Empört schnaufte Nora und biss sich auf die Unterlippe, um nichts unüberlegtes zu erwiedern. Das würde Jake ihm niemals abkaufen. Sie würde einfach morgen mit ihm reden und dann würde sich die Sache von selbst erledigen. Triumphierend grinsend verschränkte Nora die Arme vor ihrer Brust und sah kurz hinüber zu der jungen Blondine, die noch immer halb auf dem Schreibtisch lag.
»Wenn ihr beiden jetzt bitte den Mitarbeiterbereich verlassen würdet?«
Das blonde Mädchen sah kurz zu Joseph, wie als würde sie seine Zustimmung abwarten. Dieser nickte ihr in einer kurzen Geste zu und versank dann seine Hände in seinen Hosentaschen. Kurz wartete er bis seine anscheinende Auserwählte für diese Nacht sich vom Tisch erhob und setzte sich dann in Bewegung.
Vor Nora verharrte er kurz. Diese machte langsam und provokant einen Schritt zur Seite, um ihm den Weg freizugeben. Als schließlich dann auch die Jugendliche an ihr vorbei den Weg nach draußen gefunden hatte schloss Nora einen Moment die Augen, um das ganze Wirken zu lassen.
Sie hatte wirklich gerade Joseph dabei erwischt, wie er an seinem aller ersten Tag hier schon eine der Besucherinnen abschleppte und er hatte wirklich vor sie dafür anzuschwärzen?!
***
»Er hat mir schon von euren Auseinandersetzungen am gestrigen Abend mitgeteilt, Nora. Ich kann ja verstehen, wenn du ihn nicht magst. Das ist nunmal manchmal so. Man mag eben nicht jeden. Aber deswegen Lügen über ihn zu verbreiten, damit ich ihn feuere, ist nicht in Ordnung. Ich dachte das wüsstest du. Wir müssen nunmal lernen unser Privatleben vom Beruflichen zu trennen. Also bitte versuch von nun an eine Hilfe für ihn zu sein und versuche nicht mir irgendwelche Lügengeschichten über Joseph und irgendwelche Besucher zu erzählen. Ich weiß ja jetzt warum du das machen wolltest, also geb' dir gar nicht erst die Mühe.«
Geschockt und frustriert sah Nora ihren Arbeitgeber Jake an. Was zur Hölle hatte Joseph ihm erzählt?!
»I-ich.. also.. so war das ja gar nicht..«,versuchte die zur Rede gestellte nun sich zu Erklären.
»Ist schon okay. Ich kenne dich und ich weiß, dass das nur eine einmalige Sache gewesen sein wird. Aber lass es in Zukunft bleiben.«
Nora wollte gerade etwas erwidern, da klingelte das Telefon der Chapple. Jake entschuldigte sich für das abrupte Ende der Konversation und ging, um den Anruf entgegen zu nehmen. Nun stand Nora alleine da.
Joseph konnte sich auf lustige kommende 12 Monate gefasst machen, da war Nora sich sicher. Sie würde ihm schon zeigen, was er davon hatte sich mit ihr anzulegen. Erst recht wenn es um ihre Ausbildung und die Beziehung zu ihrem Arbeitgeber ging. So schnell würde er ihr nicht davon kommen.
***
Seit zwei Wochen ignorierte Nora ihn nun schon. Jeden Tag sah sie, wie Joseph am Ende seiner Schicht mit einem anderen blonden Mädchen die Chapple verließ. Am Anfang hatte sie noch versucht die Mädchengruppen subtil darauf hinzuweisen, sich nicht mit Joseph einzulassen, aber im Endeffekt hatte es nie etwas gebracht. Und komischerweise sah sie auch nie eines der Mädchen ein zweites Mal hier aufkreuzen. Sie hatte gar nicht erst versucht Jake erneut darauf hinzuweisen, denn sie wollte es nicht noch schlimmer machen, als es eh schon war. Sie war gerade eher froh, dass Jake nicht von ihr verlangte Joseph wirklich zu helfen.
Sie hatte schon des öfteren über andere Möglichkeiten nachgedacht es Joseph irgendwie heimzuzahlen, oder ihm mal eine seiner Auserwählten auszuspannen. Aber wirklich etwas in die Tat umgesetzt hatte sie noch nie.
Gerade als die Brünette ihren Schlüsselbund ablegen und in ihrem Regalfach im Mitarbeiterraum deponieren wollte, wurde sie durch Joseph unterbrochen, der mit einem lauten Tritt die Tür aufschwang.
Ruckartig drehte Nora sich um, in dem Erwarten eigentlich Jake anzutreffen. »Gott, hast du mich erschreckt.«
Als sie jedoch an der Person hinaufblickte bemerkte sie, dass es nicht Jake war, der da vor ihr stand.
»Ich bevorzuge es eher, wenn mich Leute nur in ihrem Schlafzimmer so nennen.«
Joseph..
Grinsend lehnte er sich an den Türrahmen und ließ seinen Blick über Nora gleiten.
»Wann fängst du endlich an mal etwas anderes als schwarze Hoodies zu tragen? Wird das nicht langsam warm? Und wirklich was von dir sehen kann man so ja auch nicht.«
Nora verengte ihre Augen zu schlitzen. Kurz überlegte sie, ob sie wirklich einen Kommentar zu seinem letzten Satz abgeben sollte, entschied sich dann aber dagegen. Noch so jemanden, der Kommentare über ihr Gewicht machte, brauchte sie echt nicht.
»Naja wie auch immer. War schön mal wieder mit dir geredet zu haben.«
Angesprochene stand nach wie vor da und rührte sich nicht. "geredet zu haben"? Sie hätte ja gar nicht erst etwas gesagt, wenn sie gewusst hätte, dass er es war, der sie so erschreckt hatte.
Gerade durchzuckte sie der Gedankengang Joseph darauf anzusprechen, warum er denn immer nur die Blondinen mit zu sich nahm, doch da hatte er sich auch schon seinen Parker geschnappt und sie alleine im Raum zurück gelassen. Tolles Gespräch.
***
Am Dienstagabend reichte es Nora dann. Als Joseph die Chapple mit Erika, einem blonden, schlanken Mädchen, verließ schnappte Nora sich ihren schwarzen Sweater und folgte ihnen. Das Schließen der Chapple würde dann heute mal ihre Arbeitskollegin übernehmen.
Schnell warf sie sich ihren Sweater um und zog den Reißverschluss bis zum Anschlag nach oben, als sie Joseph und der Blondine durch den Ausgang des Einkaufszentrums nach draußen folgte. Es war zwar mittlerweile Juli, aber die Abende waren oftmals noch kalt und windig.
Sie hielt gute 20 Meter Abstand zwischen sich und den Beiden, nur um sicher zu gehen, dass sie nicht entdeckt werden würde. Hören konnte sie die Unterhaltung der beiden so aber auch nicht. Kurz überlegte sie, sich den beiden zu nähern, aber die Tatsache, dass sie gerade durch eine Wohngegend voller Hochhäuser und wenig Möglichkeiten zum schnellen Verstecken oder Flüchten liefen, ließ sie dann doch von diesem Gedanken ab.
Wohin genau folgte sie ihnen eigentlich? Sie wusste ja nicht ein mal wo Joseph wohnte. Ging sie also gerade aus Versehen mit zu seiner Wohnung? Sollte sie das nicht dezent komisch finden?
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Just Joseph [German]
VampireWie jede gute Geschichte beginnt Nora Vester's Geschichte mit einer neuen Person, die in ihr Leben tritt - Joseph.