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Jungkook

Es war ein gewöhnlicher Samstagmorgen, den ich, so wie es nun mal üblich war, mit meiner Lieblingsbeschäftigung verbrachte.

Mit der Musik, die leise im Hintergrund spielte und auch für Inspiration sorgte, sowie mit dem hellen Licht, das von draußen durch das Fenster auf meinem Block fiel, zeichnete ich summend eine Faust, die die Macht des Menschen darstellen sollte.

Sehr selten hatte ich schon von Anfang an eine Vorstellung von dem, was für ein Bild ich als nächstes aufs Blatt Papier wiedergeben wollte und in Anbetracht meiner bereits vollen Sammlung an Zeichnungen wurde es immer schwieriger überhaupt etwas zu finden, dass meinen alten Entwürfen nicht zu sehr ähnelte. So passierte es oft, dass ich in mich hineinkehrte und vorerst über alle möglichen Dinge nachdachte, die mich irgendwie beschäftigen oder auch nur unauffällig meine Gedanken durchkreuzten, wodurch sich häufig eine Idee fürs Zeichnen entwickelte.

Scheinbar war heute wieder solch ein Tag, an dem ich innehielt und meinen Gedanken nachhing, bevor ich dann meinen Stift aufs Papier ansetzen konnte.

Ich hatte mich seufzend ans Fenster gesetzt und schaute hinaus zur Welt, die sich durch die Hauswand von meiner abtrennte. Zwar war es immer dieselbe Kulisse, die sich von meinem Fenster aus erstreckte, jedoch waren es immer andere Schauspieler, die die verschiedensten Rollen einnahmen und spielten. Senioren, die ihren morgigen Spaziergang genossen und hin und wieder mit anderen in ein Gespräch fielen, junge Erwachsene, die joggen gingen und Kinder, die lachend um die Wette rannten, waren heute zu sehen. Sie alle sorgten auf einer unerklärlichen Weise für eine beruhigende Atmosphäre in meinen vier Wänden.

Ich legte meine Unterarme auf meine Fensterbank, ehe ich meinen Kopf dann auf meine linke Hand abstützte und als ein stiller Beobachter das Gesamtbild auf mich wirken ließ. Nette, unscheinbare Gesten bekamen meine Aufmerksamkeit und gaben mir erneut die Erkenntnis wie stark eigentlich solche Kleinigkeiten den Menschen gegenüber beeinflussen konnten.

Eine ältere Dame ließ versehentlich ihre Einkäufe fallen und der nächste Jogger, der um die Ecke bog, half ihr diese wieder einzusammeln, wofür die Dame ihn dankbar und glücklich anlächelte.

Der Mensch selbst, ist zu vielem fähig, von den Wundern und den Guten in dieser Welt, bis hin zu den grauenhaften Taten, die sie anrichten könnten und manchmal reichte schon eine kleine Geste oder auch nur passende Worte, um etwas in einer Person zu bewirken, so wie ich es gerade beobachten konnte. 

Sei es nun bewusst oder unbewusst, das spielt dabei gar keine Rolle.

Bei tragischen Schicksalsschlägen können wir der Auslöser sein, ohne es zu wissen. Das Gesagte kann genauso viel Schaden anrichten wie die Faust, die manchmal aus Frust und Wut bei Meinungsverschiedenheiten eingesetzt wird, allerdings habe ich den Anschein, dass es nicht jedem immer bewusst war.

Viele handeln unüberlegt und bereuen schließlich erst viel zu spät ihre Taten, doch der Zug, diesen Fehler dann zu korrigieren, schien schon längst abgefahren zu sein.

Wiederrum gibt es Menschen, die sehr wohl überlegt handeln, weil sie Angst haben eine falsche Entscheidung zu fällen. Weil sie sich dessen bewusst sind, dass sie etwas komplett verändern oder auch 'nur' einen Teil einer Veränderung beitragen können, sobald sie ihre Entscheidung bekannt gaben.

Ob sich die Entscheidung nun zum Positiven oder Negativen wandelt, ist nicht immer vorhersehbar.

Und dann begehen wir möglicherweise einen Fehler, etwas, wovor viele Menschen sich fürchten.

Dabei sind doch Fehler etwas, was uns Menschen erst menschlich macht. Wir machen sie, sehen dann ein, dass wir einen Fehler gemacht haben und lernen draus.

Es ist okay.

Es ist normal und jeder Mensch darf mal hin und wieder eine Fehlentscheidung treffen und trotzdem, obwohl jeder weiß, dass Fehler im Grunde genommen nichts Schlimmes sind, haben wir Angst davor, sie zu machen.

Wie kompliziert das menschliche Denk- und Verhaltensmuster doch ist, nicht wahr? Doch genau das macht uns so interessant und ließ mich letztendlich zum Entschluss kommen, was ich heute für ein Bild aufs Papier bringen wollte. Mit großer Begeisterung drehte ich mich vom Fenster weg und nahm an meinem Schreibtisch platz, bevor ich meine Utensilien rausholte und keine Sekunde später auch schon anfing die ersten Linien aufzumalen.

Gerne zeichnete ich Dinge, in denen man alles Mögliche hineininterpretieren konnte, was es überhaupt erst faszinierend machte und meiner nachdenklichen Art ziemlich ähnlich sah. Jeder Mensch ist anders, interpretiert anders und versteht anders. Sich alle Perspektiven anzuschauen wie man gewisse Details verstehen könnte, ist wesentlich Interesse weckender, als das man sich nur auf eines der vielen konzentriert.

Die Zeit verflog wie im Flug, doch davon hatte ich wie immer nichts mit bekommen. So vertieft war ich in meine Arbeit.

Zum letzten Mal setzte ich den Stift an und vollendete mein Werk mit einer schwungvollen Bewegung, bevor ich zum ersten Mal wieder aufschaute und meine Umgebung wieder wahrnahm. 

Kurze Zeit später betrachtete ich das Bild eine Weile und war, so wie oft, in meinen Gedanken versunken. Ein kurzes Lächeln huschte über meine Lippen; ich war darauf stolz, mal wieder etwas geschafft zu haben.

Plötzlich ertönte ein Hupen.

Ein wenig konfus schnellte mein Kopf in die Höhe und ein Umzugswagen, der gegenüber meinem Hause parkte, gewann meine Aufmerksamkeit.

Nachdenklich zog ich die Stirn kraus.

Neue Nachbarn?

°Love Maze
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Love Maze| ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt