Mr. Morgan

8.2K 101 10
                                    

AlexS eroberte mit ihren neusten Artikel wieder die Liebeswelt unzähliger Menschen im Sturm. In ihrem neusten Beitrag über orale Verhütungsmittel klärt sie über die vor und Nachteile der einzelnen Präparate auf, erzählt von eigenen Erfahrung und gibt Empfehlungen.
Aber wer ist AlexS eigentlich? Diese Frage stellen sich ihre Leserinnen und Leser bereits seit zwei Jahren, als sie das erste mal einer Artikel zum Thema Selbstbefriedigung veröffentliche mit detaillierter Anleitung für Männer und Frauen. Aber wer ist der oder diejenige, die Doktor Sommer und Konsorten ein für alle mal abgelöst hat? Wo wohnt sie und wie sieht ihr Sexleben aus?

Das war der Artikel, der mir entgegen Sprung als ich heute Morgen die Nachrichten auf meinem Laptop öffnete. Der Guardian zerriss sich mal wieder den Mund über mich. Das war ja nichts besonderes. Auch wenn ich mich manchmal frage, ob die Zeitungen wirklich davon ausgehen, dass ich einfach so aus meinem Apartment schlendere und überall hinausposaune, dass ich diese Artikel schreibe. Nur damit sie sich dann darüber echauffieren können, dass eine zwanzig jährige Jungfrau meint, alles über Sex wissen zu können. Sex war für mich aber einfach kein Tabu- Thema, wie für viele andere. Sex ist etwas wunderschönes, zumindest ging ich stark davon aus. Also wieso geheim halten was Vorlieben sind, was Spielzeug für magische Eigenschaften haben kann oder Selbstbefriedigung manchmal besser ist als es zu zweit zu treiben.

Auf dem Weg zur Uni las ich, wie gewöhnlich einige Kommentare. Selbstverständlich steht darauf achtend, dass ja keiner auf mein Handy starrt. Eigentlich war es ziemlich leichtsinnig meinen Blog auch auf meinem Handy zu führen. Die Gefahr, dass das jemand sehen könnte war schließlich nicht gering. Trotzdem wollte ich etwas von dieser Welt, der Welt von AlexS, immer bei mir haben. Schließlich war auch das eine Seite von mir.

