Mütter

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„Komm ich helfe dir jetzt!" sagte ich und stand auf. „Bleib doch bitte sitzen! Du bist so lange geflogen!" „Siehst du da hab ich lange genug gesessen!" lachte ich und ging mit ihr mit. „Geht's dir gut Süße?" fragte ich und nahm ihre Hand. „Selbstverständlich! Ich bin frei!" sagte sie und wand sich aus meinem Griff. „Mia..." „Was?" fragte sie etwas zu energisch. „Du bist nicht frei, du bist Mutter!" bemerkte ich und sie sah mich schockiert an. „Ich bin gerne Mutter!" „Es sagt auch keiner etwas anderes! Ich liebe es auch Mutter zu sein, aber es ist schon ziemlich einschränkend nicht wahr?" Ihre Augen weiteten sich. „Nein! Ich lebe meinen Traum!" „Wovon haben wir geträumt? Von einem Leben ohne Autos und Action?" Sie sah auf den Boden und wischte noch energischer die Gläser aus. „Ja. Das war mein Traum! Ich liebe mein Kind und meinen Mann. Ich bin gerne Hausfrau!"

„Ich nicht. Ich hasse es. Jeden Tag zuhause. Ich bin froh das ich dort in Tokio immer noch Kontakt zu den Autos habe und ich liebe es wie mein Kind sich dafür begeistert!" „Mein Kind soll nicht mit diesen Autos zu tun haben! Ich möchte das mein Kind eine gute Zukunft hat!" „Hatten wir je eine schlechte Zukunft?" „Oft! Ich meine, wenn man von einem Drogenboss verfolgt wird sind die Aussichten nicht ganz so rosig!" Ich begann zu lachen und stupste sie mit der Faust an der Schulter. „Was haben wir jetzt davon? Ein Leben ohne Zwänge, eine verdammt enge Familie und einen Freundeskreis auf den man sich mehr als nur verlassen kann. Von dem Geld reden wir nicht!" Sie lächelte. „Wir sind verdammt junge Mütter, wir sind noch keine 40! Komm schon Mia! Leb dein Leben!"

„Und Jack?" „Der hat eine verdammt gute Kindheit! Guck dir doch mal an wo ihr lebt! Denkst du jemand macht etwas mit dem Kind dessen Nachname O'Connor ist und der Onkel Toretto heißt? Zu uns gehören eben die Autos! Vor allem zu Brian! Also lass ihm sein Auto!" bat ich und sie nickte. „Ja du hast Recht, wenn ich ihn in Watte packe hilft das auch nicht, aber ich will doch nur das Beste!" Jetzt kullerte eine Träne über ihre Wange und ich wischte sie weg. „Weißt du was? Fahrt doch einfach mal zu einem Rennen, nur mal so!" Sie schüttelte den Kopf. „Autos ja, illegale Rennen nein!" „Auch gut! Aber zwing Brian jetzt nicht in diese Hausmann Rolle!" „Will ich ja gar nicht, ich will nur das Beste für Jack!" „Find ein Mittelmaß!"

Ich drückte sie an mich und küsste ihre Stirn. „Rock n' Roll!" lachte ich und trug die Gläser nach draußen. Brian stand in der Tür und grinste. „Darf ich mein Auto wieder her holen?" Mia nickte und streckte die Hände nach ihm aus. „Es tut mir Leid Baby!" Er drückte sie und verschwand dann. „Du wusstest dass er es noch hat!" lachte ich und winkte Jesse zu. „Selbstverständlich!" Dann kamen auch meine Mutter und Kate. „Oma!" rief Jesse begeistert und rannte auf meine Mutter zu. „Jesse!" sagte sie und hob mein Kind, ihr Enkel, nach oben. „Jesse ich hab dir was mitgebracht!" Meine Mutter holte ein großes Paket aus dem Auto und stellte es auf den Boden. Zu meiner Verwunderung bewegte es sich. „Kein Hund...bitte kein Hund!" stöhnte ich und sah zu Mia.

Kate begrüßte uns alle, aber ich konnte das Paket nicht aus den Augen lassen. „Mama komm schnell!" rief Jesse und winkte mich zu sich. „Hallo Mum! Was wird das hier?" fragte ich und umarmte sie. „Ein Geschenk für mein Enkel? Hallo mein Schatz!" Jesse öffnete das Paket und ich sollte Recht behalten. Ein Welpe wackelte freudig mit dem Schwanz. „Mum!" zischte ich und legte mein Gesicht in meine Hände. „Ein Hund Mama! Ein Hund!" Jesse griff sofort in die Box und hob den Hund heraus. Der saß auf der Wiese und schaute verwirrt herum. „Ich nenne dich Babbels!" zwitscherte Jesse und sie rannte mit dem Hund und Collin über die Wiese.

