Die sechs Thatchers
Als mich mein Wecker aus dem Schlaf riss, stellte ich ihn ab und starrte gedankenverloren an die Schlafzimmerdecke. Meine Gedanken kehrten zu meinem Traum zurück, in dem John und ich erneut die Geiseln von Jim Moriarty gewesen waren und dieser hatte Sherlock gedroht uns zu töten, sollte er sich nicht das Leben nehmen. Es war ein grauenvoller Albtraum gewesen und auch ein Schatten der Vergangenheit, der mich einfach nicht loslassen wollte, wie viel Zeit auch verging.
Mein Blick wanderte zu der anderen Seite des Bettes, wo sonst immer Ezra gelegen hatte, doch sie war natürlich leer. Es waren nun schon ein paar Wochen vergangen, seit wir beschlossen hatten, dass wir eine Zeit lang Abstand zueinander nehmen würden und Ezra fehlte mir in jeder Sekunde.
Aber ich hatte ihm versprochen, dass ich mich erst entscheiden würde, wenn ich mir über meine Gefühle im Klaren war und das war bezüglich Sherlock Holmes noch immer die reinste Achterbahnfahrt. Seit Sherlocks Flug ins Exil ohne Widerkehr unwiderruflich gecancelt worden war und die Botschaft von Moriarty ganz England in Aufregung versetzt hatte, war ich ihm zum größten Teil aus dem Weg gegangen und hatte mich in meine Arbeit gestürzt. Und wenn ich Sherlock dann mal einen Besuch abgestattet hatte, dann war er entweder mitten in einem Fall gewesen, die ihm allerdings alle zu langweilig gewesen zu sein schienen, oder er hatte einfach nur stumm in seinem Sessel gesessen, in die Küche gestarrt und gewartet. Worauf, das hatte er nicht gesagt, aber ich spürte, dass es dabei um Moriarty ging.Seufzend erhob ich mich aus dem Bett und zog mich um, ehe ich in die Küche marschierte und mir einen Tee kochte. Mein Blick glitt aus dem Fenster, wo ich den bewölkten Himmel betrachtete und das eigenartige Gefühl hatte, dass dieser Tag mal wieder aufregende Ereignisse mit sich bringen würde.
Und als hätte ich es geahnt, klingelte genau in diesem Augenblick mein Handy und ich schmunzelte, als ich den Namen meines Partners auf dem Display sah.,,Greg...guten Morgen. Na, was hast du heute für ein Anliegen?", fragte ich und er klang noch mächtig verschlafen.
,,Wir haben gestern noch eine Leiche gefunden. Der Sohn eines vermögenden Ehepaars. Heute wollte ich mit den Eltern sprechen und hatte gehofft, du würdest mitkommen."
,,Sicher! Wann denn?", hakte ich nach und Greg knirschte eine wenig mit den Zähnen.
,,Eigentlich sofort. Ich bin schon auf dem Weg dahin und würde dir die Adresse schicken."
Ich war ein wenig irritiert, dass Greg mich erst heute anrief, wenn sie schon gestern die Leiche geborgen hatten, aber vermutlich wollte er mich an meinem gestrigen freien Tag nicht stören. Und da Greg ohnehin kein besonders großer Fan von Vernehmungen war, überließ er die Befragungen sehr gerne mir.
,,Ist gut! Schick sie mir und ich mache mich auf den Weg.", sagte ich schließlich und mein Partner klang erleichtert.
,,Danke, Evelyn! Bis gleich!"
Prompt legte er auf und ich steckte mein Handy seufzend in die Hosentasche. Ein neuer Mordfall war jetzt genau das, was ich brauchte. So kam ich zumindest auf andere Gedanken, obwohl ich natürlich wusste, dass mich das nicht drum herum brachte, mich mit meinen komplizierten Gefühlen für Sherlock auseinander zu setzen. Aber ich sah es positiv und hoffte einfach darauf, dass ich schon bald einen Ausweg aus diesem Dilemma finden würde.
***
Als ich die Villa schließlich erreichte, staunte ich nicht schlecht. Sie war fast so gigantisch wie die von Ezras Eltern und obwohl ich solche Häuser ja inzwischen auch durch Mycroft gewohnt sein müsste, so fühlte ich mich dennoch immer noch ein wenig befremdet, wenn ich sie betrat. Und als ich die gelben Absperrbänder überall sah, sank meine Motivation auf den Tiefpunkt, da sich mein Mitgefühl für die Eltern des Opfers durchkämpfte.
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Sherlock - Das Spiel des Todes
FanfictionAls die junge Polizistin Evelyn Headley nach London zieht, nimmt ihr Leben eine unerwartete Wendung. Sie trifft auf das ungleiche Ermittlerduo Dr. John Watson und den außergewöhnlichen Detektiv Sherlock Holmes. Gemeinsam müssen sie zusammenarbeiten...