Kapitel 12

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So schnell mich meine Beine tragen laufe ich durch den Wald. Der Alpha ist direkt hinter mir. Noch glaubt er, dass er die Oberhand hat und ich vor Angst davon laufe. Aber sobald wir weit genug vom Geschehen entfernt sind, wird sich das Blatt wenden. Denn in meinem Kopf hat sich ein Plan geformt, den ich jetzt nur noch in die Tat umsetzen muss.

Das Adrenalin fließt durch meine Adern und lässt mich noch aufmerksamer werden. Jedes Geräusch wird in meinem Kopf analysiert und ich versuche jeden Schritt des Wolfes vorher zu sehen. Mein Atem wird immer schneller, da mein Tempo extrem hoch ist. Eine Notwendigkeit, um nicht von dem Alpha eingeholt zu werden. 

Und dann entdecke ich meine Chance. Einen umgestürzten Baum. Mit vollem Tempo renne ich darauf zu und springe darüber. Nur um nun abrupt abzubremsen und mich direkt an den Stamm zu pressen. Und wie erwartet springt ein großer schwarzer Wolf direkt über mich hinweg, nur um verwirrt stehen zu bleiben.

Ohne zu zögern nutze ich meine Chance und stürze mich von hinten auf den Alpha. Kurz habe ich die Oberhand, doch schnell wird klar, dass ich einfach nicht genügend Erfahrung habe, um mich gegen einen geübten Kämpfer durchzusetzen. Trotzdem kämpfe ich mit aller Kraft und versuche meine Krallen und meine Zähne mit aller Macht in den Körper des Wolfes zu vergraben.

Und auch wenn ich alles gebe und dem Alpha auch einige Kratzer und ein paar schwerere Verletzungen beibringen kann, reicht es nicht, um ihn wirklich außer Gefecht zu setzen. Schon nach wenigen Minuten hat der Alpha die Oberhand, auch wenn mir meine Schnelligkeit und Wendigkeit einen Vorteil verschafft. Einigen Angriffen kann ich geschickt ausweichen, aber bei weitem nicht allen. Daher werde ich auch immer langsamer, während ich den Wolf kaum verletzen kann.

Verzweifelt muss ich feststellen, dass ich es wohl nicht mehr lebendig hier raus schaffen werde. Und nach mir folgen Rafael, seine Geschwister und dann das ganze Rudel. Diese Gedanken lenken mich einen Augenblick ab, was diesem Kampf ein schnelles Ende bereitet.

Nach einem harten Schlag auf meine Flanke bleibe ich schließlich kraftlos am Boden liegen. Meine linke Seite ist aufgerissen, mein halber Körper mit Wunden überseht. Müde kippe ich einfach zur Seite und kann nur beobachten, wie der Alpha auf mich zukommt. Innerlich bete ich zu einem Wunder, doch ich habe mich schon mit meinem Tod abgefunden.

Bis der Alpha auf einmal schmerzvoll zusammen zuckt und anschließend ein ohrenbetäubendes, herzzerreißendes Heulen von sich gibt. Das ist der Moment wo ich mich noch einmal aufraffe und ihn anspringe. Wir gehen zu Boden, ich habe mich in seiner Kehle verbissen und er wehrt sich mit allem was er hat. Doch mein Sprung war gut und mein Kiefer hält seine Kehle fest, auch wenn mir die Kraft ausgeht. 

Einige Minuten liegen wir Beide einfach nur auf dem Boden und der Wolf kämpft um sein Leben, bis auf einmal keine Reaktion mehr erfolgt. Noch weitere Minuten liege ich einfach nur da, bis ich schließlich das Maul öffne und meinen Kopf hebe. Mir entgegen blicken leere Augen, was mich unglaublich erleichtert. Wir haben es geschafft! Dieses Rudel ist keine Gefahr mehr für die Kinder, die Alten und Verletzten! Alle sind in Sicherheit!

Am liebsten würde ich mich jetzt zusammen rollen und schlafen. Mich einfach nur ein paar Minuten ausruhen und erholen. Doch mir ist bewusst, dass ich dann wahrscheinlich nicht mehr aufwachen werde. Ich brauche Hilfe. Also muss ich es irgendwie wieder zurück schaffen.

Nach mehreren schmerzvollen Minuten stehe ich wieder auf meinen vier Pfoten und setze vorsichtig einen Schritt vor den anderen. Wie in Trance laufe ich einfach weiter, auch als ich Stimmen höre und Bewegungen wahrnehme. Aber ich muss es zurück schaffen! Ich muss sehen, dass es den anderen gut geht! Für andere Gedanken ist in meinem Kopf überhaupt kein Platz.

Nach einer gefühlten Ewigkeit trete ich schließlich aus dem Wald. Doch kaum habe ich den Kopf gehoben und bin diesem wunderbar grauen Blick begegnet, schaltet mein Körper ab. Ich spüre noch, wie ich auf der Seite aufschlagen, dann verliere ich das Bewusstsein und bekomme nichts mehr mit. Aber wenn es Rafael gut geht, dann hat es sich gelohnt. Wenn es ihm gut geht, dann sind auch alle Anderen in Sicherheit. Denn er ist der eigentliche Alpha und es ist die Eigenschaft eines Anführers für sein Rudel zu sorgen.

Am Rande bekomme ich immer wieder hektisches Treiben und laute Stimmen mit. Aber egal wie sehr ich es versuche, ich schaffe es einfach nicht aufzuwachen. Meine Augen sind einfach zu schwer. Alles tut mir weh und mir brummt der Schädel. Wahrscheinlich habe ich so viele Verletzungen davon getragen, dass ich hier vor Ort verbluten werde. Doch ich habe mein Ziel erreicht. Ich habe jene verteidigt, die mir am Herzen liegen. Und das ist etwas, worauf ich stolz sein kann. 

Allein Unter WölfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt