Im Inneren des Zweibeinernestes befand sich nur ein einziger, riesiger Raum. Hagelpfotes Schritte hallten von den Wänden wieder, während die Schülerin immer langsamer wurde und in der Mitte des Raumes ratlos stehen blieb. Sie hätte etwas Spannenderes erwartet, doch in dem großen Zweibeinernest herrschte gähnende Leere. Risse zogen sich durch den Boden, durch die Gräser und sogar einige kleine Bäume wuchsen. In den Wänden und der Decke des Nestes klafften Löcher, durch die der Wind wehte. Sonnenstrahlen bahnten sich einen Weg hindurch, beleuchteten tausende in der Luft umher schwebende Staubkörner und malten so helle Streifen in das Dunkel des Raumes. Auch sonst ließ sich nur noch schwer erahnen, wann der letzte Zweibeiner hier gewesen sein könnte. Nirgends klebte auch nur ein winziges bisschen ihres Gestankes, alles war erfüllt von dem Duft nach Moos, Tau und dem Efeu, der langsam von draußen herein rankte.Hagelpfote hatte nicht die geringste Ahnung, wozu die Zweibeiner dieses Nest gebraucht hatten. Die einzigen Spuren, die von ihnen geblieben waren, waren ein Haufen Zweibeinerzeug in einer Ecke und zwei ihrer schlafenden Monster in einer anderen. Sie sahen anders aus als die Monster vom Donnerweg, fand Hagelpfote: Ihre bunt glänzende Haut begann abzublättern und ihre Pfoten waren in sich zusammengesunken.
Hagelpfote ließ die Monster außer Acht und tappte zu dem nicht besonders Vertrauen erweckend aussehenden Stapel von Zweibeinerdingen zu. Bei näherer Betrachtung meinte die Schülerin zu erkennen, wo ein Zweibeinerding begann und wo das Nächste in einer gewagten Konstruktion darauf gestapelte begann. Da ragte eine metallisch glänzende Stange aus dem Haufen, zwischen bunten Kästen und seltsam anmutenden Holzkonstruktionen.
Wozu die Zweibeiner das ganze Zeug wohl brauchen?, fragte sie sich. Das muss ich mir genauer ansehen! Hagelpfote streckte ihre Pfote nach einem Großen Zweibeinerding mit weichem Pelz aus, das unter ihrer Vorderpfote nachgab. Als sie es wieder losließ, hatte sie einen Pfotenabdruck in der dicken Staubschicht hinterlassen. Durch die Bewegung geriet der ganze Turm ins Wanken, knarzte und schepperte und polterte dann zu Boden. Erschrocken sprang Hagelpfote zur Seite. Hinter ihr bebte der Boden, während vor ihr eine Reihe weißer, leicht gebogener Scheiben zerschellte, sodass die Splitter zu allen Seiten davon stoben. Wie durch ein Wunder schaffte Hagelpfote es, auszuweichen.
Die hellgraue Kätzin bahnte sich geschickt einen Weg durch das Durcheinander, als ein ihr Blick an einem der Zweibeinerdinge kleben blieb. Was ist das denn? Sofort drehte sie um und sprang über ein paar am Boden verstreut liegende Zweibeinerdinge zu dem kleinen Etwas, das ihre Aufmerksamkeit gefesselt hatte.
»Hagelpfote, wo bist du?«, hörte sie ihren Bruder von außerhalb des Zweibeinernestes rufen.
Die Schülerin war viel zu fasziniert von ihrem Fund, als dass sie hätte antworten können.
»Hier bin ich«, miaute sie leise, mit ihren Gedanken ganz woanders. Zum ersten Mal in ihrem Leben schien das Handeln der Zweibeiner einen Sinn zu ergeben.Als keine Reaktion kam und nur die auf und ab laufenden Pfotenschritte der beiden Schüler draußen vor dem Zweibeinernest zu hören waren, begriff Hagelpfote, dass sie nicht laut genug gesprochen hatte.
Sie hob den Kopf von ihrer Entdeckung und rief: »Hier! Kommt mal her, das müsst ihr euch ansehen!«
»Was ist los?«, rief Rankenpfote, die ihrer Freundin entgegen stürmte.
Klippenpfote folgte ihr langsamer, dann standen die drei Schüler im Kreis um das seltsame Zweibeinerding herum. Es war ein einfaches längliches Stück Holz, nur ein wenig größer als zwei Pfoten. Quer darüber zog sich in der Mitte ein spiralförmig aufgewickelter Stab, der dann dann noch ein kleines Stück über das Holz abstand. Der silbern glänzende Stab war nicht viel dicker als ein Grashalm und doch fest genug, um - und das war das verwunderliche an der ganzen Sache - eine Maus zwischen sich und dem Holz einzuklemmen. Viel mehr als die Knochen waren von dem Tier nicht mehr übrig, doch Hagelpfote war fasziniert von diesem Ding, mit dem die Zweibeiner anscheinend auf die Jagd gingen.
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Verworrene Pfade ~ Reise ins Ungewisse // Band 1
Fanfic»Die Pfade der Ranke sind verworren. Niemand kann wissen, wohin sie führen mögen, wohin die zarte Pflanze sich schlängeln mag. Selbst der Pfad den sie gekommen ist, ist unüberschaubar, verliert sich in den Pfaden so vieler anderer.« Krieger zu werde...