Obwohl es immer noch eiskalt draußen war wärmte die herrlich strahlende Sonne mein Gesicht und auch ein Gemüt. Es war auch bitter nötig, dass die Sonne mal wieder schön scheint, überlegte ich als ich den mit Schnee bedeckten Campus entlang schlenderte. Bei jedem ausatmen entstand eine kleine Wolke vor meinem Gesicht und ich schlang meine Jacke enger um meinen Körper und zog meine Mütze tief ins Gesicht. Vielleicht gehe ich ja heute joggen mit Charlie, dachte ich und stapfte die Treppe zu dem Hörsaalgebäude hoch.
Und plötzlich sah ich ihn. Den attraktivsten Mann den ich je in meinem Leben gesehen hatte. Er fixierte mich mit seinen grauen stürmischen Augen und zog meine Blicke magisch an. Ob es an seinem perfekten, glattrasieren Gesicht, den strubbeligen braunen Haaren oder an dem atemberaubend geformten Körper lag wusste ich nicht. Vielleicht war es auch all das zusammen, was mich dazu brachte wie ein Idiot stehen zu bleiben und ihn nur anzustarren. Innerlich blieb mir der Mund offen stehen.
Und im nächsten Augenblick erinnerte ich mich. Ich hatte diesen unverschämt gutaussehebden Typen schon ein mal gesehen. Mein Herzschlag beschleunigte sich und ich merkte wie mir die Röte und Gesicht stieg als er langsam in einem verboten körperbetonten schwarzen Anzug auf mich zu kam.
Mit jedem Schritt intensivierte sich sein betörender Geruch, der dazu führte, dass sich in mir alles zusammenzog. Reflexartig presste ich meine Schenkel aneinander und versuchte das unangenehme ziehen in meinem Unterleib zu ignorieren.
„Guten Tag Mrs. Newwater", seine Stimme war tief und wohlklingende und jagte wie ein Schauer über den Körper, der mir Gänsehaut verursachte.
Ich versuchte den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte schleunigst hinunter zu würgen aber es gibt nicht. Ich bekam kein einziges Wort heraus. Woher kannte er meinen Namen?
„Mr. Clarkson hat mir ihr Shakespeare Portfolio zur Korrektur gegeben. Gestern hatte er mich dann angerufen weil sie wohl mit ihrer Arbeit nicht ganz zufrieden seien", in seiner Stimme schwang etwas gebieterisches, beinahe herabwürdigendes mit.
Gott sei dank fand ich meine Stimme wieder.
„J-ja. Ja das habe ich. Es geht um eine Passage im Sonett 77. Da sprach ich von ... äm-", ich stotterte wie ein Idiot und die Tatsache, dass in meinem Körper gerade ein Feuerwerk explodierte half da nun wirklich nicht.
„Sie sprachen von?", hakte er nach und zog skeptisch und belustigt seine rechte Augenbraue hoch.
„Einen Trochäus. Dabei handelt es sich bei dem Versmaß selbstverständlich um einen Jambus. Was auch sonst? Ich würde mich freuen, wenn Sie das in ihrer Korrektur berücksichtigen würden", ich erlangte die Kontrolle über meinen Körper wieder obwohl sein Geruch mich immer noch um den Verstand brachte.
„Sicherlich werde ich das berücksichtigen", ich begutachtete seine perfekt geformten Lippen, die nur so zum küssen einluden.
Wovon rede ich da bitte, schimpfte ich mit mir und ermahnte mich, mich am Riemen zu reißen.
„Ich würde jetzt gerne zu meine Vorlesung, Mr. Morgen", sprachlich kühl und distanziert um ihm nicht den Triumph zu schenken, dass er meinen Körper hat in Flammen aufgehen lassen
„Sicherlich, Ms. Newwater. Da wäre nur noch eine Sache: sie sollte bei diesem Wetter wahrhaftig nicht ohne Strumpfhose herumstolzieren. Sie müssen doch an jenem Abend sicherlich ziemlich gefroren haben"
Ich stockte und wirbelte zu ihm herum aber er war schon dabei die Treppe hinunter zum Campus zu schlendern.
Ich wollte etwas sagen, aber das Kribbeln in meinem Bauch und das Ziehen in meinem Unterleib brachten mich zum schweigen und erst als sein Geruch verflogen war schien ich wieder gänzlich zur Besinnung zu kommen.
Er war der Mann den ich am Abend in der Kunstgalerie gesehen hatte, der mich gemustert und beobachtet hatte.
Obwohl mein Körper eine recht heftige Reaktion auf ihn zeigte sagte mein Verstand mir, dass er wahrscheinlich ein ziemliches Arschloch war.
Diese überhebliche Art und Weise wie er mit mir gesprochen hatte. Dieser abschätzige Blick. Ein echtes Arschloch eben der bestimmt schon hunderte von Frauen im Bett hatte und keinen Scham besaß Ihnen das Herz immer und immer wieder zu brechen.
Und plötzlich viel es mir wie Schuppen von den Augen: was, wenn er meinen Artikel gelesen hatte?

Während der Tag so vor sich hin tröpfelte wurde ich immer wütender auf mich selbst. Wüten darüber, dass ich den ganzen Tag an Mr. Morgan gedacht habe, sauer, weil mein Körper so intensive auf ihn reagiert und sauer, weil mein Artikel höchstwahrscheinlich bei ihm lag.
Am Nachmittag versuchte ich dann erst einmal den Kopf frei zu bekommen und meinen Plan umzusetzen mit Charlie joggen zu gehen. Klar, es war immer noch arschkalt draußen aber alles, wirklich alles war besser als in meinem Apartment zu versauern, mit den Gedanken immer und immer wieder bei diesem Lackaffen von Typen. Schließlich gab es sicherlich tausende wie ihn. Nur hatte noch keiner so eine einzigartige Reaktion in mir ausgelöst wie er.
Diese intensiver und plötzlich auftauchende Gefühl von Verlangen und bitter süßer Erregung hatte meinen Körper eingenommen und jeden Muskel in meinem Körper bis zum zerreißen gespannt.
Es war das schönste Gefühl, dass ich bis jetzt erlebt hatte. Und ich wollte es noch mal spüren.
„Na komm, Charlie", sprach ich zu ihm aufmunternd als ich, in Leggins und einem langärmligen Sportshirt bekleidet, die Tür öffnete. Er liebte es spazieren zu gehe aber joggen war wirklich nicht seine Stärke. Ständig musste ich ihn hinter mir her schleifen und viel umherschnüffeln konnte er dann ja auch nicht.
Trotzdem trottete er heute brav hinter mir her und hielt sogar gut mit mir schritt.
Ich hatte mir vorgenommen 6 Kilometer in 30 Minuten zu laufen. Das war eigentlich immer ganz entspannt und gut machbar.
Und trotzdem kam es mir so vor, als würde ich heute für die gleiche Strecke, die ich immer lief, Stunden brauchen. Vielleicht lag es an den schneebedeckten Straßen, vielleicht an dem stark wehenden Wind oder einfach nur daran, dass ich mit meinen Gedanken überhaupt nicht bei der Sache war. Zu keiner Zeit des Laufens.
Immer wieder saH ich Mr. Morgan's Gesicht vor mir. Diese wunderschönen Augen, die perfekten Konturen, und dieser Körper. Insgeheim fragte ich mich, wie er wohl unter dem Anzug aussah. Sicherlich muskulös und durchtrainiert.
Er hatte mich an den Abend so intensiv beobachtet, dass ihm sogar aufgefallen ist, dass ich keine Strumpfhose trage. Hat er wohl sonst noch auf irgendwas geachtet? Meine Figur? Meine Brüste? Auf irgendetwas?
For fuck's sake! July! Reiß dich mal ein bisschen zusammen!
Ich joggte, innerlich mit mir selbst schimpfend durch die Downing Street, vorbei am Haus Nummer 10 und blickte just in dem nach oben zu den Pandthäuser.
Und da sah ich ihn. Wie angewurzelt blieb ich stehen und beobachtete wie er an der Fensterfront in seinem weißen Hemd telefonierend auf und ab lief.
Wie konnte eine einzige Person so verboten gut aussehen? Ich meine, Fred war auch wirklich ein sehr attraktiver junger Mann aber ein wahres Nichts im Vergleich zu ihm. Und seine Ausstrahlung erst. Er wirkte nicht aggressiv oder angsteinflössend aber eben wie ein zu respektierender Mann, der einem gut und gerne mal die Leviten ließt wenn es nötig ist. Zumindest schätzte ich ihn so ein.
Ich beobachtete seine Schritte, die Art und weise wie er sich bewegt. Irgendetwas schien ihn furchtbar wütend zu machen. Es sah so aus, als würde er laut brüllen und wild mit seiner freien Hand gestikulieren. Er drehte sich mit dem Gesicht zum Fenster, sodass ich sein hasserfülltes Gesicht sehen konnte und in seine grauen Augen, in denen beinahe ein Sturm herrschte. So ungebändigt und wild.
Er wirkte angespannt und verharrte einen Augenblick. Den Blick starr auf die Straße gerichtet. Ich überlegte, ob er mich wohl sehen oder erkennen würde. Andererseits: wollte ich das? Wollte ich, dass er mich sah und feststellte, dass ich ihn seit mehreren Minuten aufmerksam und begierig beobachtete?
Ich denke nicht. Also raffte ich mich zusammen und joggte zurück nach Hause.

Nach dem Duschen krabbelte ich schnurstracks in mein warmes, weiches Bett. Einen neuen Artikel anzufangen kam für mich heute Abend überhaupt nicht in frage. Ich bräuchte einfach mal eine Pause. Eine Art Auszeit.

Hey Freddi, wie läufts bei dir? :))

Blendend. Und bei dir? Wie war dein Tag?:)

Ziemlich stressig und verwirrend:D

Wieso verwirrend ?:/

Weiß nicht. Hab da jemanden kennen gelernt

Jemanden kennengelernt? Wen?

Ach ist nur so ein Typ aus de Uni:)

Name?

Ich kenne seinen Namen nicht. Er korrigiert mein Shakespeare Portfolio

July .....

Ey. Er ist wirklich nett!

Wie du meinst. Ich gehe jetzt pennen. Gute Nacht

Irritiert legte ich mein Handy zur Seite auf meinen Nachttisch. Und mein letzter Gedanke bevor ich einschlief: Mr. Morgan

Neuland ~ Lass uns spielen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt