Ich versuche Teo alleine zu erwischen, aber das ist schwerer als erwartet. Egal ob im Unterricht, in den Pausen oder wenn er auf dem Weg nach Hause ist, er ist nie alleine. Immer hat er Elena und ihre Freunde an seiner Seite.
Jedesmal wenn ich sie zusammen sehe, werde ich wütend.Abgesehen vom Äußeren frage ich mich, was sie haben, das ich nicht habe.
Es muss ihr Lachen sein. Die Mädchen lachen immer. Ich lache nie.
Vielleicht macht es Teo glücklicher, wenn er lachen kann.
Vielleicht ist Teo glücklicher mit ihnen.Erst in der nächsten Woche passiert es, dass ich Teo alleine sehe. Ich knalle meinen Spind zu und laufe ihm hinterher, bis ich bemerke, dass er zur Toilette läuft.
Ich zögere kurz, dann gehe ich hinter ihm rein.Ich erwische ihn dabei, wie er sich krampfhaft, fast schon verzweifelt, die Hände wäscht. Er schrubbt sie so sehr, dass sie rot werden.
Ich beobachte ihn einen kurzen Moment lang dabei und runzel die Stirn. Ich habe ihn das noch nie machen sehen. Was soll das?Als hätte ich irgendwas gesagt, schreckt er plötzlich hoch. Teo wird kreidebleich als er mich sieht und hört sofort auf, sich die Hände zu waschen.
"Was ist los?", will ich wissen und nicke mit dem Kinn auf seine roten Hände.
Teo stellt das Wasser ab. Er stützt sich auf dem Waschbecken ab und schaut mit gesenktem Kopf hinunter.
Er sieht plötzlich unglaublich traurig aus."Nichts, Milo", sagt er leise.
Ich weiß, dass das nicht wahr ist. Aber Teo und ich sind uns schon lange nicht mehr so nahe, dass ich seine Aussagen in Frage stellen kann.
Ich lasse das Thema widerwillig fallen und sage direkt das, was ich schon seit einer Woche loswerden will."Ich verstehe dich, Teo."
Bevor ich ausreden kann, schaut Teo plötzlich auf. Sein Mund öffnet sich fragend und in seinen Augen beginnt sich ein kleiner Funken Hoffnung zu bilden.
Ich will wissen, worauf."Ich kann verstehen, dass du mehr Zeit für dich brauchst und nicht immer auf mich aufpassen willst. Das kannst du haben. Du musst bei meinen Schlafattacken nicht dabei sein, ich werde auch alleine damit fertig. Alles was ich will ist, dich als Freund zurückzuhaben."
Ich habe nicht wirklich ausgesprochen, da erlischt der Hoffnungsschimmer in seinen Augen. Teos Schultern sacken in sich zusammen und er schaut wieder hinunter ins Waschbecken.
Ich fühle mich, als wäre ich komplett nutzlos.
Was habe ich diesmal falsch gemacht?"Gar nichts verstehst du, Milo", wispert er leise. Er schüttelt langsam den Kopf und dreht den Wasserhahn wieder auf.
"Dann rede mit mir. Was ist los mit dir? Was ist mit unserem Versprechen? Ich sitze jede Nacht alleine auf dem Dach und schaue mir die Sterne an, in der Hoffnung, dass du-"
"¡Déjalo ya!"
"Womit, Teo? Womit soll ich aufhören?"
Teo schlägt wütend mit der flachen Hand auf das Waschbecken. "Mir zu zeigen, was für ein Arschloch ich bin! Ich weiß das, Milo. Es tut mir Leid, aber ich kann das nicht!"
"Ich will doch nur, dass du mir sagst warum!", rufe ich frustriert. Ich habe Teo nie wütend erlebt. Teo ist zu sensibel um wirklich wütend zu werden. Aber dieses eine Mal scheint die Wut für ihn der einzige Ausweg zu sein.
Es klingelt.
Teo schaut an mir vorbei auf die Tür, als wünsche er sich nichts sehnlicher, endlich von mir wegzukommen. Er scheint aber zu realisieren, dass ich zwischen ihm und der Tür stehe, denn plötzlich lässt er die Wut los und seufzt niedergeschlagen."Du willst antworten?"
Ich nicke.
"Trifft mich heute Nacht auf dem Spielplatz."
Dann geht er an mir vorbei und verlässt lautlos die Jungstoiletten. Ich starre ihm hinterher, bis die Tür wieder zufällt.
Der Wasserhahn läuft immer noch.
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One Night Is All He Wanted
Teen FictionMexiko, 1983. Emiliano leidet unter Narkolepsie, im allgemeinen Munde auch als "Schlafkrankheit" bekannt. Er schläft in den ungünstigsten Momenten einfach ein - beim Essen, beim Spielen, beim Einkaufen mit seiner Mamá... Wäre da nicht sein bester Fr...