»I-ich.. also.. so war das doch gar nicht.«
Nora schoss erneut die Röte ins Gesicht. Wie hatte er das überhaupt bemerkt? War sie so auffällig gewesen?
Jetzt war auch keine Zeit mehr über die Warum's nachzudenken.
»Ich wollte nur wissen was mit den ganzen Blondinen passiert, nachdem du sie abschleppst! Ich konnte ja nicht wissen, dass du so kinky drauf bist und andererleut's Blut trinkst!«
Kurz entglitten Joseph seine sonst so gefassten Gesichtszüge und er guckte etwas irritiert. Dann fing er sich wieder, da er verstand wovon Nora da redete.
Er beugte sich etwas nach vorne, sein Kopf jetzt rechts neben ihrem. Sein Mund ganz nah an ihrem Ohr.
»Tja, jetzt weißt du es. Dann muss ich es ja nicht mehr vor dir geheimhalten.«
Nora durchfuhr ein Schauer, der ihr alle Härchen zu Berge stehen ließ. Nur ein erschrecktes glucksen verließ ihre Lippen, als Joseph langsam den Weg von Noras Ohr zu ihrem Hals fand und seine warmen Lippen auf eben diesen legte und sanfte Linien daran entlang küsste.
Gebannt biss Nora sich auf die Unterlippe. Was auch immer das war, sie wollte mehr davon.
Doch zu ihrem Unglück hatte Josephs Mund seinen Weg schon wieder zurück zu Noras Ohr gefunden.
»Aber du magst das sicher nicht. Viel zu kinky für dich.« Die Wärme, die Nora bis gerade eben noch umgeben hatte, war weg und Joseph stand nun wieder ein paar Schritte von ihr entfernt und grinste sie an, als wäre nie etwas von alledem gerade passiert.
»Also dann, ich muss los. Man sieht sich, Elionora.«
Er trat an ihr vorbei und sie rückte instinktiv etwas zur Seite, damit er die Tür öffnen konnte.
Was war da gerade passiert?
***
Als sie am nächsten Tag in die Chapple kam war Joseph nicht da. Bei Jake wollte sie sich gar nicht erst danach erkundigen, da ihr ihre Beobachtungen vom vorherigen Tag noch immer nicht aus dem Kopf gingen.
Was auch immer die beiden für eine Verbindung zueinander hatten, sie kannten sich sicherlich schon länger und Nora war sich gar nicht mehr so sicher, ob sie das alles überhaupt wissen wollte. Es war alles einfacher gewesen ohne Joseph.
Sie sehnte sich nach ihrem monotonen Alltag und Gedanken, die sich nicht um Themen drehten, die sie eh nicht verstehen konnte geschweige denn wollte. Aber etwas war da an Joseph, dass ihr keine Ruhe ließ. Natürlich hatte sie schon darüber nachgedacht, was ihr Traum zu bedeuten gehabt hatte. War sie vielleicht einfach sexuell interessiert an ihm? Das würde zumindest dieses Gefühl und dieses aufgewühlte Gefühl erklären, dass sie immer hatte, wenn ihre Gedanken ihren Weg zurück zu Joseph fanden. Aber eigentlich wollte sie doch gar nicht über ihn nachdenken. Sie würde niemals ein normales Gespräch mit ihm führen können, geschweige denn über privatere Themen sprechen. Wie er und Jake sich kennen gelernt hatten zum Beispiel. Aber sie wusste ganz genau, dass Leute wie er und Leute wie sie solche Konversationen einfach nicht führen konnten. Das war schon immer so gewesen und Nora zog auch nicht in Betracht, dass sich dies jemals ändern würde.
***
Am darauffolgenden Tag war erneut keine Spur von Joseph in der Chapple zu sehen. Nora konnte nicht anders, als über den Grund seiner Absenz zu rätseln. Da schwirrten viele abstruse Gedanken in ihrem Kopf umher, aber keine einzige klang wirklich plausibel in Noras Kopf. Bliebe noch die Frage warum es sie überhaupt interessierte, aber was hatte sie schon anderes zutun an einem Freitag Vormittag?
Seufzend lehnte sie sich an den Tresen am Eingang und sah auf die große, schwarze runde Analog-Uhr über dem Eingang. Noch zwei Stunden bis ihre Schicht endete und kaum jemand war außer ihr hier. Sie hatte tatsächlich nichts, um sich von ihren um Joseph kreisenden Gedanken abzulenken. Na toll.
Im Hintergrund spielte nun irgendeines dieser fetzigen Lieder mit Bass im Radio, die sie sonst nur in überfüllten Clubs zu hören bekam. Genauer gesagt war Nora erst ein Mal in ihrem Leben in einem Club gewesen. Sie hatte dort sogar jemanden kennen gelernt. Ew, schlimme Erinnerungen.
Schnell schüttelte sie das Gefühl von impulsiven Berührungen unter Alkoholeinfluss von sich und lauschte gedankenverloren den Klängen, mit denen sie so gemischte Gefühle verband.
Apropos gemischte Gefühle, es war doch Freitag. Vielleicht zog es Joseph heute Abend erneut an einen der Orte, an denen die meisten seiner Instagrambilder entstanden sind?
Nora wagte gar nicht zu hinterfragen, wie dieser Gedankengang plötzlich seinen Weg in ihren Kopf gefunden hatte, sondern akzeptierte einfach die Tatsache, dass sie interessiert daran war herausfinden, wo er sich herumtrieb.
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Just Joseph [German]
VampireWie jede gute Geschichte beginnt Nora Vester's Geschichte mit einer neuen Person, die in ihr Leben tritt - Joseph.