„Wie bekomm ich den ohne Papiere nach Tokio? Was ist denn das überhaupt für ein Hund?" Meine Nerven lagen schlagartig blank. „Die Papiere sind schon lange fertig! Ein Collie Welpe!" Meine Mutter war stolz über dieses Geschenk, ich jedoch sah meine Freizeit gefährdet. „Naja, wir könnten ja erst mal essen oder? Ich habe Tapas und Salat gemacht!" versuchte Mia die Situation zu retten. „Natürlich!" sagte Kate und rief die Kinder. Den Hund brachten sie an der ebenso neuen Leine mit. „Hat Dom etwas gesagt?" fragte ich und beobachtete Brian der die Auffahrt hochfuhr. „Nichts" entgegnete Mia und machte das Essen für die Kinder fertig.

Irgendwie fehlte er, wie immer wenn ich hier war. Jedes Mal hatte ich das Gefühl das er zur Perfektion fehlte. „Trauerst du ihm immer noch nach? Du hast doch einen Mann und vor allem ein Kind!" „Ich weiß Mum und ich trauere nichts nach!" Mia und Brian versuchten die Laune hoch zu halten, doch meine Mutter war heute wieder besonders schrecklich. Eigentlich hatten wir ein gutes Verhältnis gehabt, doch jetzt wo Jesse da war, wusste sie immer alles besser und ich machte alles falsch. Immer versuchte sie mich zu übertrumpfen, so auch der Hund. Jesse betrachtete Kate ebenfalls als Oma und das hasste meine Mutter. Jesse wusste von wem sie ihren Namen hatte und das Kate die Mutter dieses Mannes war, also war sie irgendwie auch ihre Enkelin.

Irgendwann fuhr im Nachbarhaus ein Auto in die Auffahrt. Dominic. Er kam ohne Umwege zu uns, begrüßte alle, außer meine Mutter. „Unverschämt. Nichts anderes. Ich bin so froh das meine Enkelin nicht deine Tochter ist!" schimpfte sie und strich Jesse über die Haare. „Es reicht!" knurrte ich und stand auf. „Ich hol mir mal einen Pullover!" In Dominics Gästezimmer setzte ich mich auf das Bett und sah in den Spiegel. Ich erkannte mich selbst nichtmehr. Irgendwie war alles anders. Vor ein paar Jahren stand ich eben hier und war zum schönen Schwan geworden. Jetzt stand ich hier und fühlte mich wie ein gerupftes Huhn.

„Traurig?" fragte jemand und ich drehte mich um. „Ein bisschen! Warum akzeptiert sie mich nichtmehr?" Dominic lehnte seinen Kopf gegen den Türrahmen und machte die Augen zu. „Ich gehe ins Bett. War ein langer Tag. Kümmre dich drum das die Kleine nachher nicht so laut ist ja?" „Du bist mir eine echte Hilfe Toretto!" Er grinste und ging. „Morgen Abend kommen ein paar Leute vorbei!" hörte ich seine Stimme aus dem Nebenzimmer. „Wer?" Nun stellte ich mich in seinen Türrahmen und ging gleich wieder rückwärts. „Entschuldige!" Da stand er, lediglich in seiner Boxershort. „Freunde!" „Welche Freunde?" „Ist eine Überraschung! Steck dein Kind ins Bett und danach kannst du ja die neue Badewanne testen. Sag deiner Mutter liebe Grüße von mir! Gute Nacht Julia Lue!" Er schloss die Tür und ließ mich nicht einmal antworten.

Noch eine halbe Stunde saß ich mit den anderen auf der Veranda. „Jesse es ist Zeit fürs Bett!" sagte ich und ging mit ihr in Dominics Haus. Erst in die Badewanne, dann gab es noch eine heiße Milch und eine Folge ihrer Lieblingssendung. „Darf ich im Zimmer von Onkel Dominic schlafen?" „Heute ist Onkel Dominic aber da Liebling!" kicherte ich und hob sie hoch. „Na und?" „Wir schlafen heute zusammen im Gästezimmer!" Ich legte sie hin, schaltete das Nachtlicht an und ging wieder zu Brian und Mia. Meine Mutter war ebenso gegangen, schließlich lag Jesse auch im Bett. Kate jedoch war geblieben und auch der Hund döste unter dem Tisch. „Ein Hund!" sagte ich nochmal ungläubig und strich über das weiche Fell. „Babbels!"

Mia lachte und winkte Brian der seinen Kopf aus dem Zimmer von Jack hielt. „Sie meint es nicht so Julia!" sagte Kate liebevoll und lächelte etwas gequält, „Mütter sind so!" Wir leerten insgesamt 3 Flaschen Wein und dann ging jeder seines Weges. Kate fuhr mit dem Taxi nach Hause, Mia und Brian eroberten ihr Schlafzimmer und ich ging in das Haus nebenan. Ich legte mich in das weiche Bett und schlief neben meiner leise atmenden Tochter ein.

Last WayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt