8. KAPITEL

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Es schien, als könne Hagelpfote gar nicht mehr damit aufhören, Drohungen in das Schilfgras zu brüllen. Klippenpfotes Schwester watete immer weiter und weiter in den Fluss hinein, sodass sie jetzt schon bis zum Bauch im Wasser stand. Währenddessen behielt der junge Kater das Ufer links und rechts von ihnen im Auge, um sicherzugehen, dass der geheimnisvolle Fremde ihnen nicht einfach auswich, indem er ein paar Baumlängen weiter schwamm und dann erst an Land ging. Neben ihm hatte sich Rankenpfote zusammengekauert und starrte mit ängstlich gesträubtem Fell und weit aufgerissen Augen auf die Stelle, an der Hagelpfote gerade im Schilf verschwand.

Bald war von ihr nur noch ab und zu ein kurzes Aufblitzen ihres weißen Pelzes zwischen den Pflanzen am Flussufer zu erkennen. Aber noch brauchte sich Klippenpfote keine Sorgen um seine Schwester zu machen, auch wenn er sie nicht immer sehen konnte, den wüsten Beschimpfungen nach zu urteilen, die zu ihm hinüber drangen. So langsam begann er sich zu fragen, wie viele Varianten von »Du dämliches Mäusehirn« ihr noch einfallen würden.

Einen Augenblick später verstummte Hagelpfote jedoch. Ein lautes Platschen war zu hören und kleine Wellen, die ans Ufer schwappten, zeugten von hektischer Bewegung, als gebe es dort einen Kampf.

Warum bin ich ihr nicht gleich gefolgt?, ärgerte sich Klippenpfote, Was wenn ihr etwas geschieht?

»Behalte das Ufer im Auge«, flüsterte er Rankenpfote zu, die beim Klang seiner Stimme zusammen zuckte, dann preschte er auf das Wasser zu. »Hagelpfote! Geht es dir gut?«

»Ja!« Hagelpfotes Stimme klang undeutlicher und leiser als eben. »Ich habe einen Fisch gefangen!«

Einen Fisch, wunderte sich Klippenpfote ein wenig verärgert. Wie kann meine Schwester in dieser Situation nur ans Fressen denken? Wir werden verfolgt und sie lässt sich von einem dämlichen Fisch ablenken.

»Komm da raus, Hagelpfote!«, ertönte Rankenpfotes zittrige Stimme neben ihm, »Du solltest da vorn nicht allein sein! Wenn diese Katze dich angreift, können wir dir nicht schnell genug helfen.«

Hagelpfote gab irgendwo inmitten des Schilfs einen Laut von sich, der durch die Beute in ihrem Maul nicht unbedingt leichter zu verstehen war. Zustimmend klang er jedenfalls nicht. Dennoch tauchte die Schülerin nur Herzschläge später mit einem fetten Fisch vor ihnen auf. 

»Da war niemand, nicht einmal ein Hauch eines Geruchs an den Schilfpflanzen, einfach nichts!«, berichtete sie mit leuchtenden Augen. »Abgesehen von diesem Stück Frischbeute.« Sie nickte in Richtung des Fisches, den sie den anderen beiden vor die Pfoten geworfen hatte. Anschließend musterte sie zuerst die noch immer verängstigt den Schilf beobachtende Rankenpfote, sowie Klippenpfote, der sich fragte, was um alles in der Welt manchmal in dem Kopf seiner Schwester vorging.

»Ihr müsst doch zugeben, dass es ein großartiger Fang ist! Davon können wir alle drei unsere leeren Mägen füllen. Ist doch super!«

Klippenpfote seufzte. »Ich glaube nicht, dass unser Verfolger noch da ist, ansonsten hätten wir ihn sicher bemerkt. Wenn er nicht völlig mäusehirnig ist, hat er sich mittlerweile aus dem Staub gemacht. Genügend Gelegenheiten hatte er dazu ja.« Und mit einem Blick auf Hagelpfotes Beute fügte er hinzu: »Mit dem Essen sollten wir allerdings noch etwas warten, vielleicht schaffen wir es dann, ihn abzuhängen.«

Etwas Wiederwillen lag in Hagelpfotes Blick, als sie sich die Beute schnappte und voran stapfte. »Gut, dann sollten wir aber jetzt sofort los!«, miaute sie kurz angebunden.

Klippenpfote überlegte einen Moment. Es wäre sicherlich leicht für die fremde Katze gewesen, ihrer Geruchsspur weiterhin zu folgen, wenn sie es jetzt nicht schafften, das zu verhindern.
»Warte«, rief er seiner Schwester nach, »Wir sollten unsere Pelze mit Schlamm bedecken, um nicht gerochen zu werden. Ansonsten ist uns unser Verfolger sicher bald wieder dicht auf den Fersen.«

Verworrene Pfade ~ Reise ins Ungewisse // Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt