Ich wusste nicht, welches Lied das war, aber ich fand es toll.
"Das Lied ist schön...", sagte ich leise. Der Brite lächelte und legte eine Hand an meine Hüfte. Die andere verschränkte er mit meiner. Mir wurde mulmig und ich sah nervös auf meine Füße.
"Alles in Ordnung, Darling?" Tom nahm die Hand von meiner Hüfte und legte sie unter mein Kinn, so, dass er mir in die Augen sehen konnte. Ich wurde etwas rot und verlagerte mein Gewicht von einem Fuß auf den anderen.
"Naja, also, ich...", druckste ich herum.
Doch Tom schmunzelte nur.
"Du musst dich doch nicht schäme, es ist doch nicht schlimm, wenn du nicht tanzen kannst.", meinte er leise und zwinkerte mir zu.
"Schon, aber - ..."
"Darling...!", mahnte Tom und hob eine Augenbraue. Ich verdrehte die Augen, grinste aber. Doch für den Braunhaarigen war das Thema nicht so schnell abgeschlossen wie für mich. Er löste sich von mir und ging zu einer Stereoanlage, an der er einige Knöpfe drückte und wenig später wurde das Wohnzimmer von den melodischen Klängen des Liedes durchflutet, das Tom vorhin gesummt hatte. Ich musste lachen, als er anfing zu schnipsen und sich der Musik mit rhythmischen Bewegungen hingab. Er tanzte sich seinen Weg zu mir und nahm meine Hände, woraufhin ich mich mitreißen ließ.
"Du machst das toll, Darling!", wurde ich gelobt. Und tatsächlich, mein Taktgefühl war wirklich nicht zu verachten. Leider war das Lied schon wieder vorbei, doch ein zweites folgte direkt. Es war langsamer und hatte etwas vertrautes, obwohl ich es noch nie gehört hatte. Wieder legte Tom eine Hand an meine Hüfte, verschränkte seine andere mit meiner. Ich platzierte meine freie Hand auf Toms Schulter.
Er führte, was eigentlich logisch war, und zeigte mir erstmal nur ein paar einfache Schritte, die zu fast jedem Lied passten. Vor, ran - links, ran - zurück, ran - rechts, ran. Und das ganze, während wir uns langsam drehten. Ein Walzer, erklärte mir Tom. Erst nach einigen Minuten hatte ich den Dreh einigermaßen raus und musste nun nicht mehr krampfhaft auf meine Füße gucken, sondern konnte mich dem nicht gerade unansehnlichen Gesicht vor mir widmen. Auch Tom schien Gefallen daran gefunden zu haben, mein Gesicht aufs Genaueste zu studieren und ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen.
Als der Refrain begann, fing an Tom wieder an zu summen. Ich wünschte mir so sehr, dass dieser Moment niemals enden würde, so geborgen fühlte ich mich. Mein Tanzpartner lehnte sich nach vorne, sodass seine Lippen nun ganz nah an meinem Ohr waren.
"Heutzutage gibt es so viele Lieder, in denen Frauen als ein Stück Fleisch dargestellt werden. Ich... finde das abstoßend. Dieses Lied ist das perfekte Beispiel dafür, das man das, was man liebt, wie einen Schatz behandeln sollte..." Alles um mich herum wurde plötzlich ganz still.
Hatte Tom mir gerade gesagt... Das Blut rauschte in meinen Ohren und ich glaubte, jede Sekunde umzukippen. Mein Blick fand wieder Toms Augen, die mich so liebevoll betrachteten. Augenblicklich hatte ich mich in ihnen verloren. Der Braunhaarige lehnte sich vor und küsste mich erst auf die Stirn, dann auf die Nasenspitze.
Ich lachte leise, legte meinen Kopf auf seine Schulter und fing an, seinen Hals zu liebkosen. Tom gab ein zufriedenes Brummen von sich.
Wir verweilten so noch einige Zeit, lauschten der Musik und genossen die Nähe des anderen.
Alles war so friedlich, und ich -
"Oh To-om, rate mal wer da ist! Na, hörst du schon wieder deine - ..." Augenblicklich schrecken Tom und ich auseinander und blickten entgeistert in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Eine junge, blonde Frau stand im Türrahmen und sah uns an, als hätte sie gerade einen Geist gesehen.
Mir ging es nicht anders.
Die Frau erwachte als erstes aus ihrer Starte, warf Tom einen tadelnden Blick zu und kam dann mit großen Schritten auf mich zu.
"Also echt Thomas, du hättest wenigstens mir Bescheid sagen können, dass du eine neue Freundin hast!", meinte sie an ihn gerichtet, wandte sich aber schon im nächsten Moment mir zu.
"Hi, ich bin Sarah, Tom's ältere Schwester! Und du bist? Natürlich nur, wenn ich fragen darf!" Sie zwinkerte mir zu und lächelte freundlich. Ein bisschen unangenehm war mir die ganze Situation schon, aber trotzdem erschien sie mir ganz nett. Etwas zögerlich schüttelte ich ihre Hand, die sie mir entgegengestreckt hatte.
"Uhm, hi, ich bin... Irina. Schön dich kennenzulernen Sarah!", sagte ich schüchtern.
"Lass mich raten, der da hat dir nichts von seinen Schwestern erzählt, richtig?" Sie strafte Tom mit ihrem Blick, doch dieser hob nur abwehrend die Arme.
"Er hat mal erwähnt, dass er eine Schwester hat..." Sarah schüttelte den Kopf, lachte aber dabei.
"Echt Tom, so geht das aber wirklich nicht! Also, ich komme wohl grade etwas ungelegen, deswegen mache ich mich mal wieder vom Acker. Emma wollte dann auch noch vorbeikommen, aber ich sag ihr Bescheid - ..."
"Nein, nein, ist schon okay. Ich wollte dann sowieso Irina noch auf ihr Vorstellungsgespräch vorbereiten, wenn du willst kannst du mir da ja ein bisschen unter die Arme greifen!", unterbrach Tom seine Schwester schnell. Andere hätten ihm das in der selben Situation bestimmt übel genommen, doch die Stimmung war sowieso verflogen und außerdem wäre es wirklich sinnvoll, mich ordentlich auf morgen vorzubereiten. Sarah runzelte die Stirn und sah zu mir.
"Und du bist damit einverstanden? Ich darf doch du sagen, oder?" Den letzten Satz hatte sie noch schnell hinten dran gehangen. Ich nickte.
"Ja, klar darfst du! Und natürlich bin ich einverstanden!"Später stieß dann auch noch Toms jüngere Schwester, Emma, zu uns. Auch sie war ziemlich überrascht von meiner Anwesenheit, doch binnen kürzester Zeit freundeten wir uns an. Die beiden waren unheimlich lieb und so schafften wir es, mich körperlich und mental auf mein Vorstellungsgespräch morgen vorzubereiten.
"Viel Glück morgen! Bis irgendwann mal!", rief Sarah Tom und mir zu, während Emma uns aus dem Hintergrund zuwinkte.
"Kommt gut heim! Und noch mal vielen Dank!""Ihr drei habt euch echt gut miteinander verstanden.", stellte Tom fest und strich mir über die Wange. Ich schmiegte mich an seine Hand und nickte leicht.
"Ja, sie sind wirklich nett!"
"Du wolltest, dass sie dich Irina nennen?", fragte er nun. Ich seufzte und setzte ein kleines Lächeln auf.
"Ja. Meine 'Papiere', in denen ich Corey Heesters bin sind sowieso gefälscht und meine echten habe ich noch. Ich denke einfach, dass es besser so ist."
Tom nickte nach denklich.
"Soll ich dich jetzt also doch Irina nennen?" Nun war ich es, die seine Frage mit einem Nicken bejahte.
"Gut, ...", meinte er und lächelte. "Ich finde, der Name passt zu dir."
Einen kurzen Moment herrschte Stille und ich glaubte, dass er in dem Moment an das gleiche wie ich dachte: was Tom heute während des tanzens zu mir gesagt hatte und Sarah's Bemerkung...
Eben Erwähnter schaltete auf einmal das Licht aus und es wurde dunkel. Ich drehte mich auf die Seite, woraufhin der Braunhaarige mich von hinten in eine Umarmung zog und mir einen Kuss auf den Nacken hauchte. Er brummte etwas, das sich sehr nach 'Schlaf gut Irina...' anhörte. Dann schlief ich auch schon ein.
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Heavens tears
AcakEs regnete. Natürlich regnete es. Wie immer, wenn ich nicht mal genug Geld für eine blöde Portion Fish n' Chips zusammen hatte, musste mir das Schicksal nochmal 'nen Arschtritt verpassen. Ich stöhnte genervt. Lange würde meine Gitarre dieses Wetter...