Die Schuld

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Mit unverhörbaren Knarren öffnete sich die Tür, das fahle Mondlicht fiel auf den Holzboden vor seinen Füßen. Dort wo es auf die Bretter traf, reflektierten die eingehämmerten Nägel träge sein Licht. Es schien als wären die beschienenen Bretter aus einer anderen Welt.
Sie hoben sich klar vom Dunkel des restlichen Raumes ab.
Wütend zog Ace sein rechtes Bein zu sich das ebenfalls im Mondlicht dagelegen und das es nicht verdient hatte diese Welt zu sehen. Oder vielleicht waarr es anders herum und die Welt verdiente nicht dieses Bein zu sehen. Da war er sich nicht sicher - nichtsdestotrotz zog er es an seinen Körper. Er schlang die Arme um seine beiden Knie und senkte den Kopf.
Er hatte dem Mann der so eben eingetreten war bisher keine Beachtung geschenkt, er hatte ja noch nichteinmal den Kopf gehoben um zu sehen wer da gerade gekommen war.
Er wusste, dass es unmöglich schon Luffy sein konnte. Und wenn er es nicht war, wusste es Ace nicht warum er den Kopf hätte heben sollen. Es gab keinen Grund für ihn seinen Kopf noch zu heben, außer für Luffy. Für Luffy, damit er glücklich war, damit er beruhigt war.
Damit seine Mühen nicht umsonst waren. Ohne dass er es bemerkt hatte, hatte sich bei dem Gedanken an seinen kleinen, widerspenstigen Bruder ein Lächeln auf seine Lippen geschlichen.
Sofort biss er die Zähne zusammen. Wie konnte er nur Lächeln nach einem solchen Tag!
Wie konnte er sich nur erlauben überhaupt noch zu Lächeln, es sei denn für Luffy?
Anstatt den Kopf erhob Ace seine Stimme : "Ist er wach?"
Im Zimmer blieb es still, doch Ace konnte die Anwesenheit des Mannes genau spühren der soeben die kleine Abstellkammer betreten hatte in der er kauerte.
Irgendwie erschien es ihm passend. Portgas D. Ace in der Abstellkammer. Gol D. Ace in der Abstellkammer.
Alles was er hier gesucht hatte, war etwas Ruhe. Vielleicht auch eine Flucht vor den triumphierend Gesichtern die ihn draußen erwarteten. Ace fühlte sich nicht triumphierend. Er hatte nicht triumphiert. Er war davon gelaufen. Er hatte ihn zurück gelassen. Er war schwach. So schwach. Viel zu schwach - ja er hatte sogar gerettet werden müssen!
Er biss die Zähne noch fester zusammen und zwang die aufsteigenden Tränen zurück.
Der Mann hatte sich bisher weder gerührt noch etwas gesagt. Von draußen an Deck drangen entfernte Stimmen an sein Ohr. Jede einzelne davon war ihm unbekannt. Sie schienen sich fröhlich zu unterhalten. Ansonsten war da nur der Wind der in die Segel bließ.
Der Klang schwerer Stiefel und die Abstände beim Gehen verrieten Ace, dass es sich bei der Person die soeben das Zimmer betreten hatte nur um einen Mann handeln konnte.
Und er wusste genau, dass er keine Lust hatte mit irgendjemand zu reden.
"Was willst du hier? Verschwinde!", knurrte er zwischen seinen Zähnen.
Er hörte jemanden ausatmen, dann setzen sich der Mann in Bewegung und Ace konnte sehen wie er sich aus dem Raum bewegte, dann hörte er auch schon die Schritte die sich entfernten.
Eigentlich war es pure Verschwendung seines Obersavtionshakis es in einer solchen Situation einzusetzen, aber er wollte darauf gefasst sein, was als nächstes passieren würde. Weitere Überraschungen waren unerwünscht.
Seit ihrer Rettung, hatte er mit kaum einer Menschenseele gesprochen, außer mit Luffy.
Ace hatte neben ihm gesessen bis sein kleiner Bruder vor Erschöpfung eingeschlafen war. Die letzten Tage mussten extrem anstrengend für ihn gewesen sein.
Die Türe quitschte erneut, dieses Mal etwas leiser bevor sie ins Schloss fiel und die Dunkelheit den Raum zurückgewann. Für einen Moment war es totenstill, während Ace den Atem anhielt,. Die Plötzlichkeit in der die Dunkelheit ihm umschlang, weckte böse Erinnungen. Dunkelheit hatte eine neue Bedeutung für Ace gewonnen.
Er war so mit sich und seinen Gedanken beschäftigt, dass er erschrocken zusammenfuhr. Zuerst war da leiser Atem, dann beinahe lautlose Schritte direkt neben ihm. Sie zerschnitten die Stille des Raumes als wären sie von der Lautstärke eines Orkans.
Die Wärme eines anderen Körpers direkt neben sich, ein Kopf der auf seine Schulter sank und abstehende Haare, die ihn unter der Nase kitzelten.
Noch bevor er wütend aufspringen konnte, sprach die andere Person leise zu ihm.
"Ace..."
Ungläubig riss Ace die Augen auf und starrte in die komplette Dunkelheit zu seiner rechten Seite. Dort, wo die Wärme und die Stimme herkamen. Dort, wo der Kopf noch immer auf seiner Schulter ruhte. Diese abstehenden Haare und diese Stimme.
Auch ohne den Mann neben sich wirklich sehen zu können, konnte Ace doch genau sein Gesicht vor sich sehen. Er hatte es oft genug gesehen. Oft genug beobachtet und genaustens betrachtet. Dieser Ausdruck in seiner Stimme, die Eindringlichkeit mit der er seinen Namen gesagt hatte, die Verzweiflung die in seiner Stimme mitschwang und das anschließende Schweigen - es schien ihm unerträglich. Brach ihm das Herz.
Gleichzeitig fiel in diesem Moment eine große Last von ihm. Erleichterung und Müdigkeit überfielen ihn so plötzlich, dass er meinte augenblicklich einzuschlafen.
Aber Ace zwang seine Augen nur noch weiter auf, als wäre er auf diese Weise in der Lage in der kompletten Dunkelheit der Abstellkammer etwas zu erkennen. Als würden sie ihm wenn er sie nur weit genau aufreißen würde den visuellen Beweis für das Unmögliche liefern. Natürlich zwecklos.
Er hob den kleinen Finger seiner linken Hand, eine schwache Flamme loderte auf. Mehr wie ein Teelicht - sie erleuchtete geradeso ihn und den Mann zu seiner rechten Seite.
Dort saßen sie ein paar Sekunden lang die sich dehnten wie Stunden, im Kreis seiner kleinen Flamme, während Ace den Mann fassungslos anstarrte. Dieser hatte nun ebenfalls den Kopf gehoben um ihn anzusehen. Ein erschöpftes, trauriges Lächeln umspielte seine Lippen.
"Ace.", sagte er erneut und dieses Mal hing seine Name nicht quälend in der Luft.
Er hatte seinen Namen sanft ausgesprochen, beruhigend. Ace konnte nicht verhindern, dass die Tränen über seine Wangen rannen, als er den älteren blonden Mann mit einem verzweifelten Schluchzen an sich riss.
"Marco!"
Erschrocken schob er ihn wieder von sich. Warmes, klebriges Blut.
Marco lächelte ihn nur weiter müde an.
"Du bist verletzt.", stellte er mit Entsetzen in der Stimme fest.
"Sie sagten, dass ich dich hier finde. Ich hätte beinahe einen Herzinfarkt erlitten, als ich dich nicht gleich auf dem Schiff gefunden habe.", erwiderte Marco mit ruhiger Stimme.
Ace konnte sich nicht erinnern Marco jemals verletzt gesehen zu haben. In den Jahren die sie nun schon zusammen zur See fuhren - Ace hatte beinahe angenommen der Kommandant der ersten Division seie unverwundbar.
Unweigerlich schüttelte Ace den Kopf. Kommandant der ersten Division. Wenn es denn überhaupt noch eine Division zu kommandieren gab, dachte er bitter.
"Deine Wunden- du brauchst einen Arzt-", er hörte seine eigene Stimme am Ende des Satzes brechen. Der Kloß ein seinem Hals drohte übermächtig zu werden, wollte sich nicht länger herunterschlucken lassen.
"Ich wollte dich zuerst sehen. Sicher gehen, dass es dir gut...dass du lebst.", flüsterte der blonde Mann zurück und zog Ace nun seinerseits in eine Umarmung.

Feuerkaiser [AcexMarco]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt