"Toni? Nia?" Rezo stolperte ins Zimmer, klammerte sich am Türrahmen fest. Die Verzweiflung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Sofort sprang Toni auf und war mit wenigen Schritten bei ihm.
"Rezo was...?"
"Mein Kopf... meine Gedanken. Sie... sie sind zu viel." Rezo stützte sich auf ihn, klammerte sich an Toni.
"Ich weiß nicht was ich machen soll, es ist..." Seine Stimme brach. "... zu viel." Der Ältere schluchzte auf.
"Einfach zu viel." Nia trat zu ihnen, nahm Rezo ebenfalls in den Arm, sodass Toni einen Schritt zurück treten konnte. Er wusste nicht, was er tun sollte, fühlte sich hilflos.
"Du musst mit deinen Gedanken nicht alleine sein." Nias Stimme klang eindringlich und zugleich sanft, spiegelte sein beruhigendes Streichen über Rezos Rücken wieder. Toni trat einen Schritt zur Seite, damit er einen Blick auf Rezos verzweifelten Gesichtsausdruck erhaschen konnte.
"Sprich sie aus." Toni wurde erst klar, dass er es war, der diesen Ratschlag gegeben hatte, als sich graublaue Augen auf ihn richteten. Rezo lachte trocken, während seine Tränen Nias dunkles Shirt durchweichten.
"Das willst du nicht hören." Die Stimme des Älteren klang rau und brüchig. Toni fixierte ihn über Nias Schulter hinweg.
"Ich denke schon", antwortete er. Rezo barg sein Gesicht wieder an Nias Schulter und Toni sah, wie sich seine Finger an den schwarzen Stoff klammerten.
"Ich will nicht... ich kann nicht... ich... ich..." Er entschied sich dafür eine von Rezos Händen aus dem Shirt zu lösen. Er verzog kurz das Gesicht, als der Ältere ihm seine Finger beinahe zerquetschte.
"Tut mir leid, ich..." Der Druck auf Tonis Hand ließ augenblicklich nach und doch fühlte es sich nicht besser an.
"Alles gut", unterbrach er Rezo. Aber er sah ihm an, dass nichts gut war."Rezo, willst du darüber reden? Oder ist es dir lieber, wenn du mit einem Arzt sprichst?", fragte Nia vorsichtig.
"Kein Arzt!" Rezo räusperte sich, nachdem er sich aus Nias Umarmung befreit hatte. Toni ließ seine Hand trotzdem nicht los.
"Ich... hab es nicht so damit, mich Fremden gegenüber zu öffnen." Nia nickte, während Toni den Blick des Älteren suchte.
"Okay." Okay? Eine bessere Antwort war ihm nicht eingefallen? Echt klasse Toni! Rezo wirkte zunehmend nervöser, als gäbe es etwas, vor dem er sich fürchtete. Endlich sah er auf, sodass Toni in dem Blaugrau versinken konnte. Rezo schaute zwischen Nia und ihm hin und her, ruhte schließlich wieder auf ihm.
"Ich... Könnte ich vielleicht nur mit Nia reden?" Ein scharfer Schmerz durchbohrte seine Brust, als ihn Rezos Worte erreichten. Hatte er sich gegenüber Rezo falsch verhalten? Was hatte Nia besser gemacht, als er?
"Ich vertraue dir, aber... das was ich zu sagen habe ist... ich will dir das nicht an tun. Macht das Sinn?" Der Blick des Älteren wich dem seinen schon wieder aus.
"Du würdest es... du kannst es nicht verstehen. Nia..." Rezos Blick zuckte kurz zu seinem Freund, der sich gerade eine Strähne aus der Stirn strich.
"Ich will dir das eigentlich auch nicht antun, aber..." Er fuhr sich seufzend über das Gesicht.
"Ich halte das nicht aus, meine Gedanken, alles. Ich muss mit jemandem darüber sprechen." Toni schaffte es sich zusammen zu reißen. Wenn Rezo meinte, dass es so besser war, dann konnte er ihm den Gefallen tun. Es ging hier schließlich nicht um ihn und seinen gekränkten Stolz, sondern um seinen besten Freund. Und es hatte bestimmt seinen Grund, warum Rezo nicht mit ihm darüber reden wollte.
"Wenn dir das so lieber ist, klar, kein Problem. Ich guck solange im Wohnzimmer fernseh. Also falls ihr mich braucht oder so."Verwirrt verließ Toni das Zimmer. Irgendwie war es sich nicht sicher, ob er verletzt war, oder sein sollte, weil Rezo sich nicht ihm anvertrauen wollte, oder erleichtert, dass er nicht den zerstörerischen Gedanken ausgesetzt wurde. Und irgendwie berührte es ihn auch, dass Rezo sich um ihn Sorgen machte, ihn beschützen wollte. 'Bei Nia war das damals irgendwie ganz anders gewesen', dachte Toni, als er sich auf das Sofa fallen ließ. Sofort war er von Rezos Geruch umgeben, der sich in dem Polster festgesetzt hatte. Er atmete tief ein und wieder aus, als seine Gedanken wieder zu ihrer normalen Geschwindigkeit zurück fanden. Nia hatte eine Therapie gemacht, hatte zwar mit Toni auch gesprochen, aber nicht in seinen schlimmsten Momenten. Rezo hingegen schien alles so lange leugnen zu wollen, bis es fast schon zu spät war. Seufzend fuhr sich Toni durch die Haare, stellte dann den Fernseher an. Er wollte nicht wirklich fernsehen, also achtete er nicht auf den Bildschirm, sondern verfiel stattdessen seinen Gedanken. Rezo. Warum musste er sich auch ihn seinen besten Freund verknallen? Und warum machte er sich Hoffnungen, dass er ihm ebenfalls etwas bedeuten könnte? Seinem Freund ging es dreckig, so richtig dreckig. Und er interpretierte in die kleinsten Gesten der Dankbarkeit irgendwelche Gefühle. Verdammt. Warum musste er auch nur so empfinden? Er sollte seine kindische Verknalltheit beiseite schieben und wirklich für seinen Freund da sein. Das letzte was Rezo jetzt noch brauchen konnte, war eine schwierige Freundschaft. Sein Blick richtete sich auf die Türe zum Arbeitszimmer. Er würde zu gerne wissen, was die beiden gerade besprachen, obwohl er sich noch immer nicht sicher war, ob er es wirklich wissen sollte. Toni seufzte und versuchte sich nun doch noch mit der dummen Serie auf dem Fernseher abzulenken, während er darauf wartete, dass die anderen wieder zu ihm kamen. Er hoffte nur, dass dieses Gespräch Rezo helfen würde, dem Kern des Problems auf den Grund zu kommen. Nia war gut in solchen Dingen.
Es kam ihm beinahe wie ein Dejavú vor, als seine Hand am Abend wieder über seiner Türklinke schwebte und er Rezo leise wimmern hörte. Sein Blick flog zum Sofa, wo sich Rezo hin und her wälzte. Augenblicklich ließ er von der Türe ab und ging mit schnellen Schritten zu seinem sich quälenden Freund.
"Rezo!" Behutsam rüttelte er den Älteren an der Schulter, dessen Wimmern sich mittlerweile zu einem leisen Schreien gesteigert hatte.
"Hey, wach auf." Mit einem Schrei fuhr Rezo aus dem Schlaf, sah sich panisch um, ehe seine Augen Tonis fanden.
"Alles gut, ich bin da." Beruhigend strich Toni ihm über den Arm, bis Rezo sich wieder zurück auf das Sofa fallen ließ und die Hände vor das Gesicht schlug. Vorsichtig zog Toni seine Hände wieder von Rezos Gesicht, um ihm in die Augen sehen zu können. Er hatte heute nicht oft Gelegenheit dazu gehabt, in diese wunderschönen Augen zu blicken. Rezo hatte seinen Blick auch nach dem Gespräch zumeist gemieden. Auch Nia war schweigsam gewesen, noch schweigsamer als sonst.
"Kann ich dir helfen?" Schluchzend legte der Ältere den Kopf zur Seite. In Toni zog sich alles zusammen, angesichts des Schmerzes, der darin lag.
"Oder soll ich lieber gehen?"
"Nein!" Rezo schloss schnell die Augen, ehe er sie zaghaft wieder aufschlug.
"Ich meine, wenn du willst..." Toni ergriff eine schweißnasse Hand und hielt sie fest.
"Was soll ich tun?" Rezos Finger verkrampften sich um seine Hand ehe er antwortete.
"Kannst du vielleicht hier bleiben? Bei mir?" Toni musste schlucken, warf kurz einen Blick auf ihre Hände.
"Rück rüber." Sichtbar erleichtert löste Rezo seine Hand aus der von Toni, um sich weiter an die Rückenlehne zu schieben. Ohne zu zögern legte Toni sich neben den Älteren und zog die dünne Decke über sie beide.
"Ich weiß, dass du das beim schlafen nicht brauchen kannst, aber darf ich trotzdem?" Rezo hob zögerlich den Arm über Toni.
"Warum fragst du überhaupt?", murmelte Toni und zog Rezo seinerseits in eine Umarmung. Normalerweise mochte er es nicht, wenn Menschen im Schlaf zu anhänglich wurden, aber das hier war nicht normalerweise. Und Rezo war auch nicht irgendjemand für ihn.
"Danke", flüsterte dieser an seiner Brust und kuschelte sich enger an ihn. Toni hoffte nur, dass er seinen rasenden Herzschlag nicht bemerkte. Oder zumindest nicht richtig deuten konnte. Um Rezo und vielleicht auch um sich selbst ein wenig zu beruhigen, strich er ihm sanft über den Rücken. Bereits wenige Minuten später spürte er die flache Atmung des Älteren, ein klares Zeichen dafür, dass er eingeschlafen war. Toni drehte den Kopf, schaffte es aber nicht einen Blick auf Rezos Gesicht zu erhaschen. Er könnte jetzt gehen, sich aus der Umarmung befreien und in sein eigenes Zimmer gehen. Er hatte seinen Zweck erfüllt. Er könnte, aber er wollte nicht. Toni vergrub seine Nase in den blauen Haaren, genoss Rezos Geruch, während er langsam die Augen schloss. Er wollte hier bleiben, bei Rezo, ihn einfach halten und vor seinen Albträumen schützen.
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Beinahe mehr #rezoni
FanfictionKleine Fanfiktion zu Rezoni (Rezo & Toni Pirosa) in der es darum geht, dass beide Gefühle füreinander entwickeln, die über eine bloße Freundschaft hinausgehen. Aber die Liebe wäre doch nicht die Liebe, wenn es so einfach wäre?