Flucht aus der Stadt

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Valtor hatte sich gerade angezogen, als der Eigentümer des Gasthofes schnell an jeder Tür klopfte und auf dem Gang schrie, dass alle seine Gäste der Reihenfolge nach kontrolliert werden würden. Die beiden Geschwister hatten weder Glück noch Pech. Kein Pech, weil sie nicht zu den ersten Zimmern gehörten, und kein Glück, weil sie nicht zu den hinteren Zimmern gehörten und dadurch weniger Zeit hatten, sich einen Fluchtplan zu überlegen.
Während Valtor überlegend hin und her ging, saß seine Schwester nur lächelnd im Fenster. Zur Not, dachte sich der Feuermagier, würde sie ihn opfern. Das würde er verhindern müssen. Valtor schüttelte den Kopf und ging erneut die Optionen durch. Die Soldaten waren nicht so blöd, dass sie nicht schauen würden, ob sich jemand eine Maske aufgesetzt hätte. Sie könnten versuchen über das Fenster zu fliehen, aber draußen wimmelte es nur von Soldaten. Die würden sofort Alarm schlagen. Vor die Tür gehen, kam natürlich gar nicht erst in Frage. Es war wirklich schwierig.
„Bist du endlich fertig?", fragte Celeste amüsiert.
Valtor blieb stehen und blickte sie wütend an: „Ist dir der Ernst der Lage klar? Wir müssen hier rauskommen."
Sie stand langsam auf und seufzte gespielt genervt. Dann ging sie in eine Ecke und zeigte nach oben: „Wie wäre es, wenn wir dieses Mal die Lüftungsschächte nehmen, Angsthase?"
Es wäre falsch zu behaupten, dass der Feuermagier nicht beeindruckt war. Mehr fragte er sich dennoch, ob sich Celeste wirklich dazu herablassen würde, in den Lüftungsschacht zu klettern. Mit ihrer Magie schaffte sie einen Durchgang und belegte ihren Bruder sofort mit einem Zauber, der ihn schrumpfen ließ und sofort im Lüftungsschacht absetzte. Danach fischte sie unter dem Bett eine Maus hervor und ließ sie zu einer monströsen Größe anwachsen. Schließlich folgte sie Valtor.
Die monströse Maus machte sofort Krach. Ihr Schweif schlug umher, während sie sich drehte, um ihre Umgebung zu erkunden. Die Soldaten bemerkten den Krach sofort und kamen schnell herbei gerannt. Celeste schnipste und die Maus rannte sofort auf die Soldaten zu. Wie es ausging interessierte die beiden Geschwister nicht mehr. Valtor wollte nur so schnell wie möglich weg von dieser Situation, die ihn nur in Schwierigkeiten bringen konnte, und übernahm die Führung. Es ging gerade aus, nach oben und unten, nach links und rechts, bis sie schließlich erstaunlich schnell nach draußen gekommen waren. Schnell bemerkten sie die Aufregung, die sie durch die Monstermaus erzeugt hatten. Überall patrouillierten die Soldaten, weil sie die Beiden schon überall vermuteten. Die Frage war nur, ob ihnen überhaupt bewusst war, wer ihr Gegner war. Celeste wagte dies noch zu bezweifeln. Aber auch sie sollte ihre Überraschung erleben.
„Was jetzt?", fragte Valtor und sah sich um. Noch bevor seine Schwester etwas antworten konnte, sprang eine braune Katze vor die beiden und schrie einen Kampfschrei aus. Ihre Augen blitzten auf, als sie sich den beiden näherte. Nur von den Soldaten wurde sie keineswegs beachtet.
„Weist du was?", sagte Valtor, weil er plötzlich eine Idee hatte, „Bleiben wir einfach klein."
Er verpasste der Katze sein Zeichen, sie wand sich und legte sich vor den verkleinerten Geschwistern nieder. Schon sprang er auf die Katze drauf und Celeste folgte ihm. Ein spöttischer Kommentar ihrerseits durfte trotzdem nicht fehlen: „Wow, du wirst tatsächlich auch einmal aktiv."
Valtor lenkte die Katze durch die Straßen, bis sie den Rand des Dorfes erreicht hatten. Überall waren ihnen Soldaten begegnet. Manche hatten sogar versucht, die Katze wegzuscheuchen, aber keinem war aufgefallen, dass da nicht nur eine Katze war. Als sie das Dorf schon einige Minuten hinter sich gelassen hatten, steuerten sie die Katze noch über eine Brücke, die über einen Fluss führte. Dort wurden die Reisenden wieder groß und der Magier nahm den Zauber von der Katze, die sofort das Weite suchte. Danach konnten sie ihren Weg fortsetzen.
Nun ging es nur noch aufwärts. Einen Tag voller Hügel hatten sie noch vor sich, bevor die Erde noch mehr zum Silbernen Gebirge anstieg. Einen Tag, an dem sie unbedingt einen Vorsprung zu den Soldaten Dominos herstellen mussten. Nur dieses Mal konnten sie sich nicht in den Schatten eines Waldes verstecken. Vor ihnen lag nur eine Hauptstraße und viel hohes Gras.
Deshalb war es auch nicht verwunderlich, dass die beide schon bald ein seltsames Gefühl beschlich.
Nur flüsternd sagte Celeste, was beide schon dachten: „Wir werden verfolgt."
Valtor nickte nachdenklich. Da blieb die Hexe plötzlich stehen und drehte sich um. Ihr Bruder tat es ihr gleich.
Nicht weit von ihnen lief ein Mann mit Hut und Sonnenbrille. Er lächelte, als würde er einfach nur das schöne Wetter genießen. Aber sein Lächeln verwandelte sich in ein Grinsen. Er blieb stehen und rief: „Ihr habt euch ein gefährliches Pflaster ausgesucht, Großhexe Celeste. Was wollt Ihr auf Domino?"
Die Hexe knurrte und antwortete: „Das kann Ihnen egal sein, Agent Juste. Gehen Sie, bevor Sie das gleiche Schicksal ereilt wie Ihre Schützlinge."
Valtor beobachtete den Mann. Er verzog nicht die Miene. Er bereitete dem Feuermagier noch mehr Unbehagen, als es seine Schwester tat. Er konnte nur noch nicht sagen, was genau an diesem Mann ihm Sorgen bereitete.
Schließlich nahm Agent Juste seine Sonnenbrille ab und steckte sie in aller Seelenruhe in seine Jackentasche. Dann lachte er und antwortete: „Das waren nicht meine Schützlinge. Sie waren nur Figuren in meinem Fangespiel mit Euch, Großhexe. So wie alle Junior-Agenten vor ihnen. Ich werde vorerst gehen. Aber nun, da ich weiß, dass Ihr hier seid, werde ich Euch nicht mehr in Ruhe lassen. Was auch immer Euer Plan ist, ich werde ihn vereiteln."
Mit diesen Worten preschte er nach vorne und rammte seine Faust in Valtors Magen. Dieser fiel auf die Knie und schnappte nach Luft.
„Du bist mir nicht gewachsen", sagte der Agent und schoss eine weiteren Zauber auf Celeste, die immerhin noch ausweichen konnte, aber plötzlich von den Füßen gerissen wurde, als der Zauber wie eine Bombe hinter ihr in der Erde einschlug. Der Agent lachte: „Gut, dann kann ich meinen Bericht ja abgeben."
Mit diesen Worten verschwand er in einer Teleportation.
Celeste knurrte erneut: „Dass der sich nochmal auf eine Mission begibt...Das macht die Sache doch etwas komplizierter."

Das silberne GebirgeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt