8. Kapitel

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John's Bettdecke roch nach frischem Waschmittel und Zigarettenrauch.

Seine Fische glänzten im frühen Tageslicht, während ich mich umzog. Mein Freund schlief noch, da er später Arbeit hatte. Schnarchend wandte er sich zur Seite und streckte den Rücken. John sprach manchmal im Schlaf, was ich richtig witzig fand.

"Wir müssen das auf den Zettel schreiben!", rief er vor zwei Tagen mitten in der Nacht und weckte mich somit auf.

Nein, John. Wir müssen gar nichts schreiben.

Als er beunruhigt mit den Armen umherfuchtelte, um Halt zu finden, drückte ich ihn sanft zurück ins Bett. Seine Haut war nass vom Schweiß. John drehte den Kopf in meine Richtung und sagte mindestens dreimal, dass der Zettel von unglaublicher Bedeutung ist.

"Ja ja, Schätzchen.", flüsterte ich ihm zu. Nach kurzer Zeit schlief er wieder ein.

Meine Arbeit erledigte ich halbherzig und starrte unentwegt auf die Dokumente, die ausgefüllt werden mussten. Unfalldaten, Papiere, Abholscheine. Mein Job war sehr abwechslungsreich.

Ungeduldig warf ich mir meine Jacke um die Schulter. An ihr klebten Flusen und Krümel.

John war nicht da.

Lasst mich raten. Er ist einkaufen gegangen und hatte Bedenken wegen Nancy. Mein Freund würde mir zur Entschuldigung Eiscreme mit Blaubeeren kaufen. Aber das würde meinen eiskalten Zorn nicht brechen, es würde ihn nur noch mehr begeistern, zu wachsen und Platz einzunehmen.

Meine Wut löste sich nicht einfach wie ein Salzstein in einem Wasserbad auf.

Er kam hinein, als ich in einem seiner Bücher las. Seine Schlüssel klapperten laut, doch ich reagierte nicht.

"Paul?", fragte er in den leeren Flur. Als ich nicht antwortete, seufzte er.

Nach einer Weile trat er in den Raum voller Tische - ich wusste immer noch nicht, wozu er da war - und entdeckte mich auf dem roten Sitzsack. Mit plötzlicher Freude sah er mich an und stürzte sich auf mich. Ich atmete sein bitteres Parfüm ein.

"Mein Herz!", rief er und küsste mir den Hals. Meine Wangen kribbelten, wie auch meine Beine.

Jesus, hilf mir. Doch Jesus hörte nicht zu.

"Lass mich los, John!", schrie ich aufgebracht. Voller Unbehagen glitt ich aus seinen Fängen und kullerte auf den kalten Boden. Sein Buch schepperte unter einen Tisch.

"Schon geschehen."

"Was ist los mit dir?"

"Ach, nichts. Du bist nur so zuckersüß, wenn du liest.", meinte er und zeigte seine perfekten Zähne.

Ich fragte mich, ob er nach der Arbeit getrunken hatte. Oder zu viel geraucht hatte. John war Kettenraucher.

Hoffentlich erstickte er bald am ganzen Tabak.

"Nein, John, das bin ich nicht", maulte ich wie ein kleines Kind und gewann seine Sympathie. Langsam lehnte er sich nach vorne und legte lächelnd den Kopf schief. Fast fiel er vom Sitzsack, da der viel zu flach wurde. Lag vielleicht an seinem Gewicht.

John war nicht dick. Seine Oberschenkel waren von sehr rundlicher Form und sein Bauch war so weich wie Kuchenteig. Bloß seine Oberarme waren etwas breit.

Als er vom Sitzsack fiel, lachte ich laut auf. Um mich noch mehr zum Lachen zu bringen, schnitt er Grimassen. Mit einem erwärmten Gesichtsausdruck sah er mich an.

Schließlich berührten sich unsere Lippen und er packte meine Schultern.

Während er mir seine Zunge in den Hals steckte, fiel mir auf, wie er die Augen schloss. Mit flachem Atem drückte er sein Gesicht so fest in meines, das es schon fast wehtat. John weitete den Mund und neigte ihn tiefer zur Seite, damit er mehr von meinem hatte.

Meine Augen tränten und meine Wangen wurden heiß. Es versetzte mir einen Stich, ihn mir so anzusehen, ohne jene Sorge, als wäre es das einfachste der Welt, mich zu umwerben.

Das war es leider.

Ich bekam einen Schweißausbruch und befreite mich aus der unangenehmen Position. John leckte sich die Lippen, zog die Knie an sich und sah mich an. Verschüchtert wich ich zurück. Mein ganzes Gesicht brannte vor Scham und Reuegefühl.

Was John wohl dachte? Ich wollte es lieber nicht wissen. Seine Augen waren schmal und glänzten gefährlich, wie die eines Raubtiers. Ich war seine Beute.

"Magst du Wasser?", fragte er mich mit zynischem Lächeln.

"Nein."

"Magst du wirklich nicht?", fragte er mich etwas freundlicher,  aber im Bezug auf Sex. Ich schüttelte den Kopf,  erhob das Kinn und sah ihn an.

John seufzte und stand auf.

Später verließ John still das Haus. Ich fragte mich, wohin er ging, schließlich hatte er nichts wichtiges vor.

Egal. Er war mir absolut egal. Soll er doch machen.

Ich ging zu Bett und war überrascht, weil er nach einer Stunde wiederkam. Mit einem Grinsen im Gesicht stellte er eine Tüte voller Gemüse ab. Sellerie,  Brokkoli, Fertigsuppe, Paprika, Zwiebeln.

John räumte alles ein und sah mich dann an.

"Was ist das?",  sagte ich knapp.

"Gemüse für das Essen mit Nancy."

"Äh, wie bitte?  Essen mit wem?", keuchte ich und neigte meinen Kopf. John lachte kurz und stellte den Käse in den Kühlschrank.

"Na, Nancy! Sie ist Vegetarierin und isst ausschließlich ... äh, ja, Gemüse. Sie kommt morgen. "

Ich erbrach mich ins Spülbecken.

Nach einiger Zeit stand er vor mir und wischte mir mit einem Lappen über den Mund. Leise wimmerte ich und schloss fest die Augen, um die Kopfschmerzen auszublenden.

John meinte, ich solle zum Arzt gehen.

Ich meinte, mir ginge es gut. Doch John machte mir einen Termin. Morgen.

"Das geht nicht!", rief ich mit rauer Stimme.

"Wieso? Du erbrichst jedes mal,  wenn ich etwas Wichtiges sage. Oder wenn etwas ansteht. Ich pack' das nicht mehr. ", murmelte John.

"Ich bin eben empfindlich."

"Du bist eben nicht ganz dicht", erwiderte er sanft lächelnd.

"Halt die Klappe."

Und komischerweise tat er das auch.

McLennon Fic 'No Way back' (german)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt