2. Kapitel

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Am nächsten Tag dachte ich gleich an John's Telefonnummer. Wieso fiel mir bloß so etwas Unwichtiges ein? Ich musste noch einige Sachen für den Flug vorbereiten. Für ihn war jetzt keine Zeit.

Ich machte mir Tee und sah dann nachdenklich auf die Uhr. Es war fast zehn. Ob er ein Langschläfer war? Vielleicht lag er jetzt neben seiner Frau im Bett und träumte über lauwarmes Wasser.

Nach einer Stunde, als ich gerade mit frühstücken fertig war, nahm ich das Telefon. Schwitzig hielt ich es fest, als wäre es eine Bombe, die jederzeit explodieren konnte. Ich hasste mich für meine Nervosität. Nach einigen Sekunden hatte ich die lange Nummer eingetippt. Ich fragte mich, wie er sich so eine lange Zahlenreihe merken konnte.

Nach einigen Momenten ertönte seine zuversichtliche Stimme. "John Lennon hier."

Ich hörte mein Herz bis zum Hals klopfen. Nervös hielt ich mich an meinem Stuhl fest und konnte seinen Atem vernehmen. Hatte er schon eine Ahnung, mit wem er sprach?

"Paul McCartney. Hallo", erwiderte ich schnell und wollte vor Scham auflegen. Er sollte mich nie wieder hören.

"Paul!", rief er in den Hörer hinein. Ich wich vom Telefon und sah es ungläubig an. John hörte sich wirklich glücklich an. War das ehrlich? Noch nie hatte sich ein Mensch glücklich angehört, wenn er mit mir sprach. Kein einziges Mal.

"Noch dran?", fügte er hinzu, weil ich nichts sagte. Als er meinen schnellen Atem bemerkte, fuhr er fort. "Möchten wir uns auf einen Kaffee treffen? Ich kenne da ein unglaublich gutes ..."

"Sicher."

"Wirklich? Wann treffen wir uns? Sagen wir mal, um zwölf. Ist dir das gerecht?", meinte er nachdenklich. Es knisterte im Hörer, als ich bejahte. John konnte man förmlich grinsen hören.

Ich legte nach zwei Minuten auf. Entgeistert sah ich auf meine Hände.

John Lennon? Treffen? Das war zuviel für mich. Sollte ich das als Date ansehen? Er hatte sich ziemlich zufrieden angehört. Er musste wissen, dass ich ihn interessant finde.

Vielleicht lebte er gar nicht allein. Vielleicht war er alleinstehend und suchte sich Zeitvertrieb. Oder aber war er bisexuell und hatte jede Woche jemand anderen. Nein danke.

Nach einer Weile rief ich ihn nochmal an. Ich fragte nach dem Treffpunkt. Lachend sagte er, wir sollten uns vor der Bar von gestern treffen. Beschämt legte ich nochmal auf.

John war hässlicher, als ich in Erinnerung hatte.

Er trug ein kariertes, enges Hemd und eine schwarze, weite Hose. Die Schuhe liefen spitz zu und hinterließen einen beißenden Eindruck. Seine Haare hatte er vor das Gesicht gekämmt, dennoch standen sie wild zur Seite ab. Ich bemerkte, wie er mich anlächelte.

"Paulie.", sagte er zur Begrüßung.

"Nenn mich bitte nicht so", gab ich zurück und wollte so unfreundlich wie möglich wirken.

"Kein Problem. Komm, über die Straße", forderte er an und packte mich an der Schulter, als ich fast eine Frau anrempelte. Er drückte mich fest an seinen Rumpf und meinte, ich solle aufpassen. Die Situation war mir unangenehm. Ich hätte John nie anrufen sollen.

"Der Kaffee hier ist klasse", sagte er grinsend und setzte sich auf einen beigen Sitzplatz, der nah am Fenster stand. Ich schluckte unruhig, als er auf die Stelle neben ihn klopfte. Ich setzte mich vor ihn.

Nachdenklich sah er mich an.

John hatte saubere Fingernägel und breite Augenbrauen. Er wirkte ziemlich freundlich, doch irgendwas machte mich in seiner Gegenwart fahrig. Ich hatte noch nie so einen lieben Menschen kennengelernt, deswegen regte mich das wahrscheinlich so auf. Ich war einfach nur nervös.

McLennon Fic 'No Way back' (german)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt