~*Julians Flashback*~
‚Es war einmal' – das sind die Worte, mit denen so ziemlich jedes Märchen beginnt. Und so war es auch an jenem Tag, als ich mit meinen Brüdern Jannis und Jascha in unserem Garten ein paar Bälle am Kicken war, ohne auch nur den Hauch einer Ahnung zu haben, welchen Verlauf dieser Tag noch nehmen würde.
„Hoffentlich sind die neuen Nachbarn nett und keine doofen Langweiler!", meinte Jannis, als er den Ball zu Jascha spielte. „Und hoffentlich haben die auch Kinder!", fügte Jascha hinzu. „So ein weiterer Junge wäre echt cool – der könnte dann immer bei uns mitspielen!" Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf. Das war echt typisch für die Beiden – schlichtweg die Neugierde in Person. Klar war auch ich gespannt auf die Leute, die in das seit einem guten viertel Jahr leerstehende Haus neben uns einziehen würden, aber ich ließ mir das bei weitem nicht so sehr anmerken wie die Beiden.
„Julian, Jannis, Jascha! Kommt ihr bitte rein zum Essen?", hörte ich unsere Mutter durch das Küchenfenster nach draußen rufen. Wie aus einem Munde antworteten wir: „Ok, wir kommen!"Meine Brüder waren gerade auf dem Weg ins Haus, als ich ihnen hinterherrief: „Geht ihr schon mal vor – ich komme gleich nach!" Als die Zwei verschwunden waren, schoss ich den Ball ein Stück nach oben, fing ihn mit dem Fuß wieder auf und wiederholte dies einige Male.
„Eins, zwei, drei, vier, fünf,...", zählte ich dabei im Kopf mit. Mein großer Traum war, eines Tages Profifußballer zu werden und hierfür trainierte ich jede freie Minute. Wenn ich nicht gerade mit dem Verein, in dem ich Mitglied war, auf dem Platz stand, fand man mich meistens in unserem Garten wieder, wie ich weiter an meiner Spielweise feilte und dabei oftmals die zwei Pfosten unserer Wäschestation als imaginäres Tor herhalten mussten. So zielstrebig ich allerdings war, wenn es um Fußball ging, so faul war ich leider auch, was das Thema Schule anbetraf – gerade sehr zum Leidwesen unserer Mutter. Um ehrlich zu sein, stand ich da aber voll und ganz über ihren gelegentlichen Ansprachen zu diesem Thema. Klar gehörte Schule jetzt nicht unbedingt zu den unwichtigsten Dingen im Leben und ein vernünftiger Abschluss ebenso, aber ich gab mich gewissermaßen schon damit zufrieden, wenn ich meinen Schulabschluss einigermaßen ordentlich hinbekam, denn in einigen Jahren würde so oder so keiner mehr danach fragen, welche Zahl auf meinem Abschlusszeugnis vor dem Komma stand – schon gar nicht, wenn ich mal so ein großer Fußballer sein würde wie Diego bei Werder Bremen!Ich war so sehr in meine Gedanken versunken, dass ich nicht bemerkte, wie ein riesiger Umzugswagen vor dem benachbarten Haus zum Stehen kam und ein Mädchen, welches ungefähr in meinem Alter war, aus dem Wagen stieg, um voller Neugierde ihr neues Zuhause in Augenschein zu nehmen. Stattdessen schmetterte ich den Ball mit einer solchen Wucht in die Ferne, dass dieser in hohem Bogen über unseren Zaun flog und ihr Gesicht nur um wenige Zentimeter verfehlte. Sie stieß einen spitzen Schrei aus und starrte mit vor Schreck geweiteten Augen in meine Richtung. Ach du meine Güte – dass so etwas auch immer mir passieren musste!
Mit schnellen Schritten eilte ich zu ihr und fragte sie besorgt, ob alles in Ordnung sei. Immer noch sichtlich geschockt und völlig außer Atem, als sei sie soeben einen Marathon gelaufen, sah sie mich an und antwortete schließlich: „Keine Sorge – es ist nichts passiert. Ich habe mich nur gerade so fürchterlich erschreckt." Mit einem verlegenen Lachen fügte sie hinzu: „Das erlebt man ja schließlich auch nicht alle Tage, dass man zur Begrüßung direkt so derart unter Beschuss gerät."
„Sorry – ich hab dich einfach nicht kommen sehen. Wirklich.", erklärte ich zerknirscht. Auch wenn sie nach dem ersten Moment des Schreckens die Situation offenbar einigermaßen locker nahm, war mir das, was eben passiert war, wahnsinnig unangenehm. Aus welchem Grund auch immer (vielleicht, weil mir die Schamesröte bis über beide Ohren stehen musste?) fing mein Gegenüber an zu kichern und schüttelte den Kopf, was ihren blonden Pferdeschwanz leicht zum Schwingen brachte. „Weißt du was? Schwamm drüber!", meinte sie. „Ich bin übrigens Emily."
„Ich bin Julian.", entgegnete ich erleichtert und just in diesem Moment hörte ich Jannis von nebenan durch das Küchenfenster rufen: „Julian! Mensch, wo bleibst du denn? Das Essen wird kalt!" Oh je – das hatte ich ja mal total vergessen!
„Sieht wohl so aus, als müsstest du los.", bemerkte Emily augenzwinkernd.
„Ja, leider. Also gut – man sieht sich!", rief ich ihr zu, klemmte meinen Ball unter den Arm und rannte nach Hause. Dabei dachte ich die ganze Zeit über Emily nach. Auch wenn wir beiden zugegebenermaßen einen denkbar holprigen Start hatten, war ich mir dennoch sicher, in ihr eine neue gute Freundin gefunden zu haben. Wie sich das mit uns sonst noch weiterentwickeln würde, würde die Zukunft zeigen.Und hiermit ein herzliches Hallo zu diesem kleinen, aber feinen Flashbackkapitel, das diesmal aus der Sicht von Julian geschrieben ist und so ein bisschen erzählt, wie Emily und er sich überhaupt kennengelernt haben. Ich hoffe, es hat euch gefallen und ihr lasst fleißig Lob, Kritik, Verbesserungsvorschläge oder was ihr schon immer mal loswerden wolltet, da :)
Ansonsten würde mich eure Meinung interessieren: Soll ich diesen Flashback eher über mehrere Kapitel hinweg wie so ne Art „Flashbackblock" fortführen oder soll ich ihn lieber so ein bisschen „streuen" (also dass nach diesem Kapitel erstmal wieder ein paar „normale" Kapitel kommen und dann vielleicht mal wieder ein Flashback etc.)?
Abschließend wünsche ich euch noch einen schönen Dienstag – fühlt euch ganz lieb gedrückt :)
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Fix you
RomanceDie 25-jährige Sam ist verzweifelt: Der Mann, von dem sie glaubte, dass er sie genauso liebte wie sie ihn, entwickelte sich tagtäglich immer mehr zu einem menschgewordenen Albtraum und behandelte sie ohne Respekt. Gerade als sie sich mit der Tatsac...