12.

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Maryse Lightwood hielt gerade genug Abstand, sodass der Waldboden ihr Schritte dämmte und der Wind das Geräusche von zerbrechenden Ästen davontrug. Kratzende Rinde riss leicht an ihrer makellos blassen Haut und hinterließ rötliche Striemen, ähnlich der vielen Narben auf ihrem Körper.

Sorgsam achtete sie darauf, jeden Schritt bedacht zu setzten, sich im Schatten zu halten und gleichzeitig ihre Tochter nicht aus den Augen zu verlieren. Natürlich wusste Maryse auch so, wohin Isabelle gehen würde. Es war so leicht zu durchschauen.

Sie hatte die Wut und den unbändigen Zorn in den Augen ihrer Tochter gesehen, den selben Durst nach Rache, den auch ihr Herz bereits vor Jahren verspürt hatte. Damals, als Valentin verschwunden und ihr Leben so nah an der Klippe zum Ende gestanden hatte. Als sie als beinahe einzigen Überlebenden vor den Rat getreten und auf das Urteil über ihr Leben gewartet hatten, den kleinen Alec mit seinen zerstrubbelten schwarzen Haaren und tiefblauen Augen auf dem Arm haltend.

Maryse hatte solche Angst um ihren Sohn gehabt und noch nie einen solchen Hass in sich brennen gespürt. Nicht, weil Valentin sie manipuliert hatte und sie auf ihn und seine kranken Vorstellungen reingefallen waren-Nein, das waren sie selbstschuld. Sie hasste Valentin dafür, dass er so feige gewesen war und sie nun diese Angst um Alecs Leben ausstehen musste.

Sollte der Rat sie doch verurteilen!

Sollte sie doch sterben!

Aber ihr Sohn sollte leben!

Er sollte nicht für ihre Taten büßen müssen...

Als sie damals in seine wunderschönen Augen gesehen hatte, während sie noch immer in der riesigen Halle vor dem Rat standen, hatte Maryse die Intelligenz in ihnen leuchten gesehen und sie hatte gewusst, dass seine Seele rein war und dass dieser Junge ihr Schicksal ändern würde.

Und sie hatte Recht behalten. Ohne Alec hätten Robert und sie ein sehr viel schwereres Schicksal erhalten. Aber trotz all ihrer Fehler und Untaten wurde ihnen die Verantwortung für das New Yorker Institut gegeben -und damit ein sicheres Zuhause für ihren Sohn.

Maryse lächelte bei diesem Gedanken. Sie konnte sich noch gut erinnern, was für ein wunderbares Gefühl es gewesen war, als auch Isabelle in Decken gehüllt und mit ihren dünnen Ärmchen schlagend in die kleine Wiege vors Feuer gelegt wurde und Alec neugierig um sie herum gesprungen war.

Von Anfang an hatte er seine kleine Schwester beschützt und auch Max war ein Geschenk des Himmels für ihre Familie gewesen.

Jetzt war er tot.

Und nun wollte Isabelle einzig Rache für all das Unglück, das Sebastian in ihr Leben brachte.

Und Maryse konnte ihre Tochter verstehen, denn nach allem, was sie in ihrer Vergangenheit bereits erlebt  und getan hatte, wusste sie, dass Sebastian nicht länger leben und auf Erden wandern durfte. Jemand musste ihn besiegen, aber nicht aus Rache.

Jemand musste töten, aber nur um Leben zu retten, nicht um es zu nehmen.

Maryse wusste das alles instinktiv, sobald  sie ihre Tochter heimlich und in aller Aufregung aufbrechen sah. Sie hatte gewusst, dass sie Isabelle nicht alleine lassen durfte.

Izzy war nicht diejenige, die Sebastian töten sollte- sie handelte schlichtweg aus den falschen Gründen.

Maryse hätte es ihrer Tochter auch einfach genauso sagen können, in der Hoffnung, dass Izzy verstehen und ihr vertrauen würde, aber irgendetwas hielt sie zurück.

Und so kam es, dass sie der jungen Schattenjägerin hinterherschlich, ohne sie auf sich aufmerksam zu machen.

Nur leider lenkten ihre Gedanken Maryse ab und sie stolperte und wäre fast zu Boden gestürzt, konnte sich aber noch gerade rechtzeitig fangen. Konzentiert achtete sie nun sorgsamer auf den Weg, um nicht noch einmal beinahe zu stürzen und somit den ganzen Wald auf sich aufmerksam zu machen.

Through The Dark (Malec, Chroniken der Unterwelt)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt