Zwickmühle

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Die ganze nächste Woche war Lucy Natsu aus dem Weg gegangen. Sie kam immer kurz vor Unterrichtsbeginn und verschwand nach dem Klingeln zum Ende der letzten Stunde sofort wieder. Ins Lehrerzimmer ging sie nur, wenn es wirklich nicht anders ging. Ansonsten fragte sie Mirajane ob etwas wichtiges Neues besprochen wurde.

Da sie sich immer noch nicht erinnern konnte, was nach dem unglaublichen Kuss mit einem gewissen Herren passiert war, wollte sie einfach nicht riskieren ihm über den Weg zu laufen. Das sie in ihren eigenen Klamotten aufgewacht war beruhigte sie schon einmal ungemein, aber der Rest blieb unklar. Und es war ihr einfach zu peinlich bei den anderen Lehrern nachzufragen. Die anwesenden männlichen Lehrer hatte sie von vornherein ausgeschlossen und Juvia kannte sie einfach noch nicht gut genug um mit ihr so etwas zu besprechen. Bei Levy hatte sie es versucht, doch diese hatte an diesem Abend selbst genug Gedächtnislücken, was Lucy nicht viel weiterbrachte. Gajeel war schon seit einigen Tagen auf einem Seminar und sie brachte es einfach nicht übers Herz ihn am Telefon danach zu fragen.

Theoretisch könnte sie noch Jenny fragen, doch vorher würde sie lieber ihren Job kündigen, als mit dieser Frau zu reden. Zu mal Jenny sie ein paar Mal auf dem Schulflur so angesehen hatte, als würde sie Lucy am liebsten erdolchen. Keine gute Grundlage für eine gemütliches Frauengespräch.

Also blieb Lucy wohl oder übel nichts weiter übrig als um Natsu einen riesigen Bogen zu machen und verzweifelt zu versuchen sich an den Abend zu erinnern. Am Mittwoch war ihre erste Begegnung mit Natsu seit dem Wochenende gewesen. Nja… Begegnung konnte man es nicht nennen. Zufällig war er Lucy um Flur entgegengekommen, obwohl sie davor eigentlich wie eine verrückte Spionin um die Tür gespäht hatte, ob der Flur frei war. Auf jeden Fall hatte Lucy bei seinem Anblick eine halbe Panikattake bekommen, sodass sie sich wie eine Verrückte umgedreht und laut in den Flur gerufen hatte.

„Was? Meine Schüler brauchen meine Hilfe? Ich komme sofort!“ Schließlich war sie wie von der Tarantel gestochen zu ihrem Klassenzimmer gerannt und hatte sich den ganzen Tag über nicht herausgetraut. Lucy war sich sicher, dass Natsu sie jetzt für eine Spinnerin halten würde. Schließlich hatte sie die Luft angeschrien.

Normalerweise konnte Lucy stolz auf ihr Selbstbewusstsein sein. Sie konnte sich durchsetzen, wenn sie wollte, ließ sich von niemanden einfach ärgern und stand für ihre Freunde ein. Vor ein paar Tagen hätte sie sich selbst noch als starke Frau angesehen, doch Natsu hatte sie komplett aus dem Konzept gebracht. Es war als hätte sie eine Zeitreise zurück zur Highschool gemacht, als sie noch keinem Jungen in die Augen schauen konnte und bei kleinsten Berührungen wie ein Ampelmännchen rot anlief.

Als endlich der Freitag anbrach und Lucy schon die Stunden zählte bis sie sich ein entspanntes Wochenende zu Hause machen konnte, ohne der Gefahr ausgesetzt zu sein Natsu über den Weg zu laufen, geschah das, was sie seit Tagen zu verhindern versuchte.

Mirajane hatte ihr in der Pause erzählt, dass Erza im Lehrerzimmer verkündet hatte, dass sich alle Lehrer, welche für das Musical zuständig waren, zu einer Besprechung treffen sollten. Man solle den Fortschritt des Stückes dokumentieren und einen Plan für die nächsten Wochen gestalten. Und wie nun mal Erza war…. Sie wollte diesen Plan noch vor dem Wochenende haben.

Aus diesem Grund stand Lucy nun seit geschlagenen 10 Minuten vor dem Vorbereitungsraum des Fachbereiches Musik. Sie wusste sie würde nicht drum herum kommen. Außer sie wollte, dass Erza ihr eine Standpauke hielt. Lucy schüttelte sich. Ihre Direktorin konnte echt gruselig sein. Sie saß in der Falle. Mit Natsu eine Stunde lang in einem kleinen Raum verbringen oder einen Wutanfall von Erza erleben?

Die Angst vor Erza überwiegte drastisch, jedoch zögerte Lucy immer noch den Raum zu betreten. Unruhig lief sie vor der Vorbereitung den Gang auf und ab. Ihr einziger Lichtblick war Juvia. Diese kümmerte sich nämlich um die Kostüme der Gruppe und würde deswegen auch bei der Besprechung anwesend sein. Jedoch war auch Juvia nicht gerade die beste Busenfreundin um in so eine Situation zu gehen. Sie interessierte sich eigentlich nicht für viel, außer für Gray und hielt sich dementsprechend auch raus. Also war sie für Lucy als Rückendeckung eher ungeeignet.

Ruckartig unterbrach Lucy ihr Schritte und drehte sich zur Tür. Sie musste da wohl oder übel durch. Es gab schon schlimmere Situationen in ihrem Leben. Also warum hatte sie so eine Panik? Sie verhielt sich lächerlich. Sie war eine selbstbewusste Frau und sollte aufhören sich wie eine pubertierendes Mädchen zu verhalten.

Mit diesem Gedanken holte Lucy tief Luft und streckte ihren Rücken durch. Sie würde das hier überstehen. Hoffentlich auch ohne rot anzulaufen oder zu kichern. Mit einem kleinen Stoßgebet Richtung Himmel klopfte sie an und drückte die Türklinke herunter.

Auf ins Verderben.

Teach Me Fairy TailWo Geschichten leben. Entdecke jetzt