Betrübt ließ Rankensee den Kopf hängen. Warum, Storm? Ich habe alles getan, was du verlangt hast! Sie hob ihren Blick, bis sie die Sterne erkannte, die schon vereinzelt am Himmel funkelten. Die Sonne war gerade erst untergegangen und ein kühler Wind zerrte an Rankensees Fell, doch es wiederstrebte ihr, in das Zweibeinernest zu gehen, in dem der Stamm sein Lager hatte. Auch wenn sie nur einige Pfotenschritte vom Eingang entfernt saß, fühlte sie sich doch hier draußen ihrem Clan viel näher. Außerdem fand sie es im Inneren viel zu eng und zu voll von seltsamen Zweibeinerdingen.
Doch auch die Ruhe hier draußen konnte Rankensees Zweifel und ihre Niedergeschlagenheit nicht vertreiben. SternenClan, wir haben alles getan, was du von uns verlangt hast. Wir haben unseren Kriegernamen erhalten, erkannt, dass wir den selben Weg nehmen müssen, wie Blattschatten vor vielen Monden und sind den Suchenden gefolgt. Und doch haben wir gar nichts erreicht! Stattdessen liegt Hagelsturm da drinnen in einem Moosnest und ist fast schon zu schwach, um aufzustehen!
Die sich leise nähernden Schritte hatte sie kaum bemerkt, weshalb sie erschrocken zusammenfuhr, als eine Stimme hinter ihr miaute: »Du da. Dich hab ich gesucht.«
Rauch kam aus den Schatten getappt und funkelte Rankensee an. »Wir brauchen noch eine Jägergruppe heute. Glaube ja nicht, wir würden euch einfach hier herum sitzen und unsere Beute wegfressen lassen! Ihr müsst auch etwas tun, wenn wir euch schon Unterschlupf bieten.«Während Rankensee sich noch über Rauchs Feindseligkeit wunderte, fuhr die schon fort: »Dieser Klippen... Klippenfall sollte sich uns auch noch anschließen und Maus hat außerdem noch Biene und Beere mit eingeteilt.« Als sie die Namen ihrer Stammesgefährten erwähnte, verdunkelte sich kurz ihr Gesichtsausdruck, bevor sie herumwirbelte und Rankensee allein vor dem Zweibinernest zurück ließ.
Die Kriegerin folgte der Stammeskatze auch bald in das hölzerne Zweibeinernest, in dem laut den Stammeskatzen schon lange kein Zweibeiner mehr gesehen worden war. Dort fiel ihr Blick zuerst auf das Junge, das den großen Heuhaufen hoch kletterte. Der kleine, sandfarbene Kater strampelte wie wild mit seinen kurzen Beinen, rutschte aber nur immer wieder ein Stück nach unten, anstatt die Spitze des Berges zu erreichen.
Unten am Boden war eine drahtige, braun getigerte Kätzin auf ihre Pfoten gesprungen und schrie Befehle durch die Gegend: »Schneller, du musst schneller klettern, Beere! Stell dir vor, da wäre eine wilde Hundemeute hinter dir her!«
Rankensee trat näher heran, erschrocken darüber, wie diese Kätzin mit dem Jungen umging. Als sie so klein gewesen war, hatte sie sie noch mit Klippenfall und Hagelsturm vor der Kinderstube herumgetollt. Aus Beeres Richtung konnte sie nur ein leises Maunzen hören, das in erschöpftem Keuchen unterging.
»Du Flohhirn!«, schimpfte die Getigerte und kümmerte sich nicht weiter um Rankensee. Sowieso schien keine der übrigen anwesenden Katzen von dem Geschrei Notiz zu nehmen. »Prüfe, ob du deine Pfoten auf feste Stellen gesetzt hast, bevor du dein gesamtes Gewicht darauf verlagerst. Aber beeile dich, ich werde jetzt hinterher klettern. Sieh zu, dass du eher oben bist, als ich!«
Rankensee hoffte für den kleinen Kater, dass er den Wettlauf aufgrund seines Vorsprungs gewinnen würde, doch sie sah sofort, dass es aussichtslos war. Nur zu gern hätte sie Beere geholfen, traute sich aber nicht, eingeschüchtert von der getigerten Kätzin, weshalb sie einfach reglos stehen blieb, wo sie war.
Erleichtert atmete sie auf, als ein mausgrauer Kater der Kätzin in den Weg sprang, bevor diese den Heuhaufen erreichen und Beere im Wettkampf besiegen konnte. Sein Fell war struppig und seine Gestalt knochig. Vom Alter war seine Schnauze ganz grau und er bewegte sich schon etwas unsicher auf den Beinen. Dennoch machte sein entschlossener Auftritt Eindruck auf Rankensee und auch die getigerte Kätzin blieb wie angewurzelt stehen.
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Verworrene Pfade ~ Reise ins Ungewisse // Band 1
Fanfic»Die Pfade der Ranke sind verworren. Niemand kann wissen, wohin sie führen mögen, wohin die zarte Pflanze sich schlängeln mag. Selbst der Pfad den sie gekommen ist, ist unüberschaubar, verliert sich in den Pfaden so vieler anderer.« Krieger zu werde...