Rettung

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Ich wusste nicht, wie lange ich bereits geschlafen hatte. Als Takashi am Abend zurückkam, waren die Sonnenstrahlen jedenfalls von meinem Gesicht verschwunden, hatten der Dunkelheit wieder Platz gemacht. Takashi kam zu mir ans Bett. „Na meine Schöne, hast du gut geschlafen? Ich werde dich jetzt los machen und kann dir nur Raten ja keine Scheiße zu bauen. Meine Waffe ist hier ganz in der Nähe. Im Bad liegt eine kleine Überraschung für dich. Zieh sie an, mach dich hübsch und überschmink die blauen Flecken ein wenig. Wir wollen meinem Onkel doch keine verunstaltete Frau vorsetzten." Er strich mir wieder über die Wange. Ich konnte nichts dazu sagen. Heute Abend würde ich also meiner persönlichen Hölle für ein paar Stunden entkommen. Langsam band Takashi mich los. Ich hatte nicht vor mich zu wehren, denn gebracht hätte es nichts. Ich entstieg dem Bett, setzte einen Fuß vor den anderen. Schleppte mich förmlich ins Bad und schloss mich ein.

Der Spiegel vor mir zeigte mir die reine Wahrheit. Mein Gesicht war von Blutergüssen übersät. Meine Augen und meine Lippen waren wie durch ein Wunder zum größten Teil verschont geblieben. Doch es kamen keine Tränen. Mittlerweile, war mein Körper anscheinend selbst dafür zu kraftlos. Die Überraschung lag neben dem Waschbecken und entpuppte sich als ein langes, schwarzes Seidenkleid. Vorne hatte es einen Wasserfallausschnitt und der Rücken war zum größten Teil frei. Es war ein schönes Kleid, in jeder anderen Situation hätte es mir sicherlich gefallen, nur nicht in dieser. Ich beschloss erst einmal duschen zu gehen, fühlte ich mich doch so dreckig, so benutzt, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Das warme Wasser spülte mir förmlich die Schatten der vergangen Nacht herunter und erweckte die Lebensgeister wieder in mir. Ich musste stark sein, die Kälte aus meinem Körper vertreiben. Dom tauchte vor meinem inneren Auge auf. „Du bist eine Toretto. Niemand kann uns aufhalten oder uns besiegen. Wir sind stark und überleben alles. Vergiss das nie! Ich hab dich lieb!" Ja, ich war eine Toretto und würde auch diese Hölle überleben. Ich hatte Freunde wie Sean, Neela und Twinky die alles daran setzten mich zu retten. Ich hatte einen Freund, für den ich dies alles hier auf mich nahm und der genau das Gleiche für mich getan hätte. Ich stellte das Wasser ab, stieg aus der Dusche, schaute in den Spiegel. Mein Gesicht war immer noch entstellt, doch in meinen Augen erkannte ich nun wieder eine Stärke und keine Kälte mehr. Ich würde heute Abend mitspielen, Takashi gefallen. Vielleicht konnte ich mich so selbst retten. Nachdem ich meine Haare geföhnt hatte, ließ ich sie offen über meinen Rücken fallen. Neben dem Kleid fand ich auch noch Make-Up. Takashi hatte wirklich an alles gedacht, wie ich mit einem bitteren Lächeln feststellte. Die blauen Flecken und Blutergüsse versuchte ich so gut wie möglich abzudecken. Einigermaßen gelang es mir auch. Von weitem, konnte man sie zumindest nicht mehr erkennen. Die Striemen an meinem Hals waren nicht so rot, wie ich befürchtet hatte. Sie ließen sich leicht überschminken. Meine Augen verwandelte ich in Smokey Eyes und trug Lippenstift auf. Das Kleid umschmeichelte meinen Körper. Ich war fertig. Fertig für den Kampf meines Lebens. Und ich würde ihn gewinnen.

Takashi küsste mich, als ich aus dem Bad trat. In seinen Händen hielt er schwarze, hohe Schuhe. „Hier, die sind noch für dich meine Süße. Dann siehst du perfekt aus. Die blauen Flecken und die Blutergüsse sind ja auch verschwunden. Das hast du gut gemacht." Ich nickte ihm nur freundlich zu. Er zog mich wieder zu einem Kuss an sich heran. Han kam mir in den Sinn. So konnte ich auch diesen Kuss überstehen. „Müssen wir nicht langsam los? Dein Onkel sieht es bestimmt nicht gerne, wenn wir zu spät kommen." „Da hast du absolut Recht". Takashi nahm meine Hand. Wir fuhren mit dem Aufzug herunter, stiegen in den Nissan und rasten durch Tokyo. Die Stadt empfing mich, mit ihrem mir vertrauten Lichtermeer. Ja, Tokyo hatte mir Glück gebracht, aber auch unendliches Leid. Hoffentlich, hatten Sean und die anderen alles bis heute geschafft. Viel Zeit war ihnen ja nicht geblieben...

