5. Kapitel

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MARCELS POV

Ich bin am Strand um den Sonnenuntergang zu beobachten. Jemand sitzt am Ende des Piers. Ich kann eine dunkle Figur gegen den blutroten Himmel sehen. Von dort müsste man die beste Aussicht haben. Ich gehe den Pier herunter und setze mich neben die Figur.

Ich gucke zu dem Typen rüber. Er ist wunderschön um es gleich zu sagen. Er hat diese aufregende Kombination von blauen Augen und so dunklem Haar, dass man es nicht mehr braun nennen kann. Er ist groß und schlank. Man kann ihn sich gut in einem Teenie-Magazin vorstellen, mit etwas mehr Muskeln und etwas dunklerer Haut.

„Hi“ sagt er ohne mich anzugucken.

„Schöner Sonnenuntergang“ meine ich

„Bisschen klischeehaft, oder?“ Er dreht sich um und guckt mich an. Von vorne ist er sogar noch süßer. Ich nicke, während ich langsam auf meiner Unterlippe herumkaue. Eine schlechte Angewohnheit.

„Ich bin Sam“ er guckt kurz runter auf meine Lippen bevor er sich wieder zum Himmel dreht.

„Marcel“ sage ich, während ich ihn immer noch anschaue. Ich versuche, meine Augen abzuwenden, aber sein Anblick hält mich gefangen. Irgendwann schaffe ich es, mich dazu zu bringen, wieder in den Himmel zu schauen.

„Gehst du hier zur Schule?“ fragt er.

„Ich bin im ersten Jahr am College“ antworte ich.

„Ich im zweiten“ Gott sei Dank, ich dachte schon er wäre zu alt. Du bist eine männliche Schlampe, Marcel. Du hast Gefühle für deinen Ex, du willst Erholung. Warte, das ist nicht richtig, du willst keine Erholung, du willst etwas, was dein gebrochenes Herz wieder heil macht. Du willst etwas, was dich Louis vergessen lässt. Gibt es sowas überhaupt?

„Weißt du, was verrückt ist?“ unterbricht er meine Gedanken.

„Was?“ frage ich leise.

„Wir können unser Leben immer ändern, wenn wir wollen. Man kann seinen Tumblr-Account löschen, aufhören, Fleisch zu essen, seinen Kopf rasieren, anfangen zu joggen, der Person, die man hasst, sagen, warum man sie so sehr hasst, jemandem seine Liebe gestehen, jemanden einfach so küssen. Warum tut es niemand? Wir müssen unser Leben leben, solange wir dafür Zeit haben.“ sagt er. Ich beobachte, wie sich seine Lippen bewegen, während er redet.

„Die Angst vor den Konsequenzen. Das ist, was die Leute zurückhält. Es ist uns eingetrichtert worden, das alles Böse eine Art von Bestrafung mit sich bringt. Manche Leute denken, dass alles, was anders ist, böse ist. Also schließen sie, dass, wenn sie etwas anderes machen, sie bestraft werden“ denke ich laut. Ich bedauere es sofort, keiner will einen Streber vor sich hin reden hören.

„Donnerwetter, was für eine Person“ er zitiert ‚Das Schicksal ist ein mieser Verräter‘. Erstaunt schaue ich zu ihm auf und er beobachtet mich.

„Ich liebe dieses Buch“ sage ich schnell. Er leckt sich über die Lippen.

„Ich auch“

Ich beobachte, wie sich seine Brust hebt und senkt. Es wird langsam dunkel.

„Ich muss gehen“ sagt er und steht auf.

Ich will fragen, wann ich ihn wiedersehen kann. Aber als ich mich umdrehe um ihn zu fragen, ist er schon weg. Aber da, wo er saß, liegt ein Zettel. Ich greife danach und lese ihn gierig.

„Schreib mir: XXXX/XXXXXXX“

Ich speichere die Nummer in mein Handy und beobachte wie der Himmel dunkler und dunkler wird. Am liebsten würde ich ihm sofort schreiben, aber das kommt verzweifelt rüber. Ich verspreche mir, es nicht vor morgen früh zu tun. Ich bleibe am Strand, bis man die Sterne und den Mond sehen kann, bevor ich langsam zurück zu meinem Auto gehe und zurück zum Wohnheim fahre.

LOUIS' POV

Ich nehme mein Handy und laufe über die Treppen auf das Dach des Wohnheims. Ich setze mich an den Rand und lasse meine Füße über die Stockwerke unter mir hängen. Dann rufe ich Marcel an.

Ich lasse es klingeln, bis die Mailbox rangeht. Ich drücke den roten Hörer genau dann, wenn das „Piep“ ertönt. Dann rufe ich nochmal an.

Das wiederhole ich für mindestens eine Stunde. Inzwischen müsste ich an die 40 Mal angerufen haben. Bei den letzten paar habe ich geweint. Seine Mailbox-Ansage endet gerade und ich höre den Piep-Ton, der mir sagt, dass ich aufgenommen werde.

„Marcel“ schluchze ich, „es tut mir so leid. Das weißt du, oder? Oh Gott, es tut mir so leid. Ich liebe dich. Ich will nach Hause, Marcel.“ Dann lege ich auf.

Ich stecke mein Handy weg und verstecke mein Gesicht in meinen Händen. Ich denke darüber nach, wie leicht es sein würde, einfach vom Dach zu rutschen, jetzt gleich. So eine kleine Bewegung könnte das alles beenden. Marcel könnte mich endlich vergessen und weiterdenken. Es ist immer auch Erleichterung dabei, wenn man aufgibt.

Aber das ist feige. Ich habe mich schon zu sehr wie ein Feigling verhalten. Man muss sich mit den Dingen, die passieren, auseinandersetzen. Man muss sich mit seinen Gefühlen auseinandersetzen. Man kann nicht einfach immer wegrennen.

MARCELS POV

Ich sehe, dass Louis mich dauernd anruft. Ich ignoriere jeden einzelnen Anruf. Als ich nicht einschlafen kann und mich nur herumwälze, höre ich mir die einzige Nachricht an, die er hinterlassen hat.

Und er weint. Er klingt gebrochen. Es tut weh, ihn so zu hören, denn ich habe ihn erst ein oder zwei Mal weinen sehen. Er sollte der starke von uns beiden sein. Vielleicht ist das schrecklich, aber ich habe erwartet, dass es ihm immer gut geht. Aber das ist jetzt egal. Es ist egal.

Am nächsten Morgen entscheide ich, noch ein bisschen im Bett zu bleiben. Das ganze Denken macht mich krank. Auch körperlich. Meine Mutter meinte, wenn man sich zu gestresst fühlt, sollte man eine Pause einlegen. Das ist, was ich gerade mache, denke ich mal. Zum Glück habe ich erst um 3 Unterricht.

Spencer ist schon weg, er hat die meisten Kurse so früh wie möglich gelegt, damit er sie hinter sich bringen kann und dann den Rest des Tages für sich hat.

Ich hoffe, Louis lässt mich erst mal in Ruhe. Ich glaube, wir brauchen das beide. Wir müssen uns über uns selbst klar werden. Ich muss weiterdenken und er muss mich in Ruhe lassen. Ich glaube, das macht Sinn und ich hoffe, er versteht es.

Ich entscheide mich, Sam jetzt anzuschreiben.

Ich: Hey

Sam: Marcel?

Ich: Jap

Sam: war mir nicht sicher ob du den zettel gesehn hast

Ich: wollte warten

Sam: wohnst du im wohnheim?

Ich: ja mit einem aus dem 2. Jahr

Sam: wie heißt er?

Ich: Spencer

Sam: kenn ich nicht

Ich: wohnst du im wohnheim?

Sam: ja tu ich

Ich: wir sollten uns mal treffen

Sam: ich geh zu Starbucks und hör anderen leuten beim reden zu

Ich: Haha mach ich auch manchmal

Sam: wir sind uns vielleicht ähnlicher als wir dachten

Ich: ja vielleicht

Sam: was machst du heute so

Ich: bin heute faul hab bis jetzt nur im bett gelegen, hab um 3 unterricht

Sam: wir sollten kaffee trinken gehen

Ich: als freunde oder so?

Sam: oder so ;)

Ich spüre mein Herz in meiner Brust flattern. Ich spüre wie meine Hände anfangen zu schwitzen.

Oder so?

Did you say Louis Tomlinson? (german/deutsch) Larry/LarcelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt