Mit nervös zittrigen Fingern starrte ich meinen Gegenüber an, wie er sich Unterlagen durchlas. Ich versuchte nicht alle par Sekunden auf den roten Fleck auf dem Boden zu sehen, welcher gerade gereinigt wurde. Das hätte ich sein können. Vielleicht werde ich das eines Tages sein. Wie viel Blut er schon vergossen hatte. Wie viele Menschen er schon erschossen hatte. Wie viele er noch erschießen -
"Ich habe mir überlegt, dass du diese Nacht hierbleibst" murmelte William, doch es schien so, als würden ihn die Unterlagen vor ihm mehr interessieren. Ab und zu schreib er etwas auf ein Blatt.
"W-was?" krächzte ich und hoffte innständig, dass ich mich verhört hatte. Das konnte er doch nicht ernst meinen. Hier? In einem Bordell?
"Falls es dir noch nicht aufgefallen ist: das hier ist ein Bordell!" erschrocken starrte ich William an, welcher jedoch nur auf einem Stapel Blätter herumkritzelte und regelmäßig eine Seite umblätterte.
"Willst du mich wirklich hier aussetzen mit diesen ganzen" ich sah mich um und erkannte junge Gestalten, die offensichtlich mithörten "netten Leuten?"
"Wenn sie so nett sind, sehe ich kein Problem" geistesabwesend drehte er immer wieder den hochwertig aussehenden Stift in seiner Hand.
"Das ist ein Scherz oder?" fassungslos sah ich zu William hinab. Als er so da saß, mit seinen langen, überschlagenen Beinen, in diesem schwarzen Anzug, welcher wahrscheinlich teurer war, als mein Jahresgehalt und seinen mit Arroganz hochgezogenen, perfekt gezupften Augenbrauen, da hätte ich ihm wirklich gern auf seinen dummen Schädel gekotzt.
Wutentbrannt, dass ich gegen eine Wand redete, schlug ich ihm den Stift aus der Hand und katapultierte seine Unterlagen auf den Boden. "Antworte mir gefälligst, wenn ich mit dir rede! Hast du sie etwa gerade erschossen, damit hier Platz für mich ist?" knurrte ich und stemmte meine auf dem Tisch ab, um einmal im Leben auch etwas riskiert zu haben.
Eine Frau, wahrscheinlich eine Nutte, wollte die Blätter aufheben.
"Liegen lassen" knurrte William stand auf und baute sich vor mir auf. Ich versuchte ihn nieder zu starren, doch ihm gelang das deutlich besser.
"A-aber Sir, was ist mit dem Kauf?" fragte ein Mann Ende vierzig. Er hatte zurückgegelte Haare, viele Goldketten um den Hals und ein Hemd, welches aus einer Mischung von Schweiß und zu viel Parfüm stank. Ein irgendwie typischer Zuhälter, so wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Doch ich dachte immer sie wären unfreundlich, mysteriös und machtvoll. Scheinbar passte diese Beschreibung nur auf einen in diesem Rum, und dieser wünschte mich wahrscheinlich gerade auf den Mond.
"Ich habe keine Interesse, an dem Besitz dieser Einnahmequelle" er wand arrogant den Blick von mir richtete sein Jackett.
"Du wirst eine Nacht hier verbringen" er beugte sich zu mir runter und kam mir so nah, dass beim sprechen seine Lippen mein Ohr berührten "Benimm dich oder ich lasse dich hier". Ich schluckte schwer und nickte, denn ich wusste, dass dieser Soziopath es ernst meinte.
So ließ er mich stocksteif und mehr als nur eingeschüchtert stehen und ging gefolgt von seinen finsteren Bodyguards aus der Halle.
Toll, wirklich ganz toll. Und jetzt?
Ich stand etwas länger noch dort rum, bis sich irgendeine Frau endlich zu mir herab ließ und mir mein Zimmer für die Nacht zeigte. Dieses war anscheinend jedes andere dieses Edelpuffs. Mit roter Beleuchtung, einem großen Bett, auf dem Nachttisch verschiedene Cremes und Kondomen. Ich ekelte mich zu sehr dort irgendetwas anzufassen, weshalb ich die Arme um mich legte und mich so vorsichtig wie möglich aufs Bett setzte, als würde es jeden Moment auseinander fallen. Jedoch würde es mich nicht wundern, würde es wirklich zerfallen.
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RomantizmJoel Stone; ein unscheinbar normaler, junger Mann. Er hat einen kleinen Job als Fotograf bei einer Zeitung. Seine Arbeit ist sehr riskant, doch das mag er. Er liebt das Gefährliche, das Adrenalin in seinen Adern. Was er jedoch nicht mag, ist Liebe...