Immer noch ein wenig geschockt von meiner Antwort wandert mein Blick zu Ed. Normalerweise nahm er mich nach der Schule immer mit und setzte mit zuhause ab. In seinem Blick lag Enttäuschung, die mich ein wenig verwirrte. Trotzdem nickte er und verschwand hinter den Mauern der Schule.
Auch Toby verabschiedete sich ehe auch er verschwand. Nun waren wir allein. Er und ich. Seine Stimme brach meine Trance. "Lass uns in die Bibliothek gehen" Mit einem zaghaften Nicken stimmte ich zu, obwohl es mir absurd erschien den Stoff von nur einer versäumten Literatur Stunde in der Bibliothek nachholen zu müssen.
Plötzlich legte er seine Hand zwischen meine Schulterblätter und zog mich mit ihm. Ein eiskalter Schauer lief mir den Rücken herunter, meine Haare stellten sich auf und ein tiefer Atemzug entfuhr mir. Es sollte mir nicht gefallen, dass er mich berührte und mir zeigte wo es lang geht. Aber das tat es.
Als wir die Bibliothek betraten, die auch noch für ein paar Stunden nach Schulende geöffnet war, war kaum jemand da. Nur zwei, drei Schüler saßen in den hinteren Ecken der Bibliothek. Ich war hier auch öfters, vor allem in Klausurenphasen.
Killian scheinbar auch. Mit zielgerichtetem Schritt führte er mich in den hinteren, eher versteckten Teil der Bibliothek. Es war ein kleiner Erker am Fenster, worunter ein gepolstertes, bordeaux rotes, kleines Sofa stand. Drum herum standen große Regale mit ziemlich alten und verstaubten Büchern. Die Abteilung war nicht groß aber hatte irgendwas besonderes an sich.
Ich ließ meinen Blick zwischen den Regalen herschweifen. Keiner der Buchtitel oder Autoren kam mir bekannt vor. Ich suchte ein Schild, was mir sagen würde, was für Bücher das sind. Doch ehe ich eins fand antwortet er mir, als könnte er meine Gedanken lesen. "Es sind die übrigen Exemplare von den Originalen der Professoren von Ward"
Ein mulmiges Gefühl breitete sich in mir aus. Ward war vor einigen Jahren eine große und bedeutende Universität nicht weit entfernt von hier. Viele erfolgreiche Autoren und Philosophen hatten dort studiert. Doch ein verheerender Brand zerstörte die Universität in den 20er Jahren komplett. Hunderte Menschen verloren dabei ihr Leben und bedeutende Literarische Werke wurden vernichtet.
Killian riss mich aus meinen Gedanken und zog mir hinüber zum kleinen Sofa. Ich ließ mich neben ihm nieder. So nah war ich ihm seit der Party nicht mehr. "Warum hast du mich hierher gebracht?" fragte ich mit unsicherer Stimme. Er wandte sich zu mir, sodass ich ihm in seine stechend grauen Augen schauen musste. "Ich dachte mir du würdest diesen Ort mögen... Also weil du Literatur so magst, weißt du?"
In seiner sonst so selbstsicheren und markanten Stimme lag plötzlich ein Hauch von Unsicherheit und Verletzlichkeit. Er überraschte mich immer wieder. Ich hätte ihn nie für den Typen von Menschen gehalten, der sich für Literatur interessierte. Er kam so kühl, ganz und gar nicht romantisch rüber. Und auch sein Kleidungsstil, welcher eher eintönig und dunkel gehalten war, hätte mich eher darauf schließen lassen, dass er zu den coolen Typen gehört, die nur selten in der Schule zu sehen sind und sich niemals mit Leuten wie mir abgeben würden.
Er faszinierte mich. Alles an ihm faszinierte mich. Und trotzdem blieb er ein Rätsel für mich. Am einen Tag verhält er sich wie ein arroganter Penner mir gegenüber und am nächsten offenbart er mir seine verletzliche Seite.
Mein Blick hing immer noch an seinen Augen fest und auch sein Blick durchbohrte mich. Ein kribbeln durchzog meinen Körper und ein tiefer Atemzug entfuhr mir als seine markanten Hände sanft meine Schläfe entlang fuhr und mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr legte. Ich spürte seinen warmen Atem auf meiner Haut als mir bewusst wurde, wie nah er mir gerade war.
Plötzlich meldete sich mein Gehirn und zog mich zurück. Was tat ich hier? Er hat mir doch klar und deutlich gemacht, dass er mich nicht küssen will. Ein wenig erschrocken zog er seine Hand zurück. Ist das etwa Enttäuschung in seinen Augen. Meine Welt stand Kopf. Was will er und vor allem was will ich? Warum hat er mich hier hin gebracht wenn mich doch eh immer nur verletzt?
Ich spürte wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. Alles drehte sich. "Ich muss nach Hause" mehr bekam ich nicht mehr heraus. Hastig packte ich meine Sachen zusammen. Ich traute mich nicht noch einmal in seine Augen zu blicken. Was tat er nur mit mir?
Mit schnellem Schritt verließ ich die Bibliothek, doch durch seine großen Schritte holte er mich schnell ein. Abrupt blieb ich stehen als ich die Tür öffnete. Es war stockfinster. Ich hatte gar nicht bemerkt wie die Zeit verging.
Als könnte er meine Gedanken lesen. "Ich bring dich nach Hause" in seiner Stimme lag immer noch Enttäuschung. "Nein schon gut, ich nehme den Bus" ich wollte nicht alleine nachts Bus fahren aber der Gedanke alleine mit ihm im Auto zu sitzen verbreitete ein unwohles Gefühl in mir. "Das war keine Frage. Ich bring dich nach Hause" Er packte mich am am Arm und zog mich mit. Seine Verletzlichkeit war verschwunden. Stattdessen kam seine alte bestimmerische Art wieder zum Vorschein.
Ich widersprach nicht. irgendwo tief in mir war ich froh, dass er mich nach Hause brachte. Aber dennoch machte sich wieder Wut in mir breit. Warum war er jetzt wieder so?

DU LIEST GERADE
99 Days
Teen Fiction2021 Quinn Walters. Hübsch, jung, wild. Dieser Sommer soll unvergesslich werden. Quinn lebt zusammen mit ihren Freunden in Greenfield, einer Kleinstadt an der Südküste Louisianas und führt das Traumleben eines Teenagers. Kaum einer kennt Greenfield...