Wir hielten vor einer Bar, die in einer Seitenstraße lag. In der Straße standen nur zwielichtige Gestalten, die mich lüstern musterten. Takashi verbeugte sich vor den Sicherheitsleuten seines Onkels. Ich tat es ihm gleich. Die Kneipe war von innen traditionell gehalten. Viel dunkles Holz, helle Lichter und braunen Ledersofas. Auf einem dieser Sofas saß der Onkel von Takashi. Er trug einen ziemlich teuren, dunklen Anzug und zog genüsslich an seiner Zigarre. „Konban wa oji-san." (Guten Abend Onkel). Während Takashi dies sagte, fiel er in eine tiefe Verbeugung. „Konbon wa. Takashi. Wer ist die junge, hübsche Dame an deiner Seite?" Ich trat ein Stück hervor. „Konbon wa. Watashi wa Serena. Hajime-mashite."( Guten Abend. Mein Name ist Serena. Ich freue mich ihre Bekanntschaft zu machen.) „Oh, die junge Dame spricht auch noch perfekt Japanisch. Sie sind aber nicht von hier oder?" „Nein, ich komme aus Amerika und lebe seit vier Monaten hier." Ich lächelte ihn freundlich an. Wie hätte ich mich auch sonst verhalten sollen? Vor Takashi's Onkel hatte ich wirklich Respekt. „Sind sie die Freundin meines Neffen?" Ich wollte gerade antworten, als Takashi mir zuvor kam. „Ja, das ist sie und wir sind sehr glücklich." „Das freut mich sehr mein Junge. Kommt setzt euch zu uns. Trinkt etwas mit mir." Wir taten wie befohlen. Takashi setzte sich gegenüber von mir. Ich nahm neben seinem Onkel Platz. Wir stießen mit Sake an. Ich hasste diesen Schnaps. Er brannte in meiner Kehle, doch ich machte gute Miene zum bösen Spiel. Die Männer am Tisch fingen an über das Geschäft zu reden. Somit hatte ich zum ersten Mal an diesem Abend die Chance, in meinen Gedanken zu versinken. Lange hielt die entspannte Stimmung jedoch nicht an. Es wurde unruhig in der Bar und kurz darauf erkannte ich auch den Grund. Sean war hier.

Die Hoffnung in mir wuchs weiter an. Sie hatten es also rechtzeitig geschafft. Mich hielt nichts mehr auf meinem Platz und ich ging ihm entgegen. Takashi stand ebenfalls auf. „Schön dich zu sehen", flüsterte ich ihm leise zu. Takashi verdrängte mich von meinem Platz und stellte sich genau vor Sean. „Hier bist du völlig falsch." „Ich bin nicht gekommen um dich zu treffen." Sein Onkel mischte sich nun in das Gespräch. „Takashi, wer ist der junge Mann?" „Niemand der sie interessieren müsste Onkel. Ich werde mich um ihn kümmern.", antwortete Takashi. Sean dachte jedoch nicht daran, sich von Takashi abspeisen zu lassen und ging auf Kamata zu. „Ich habe hier etwas, was ihnen gehört." Einer der Mitarbeiter hielt ihn auf und schaute in die Tasche. In der Tasche befand sich das gestohlene Geld. Sean hatte es also gefunden. Wo wusste ich nicht, aber es war mir in diesem Moment auch vollkommen egal. Der Diener brachte die Tasche zu Kamata. Er schaute hinein und sagte: „Du denkst, du kannst hier einfach reinlaufen, lieferst mir Beutel mit Kohle und dann gehste wieder." „Ich wollte ihnen erst Mal das wieder geben, was ihnen sowieso gehört Sir.", hörte ich Sean sagen. „Aber das ist nicht der einzige Grund weshalb ich hier bin. Ich bin gekommen um mich zu entschuldigen. Ihr Neffe und ich haben uns nicht sehr rühmlich verhalten." Takashi bekam es anscheinend mit der Angst zu tun, denn er sprach dazwischen. „Hör nicht auf ihn." Sein Onkel hörte jedoch nicht auf ihn. „Takashi, ich bestimmte wem ich zu höre, und wem nicht." „Natürlich Onkel", sagte Takashi schnell und verbeugte sich. Langsam bereitete mir die Situation immer mehr Angst, denn keiner von uns konnte wissen, wie Kamata auf Sean's Vorschlag reagieren würde. „Sir, ich bin hier um ihnen eine friedliche Lösung vorzuschlagen." Takashi schaute ihn hasserfüllt an. „Und wie bitteschön willst du das anstellen?", fragte sein Onkel. „Ein Rennen." Der Chef der Yakuza fing an zu Lachen. Langsam sah ich unsere Chancen davonschwimmen. Doch Sean probierte es unermüdlich weiter. Ich bewunderte ihn dafür. „DK und ich haben ihnen nur Probleme bereitet. Und uns beiden auch. Ich bitte sie uns zu erlauben, das ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen. Wir fahren ein Rennen. Der Verlier verlässt endgültig die Stadt und der Gewinner bekommt Serena." „Oh, haben sie auch Interesse an der jungen Dame? Sie ist wirklich hübsch". „Ja, das habe ich Sir". In Takashi's Augen konnte ich wieder die unbändige Wut erkennen. „Ich habe ihn schon einmal geschlagen.", schrie er wütend. Sein Onkel antwortete nur: „Gut. Dann müsste es ja einfach sein ihn noch einmal zu schlagen. Takashi sucht die Strecke aus. In einer Stunde treffen wir uns dort." Sean nickte und verließ die Bar.

Unsere Gruppe verließ die Bar ebenfalls. Mir wurde befohlen mit Kamata im Mercedes mitzufahren. Unsere Fahrt führte uns in die Berge. Ich kannte diese Strecke von meinem Training mit Han. Sie war keinesfalls leicht zu fahren. Vor allen Dingen, hatte Han mir erzählt, das es Takashi's Berg war. Vor ihm war noch Niemand heil unten angekommen.

Tokyo, where the world turns into lightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt