Pure Romanze

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„Wow, das war ... echt gut!", flüsterte Gideon mir atemlos ins Ohr.
Ich grinste in sein Haar und löste mich langsam von ihm. Das war es wirklich... aber irgendwie war es auch seltsam. Wir benahmen uns in letzter Zeit so völlig ohne Zurückhaltung. Ich kannte sowohl ihn als auch mich so gar nicht.
„Alles okay?", fragte er als wir uns beide wieder anzogen.
„Ja klar... ist bloß irgendwie komisch."
Er schaute mich überrascht an. „Was ist komisch?"
„Naja... ich hätte halt schon nicht gedacht, dass ich nur Blümchensex haben würde, beziehungsweise hab ich da eigentlich überhaupt nicht drüber nachgedacht... aber das hier ist nun mal echt was anderes."
„Aber das war doch nicht besonders dreckig... oder sowas, oder findest du das?"
„Nein, eigentlich nicht... aber es war halt im Auto... und es ist halt schon krass, wie wir in letzter Zeit einfach nicht die Finger voneinander lassen können... Ich meine, ich konnte die komplette Autofahrt über an nichts anderes denken, als an deinen..."
Gideon lachte. „Aber ist das denn was schlimmes?"
„Nein, eigentlich nicht..."
„Willst du sowas wie hier nicht mehr machen? Das wäre total okay für mich."
„Nein, auf gar keinen Fall... das war wirklich... unfassbar gut."
„Gott sei dank", kicherte Gideon. Ich schaute ihn fragend an. „Na ja, Gwen... ich steh auf solche Dinge... ich bin halt sehr froh, dass du das bis jetzt alles gut fandest, auch auf den Partys und so, weil ich nicht auf.. Blümchensex oder sowas stehe..."
„Du stehst auf schmutzigere Sachen, oder?" Ich biss mir nervös auf die Unterlippe.
„Ich steh auf dich, Gwendolyn", antwortete mir Gideon und beugte sich zu mir rüber, um mich sanft zu küssen.
„Und es wäre tatsächlich okay für mich. Ich liebe Sex. Vor allem mit dir, aber wenn es sein müsste, würde ich auf alles, was mir vorschwebt und was ich mit dir zusammen ausprobieren möchte, verzichten, sofern du es nicht möchtest."
Er hielt mein Gesicht in meinen Händen und schaute mir tief in die Augen. Ich musste lächeln.
„Ich probiere gerne Dinge aus. Es ist einfach was neues, aber das heißt nicht, dass mir solche anderen Sachen nicht gefallen. Im Gegenteil."
Erleichterung machte sich auf Gideons Gesicht breit. Wer konnte es ihm verübeln? Ich hatte inzwischen verstanden, dass er in gewisser Hinsicht, anders war, als der Gideon, den ich kennengelernt habe. Aber ich hatte kein Problem mehr damit.
„Also. Wo genau wolltest du denn jetzt ursprünglich mit mir hinfahren?"
„Ach, stimmt ja.. ähm.. das wirst du gleich sehen."
Ich stöhnte genervt auf und verdrehte die Augen. Konnte er es mir etwa immer noch nicht sagen?
„Ist nicht mehr weit, keine Sorge."
Er setzte sich wieder vernünftig ans Steuer und fuhr in den Rückwärtsgang. Raus aus der Gasse, in die er „notgedrungen" rein gefahren war. Nach nur fünf Minuten Fahrt stiegen wir aus und er holte mehrere Wolldecken aus dem Kofferraum. Es war wirklich unfassbar kalt. Die kühle Herbstnacht ließ mich trotz meiner warmen Jacke frösteln. Gideon nahm mich bei der Hand und führte mich einen schmalen Pfad entlang durch ein paar Bäume. Das Licht von der Straße ausgehend kam kaum noch bis hier hin, weshalb ich mich etwas näher an ihm festhielt.
„Ich dachte mir, das hier gefällt dir vielleicht", sagte Gideon, als wir Sicht hatten auf einen kleinen See direkt vor uns.
„Wow", flüsterte ich. Ein paar superalte Laternen spendeten ein wenig Licht, sodass das Wasser aussah, als würde es schimmern. Wir waren quasi auf einer kleinen Lichtung. Ums uns herum Bäume und Wald, obwohl wir gar nicht sehr weit weg von der Straße waren. Es war echt wunderschön.
„Du weißt, dass ich nicht sehr auf Kitsch stehe."
„Und es gefällt dir trotzdem", stellte er fest.
„Total", gab ich zu.
„Hier sind halt eigentlich so gut wie nie irgendwelche Leute, ich hab das irgendwann mal durch Zufall entdeckt und fand das einfach so entspannend hier, dass ich bestimmt drei Stunden einfach nur da saß und auf's Wasser geschaut habe", erklärte er, während wir es uns mit den Wolldecken auf dem Gras gemütlich machen.
„Und warum ist hier nie jemand? Das ist doch so nah bei der Straße."
„Na ja, aber auch die Straße dahinten ist ja eher so ein Feldweg wo die Leute mal eben langfahren, um schnell wieder in der Stadt zu sein, wenn da überhaupt mal jemand lang fährt."
„Mhh", machte ich und kuschelte mich enger an ihn.
„Schläfst du jetzt ein?", kicherte Gideon.
„Nein, aber ich könnte. Das ist gerade so beruhigend hier." Ich blickte auf und drehte mich in seine Richtung. „Danke."
„Dafür nicht, Gwen", antwortete er und küsste mich sanft.

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