Einsicht ☆

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Fiona's Sicht:

Mir war vollkommen klar gewesen, dass Markus wütend werden würde, wenn er mich in diesem Zustand sieht. Das er jedoch einen auf Bestimmer und auf überfürsorglich macht und mir vorschreibt, was ich zutun habe, das geht zu weit. Denn schließlich kann ich ihm ja nicht all zu viel bedeuten, wenn er sich immer mit einer anderen einlässt. Ich lass einiges über mich ergehen, aber das mit Sicherheit nicht.

"Wer hat dich denn jetzt gefragt, nh!? Was du willst interessiert mich kein bisschen! Und außerdem, was fällt dir ein mich so anzubrüllen?! Ich kann machen was ich will und nun halt den Rand und lass mich bloß in Ruhe, du verdammtes Arschloch!"

Ich war auf 180, wenn nicht sogar noch wütender. Meine Kehlkopf schmerzte, so laut musste ich gebrüllt haben. Überraschenderweise waren meine Sinne so klar wie lange nicht mehr. Von dem Alkohol war nichts mehr zu spüren.

Markus und ich starrten uns gegenseitig an. So viel Zorn und Wut lag in seinem Blick, dass ich eine Menge an Kraft aufbringen musste, um nicht wegzuschauen. Auch, wenn ich im Moment sehr wütend und enttäuscht von ihm war, meine Liebe für ihn war nach wie vor vorhanden. Um so schwerer fiel es mir, mit meinen Gewissen diesen Streit vereinbaren zu können. Ich könnte Markus heute ein für alle Mal verlieren, aber wollte ich das überhaupt?

"Mir reicht's! Mach doch was du willst! Ich habe es so satt, das du aus allem so eine Drama machst.
Ist es wegen gestern? Hast du dir deshalb so die Kante gegeben? Darf ich mich nicht mal mit einem Mädchen treffen bzw. mit einem Mädchen, abgesehen von den hier anwesenden, befreundet sein? Ist es das was du willst?" 
schrie mir Markus entgegen. Seine Hände waren zu Fäusten geballt. Ich verspürte Angst und meine Gedanken überschlugen sich.

Ich hörte wie um uns herum vereinzelt scharf die Luft eingezogen wurde. Selbst Marlon, der sonst immer so gelassen schien, sah ratlos drein. Die Situation zwischen uns schien zu eskalieren, denn selbst alle um uns herum spürten die Anspannung deutlich.

Maxi wollte Markus an der Schulter ein Stück zu sich ziehen, aber das ließ er nicht zu. Sofort schlug er Maxi's Hand weg, um mich im nächsten Moment wieder mit seinem wütenden Blick zu fixieren.

Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Es war aussichtslos. Markus würde seine Fehler nie einsehen.

Meine Wut verschwand, stattdessen breitete sich Hoffnungslosigkeit und Traurigkeit in mir aus. Tränen kämpften sich ihren Weg nach oben. Ich presste meine Lippen aufeinander, was sollte ich ihm nun sagen?

Mein Blick glitt auf den Boden, zu meinen Füßen. Nun war ich diejenige, die ihre Hände zu Fäusten ballte. Warum war es so zwischen uns? Wieso endete es immer im Streit? Ich war ein Sturkopf, verdammt ja! Markus wusste das auch, er selbst war ja auch einer.

Ich sammelte meine Gedanken und konzentrierte mich auf meine nächsten Worte. Er sollte nicht bemerken, wie leicht verletzbar ich doch war und vor allem, wie abhängig ich von ihm bin.

"So wie es jetzt zwischen uns ist, so war es schon einmal gewesen, weißt du noch? Du wirfst mir Dinge vor, die ich in deinen Augen falsch mache, aber suchst du vielleicht auch mal die Fehler bei dir? Ich bin nicht fehlerfrei, nein, aber du auch nicht, Markus von Theumer.
Weißt du, wenn ich dich verdammt nochmal nicht lieben würde, dann würde mir doch alles was dich betrifft glatt am Allerwertesten vorbeigehen, aber dem ist eben nicht so. Ich habe verflixt nochmal Angst dich zu verlieren. Du belügst mich und hast Geheimnisse vor mir und denkst, ich bekomme das alles nicht mit? Als ob ich dich gar nicht kennen würde?! Das verletzt mich verdammt nochmal ungemein!"

Ich hatte meine Gefühle freien Lauf gelassen, ich musste das alles mal loswerden. Sollten die anderen doch denken was sie wollten. Maxi schaute zu mir, nur er wusste wie es tief in mir aussah. Er war mein bester Freund. Am liebsten hätte ich ihn jetzt umarmt, aber ich war noch nicht fertig mit Markus.

"Na los, auf was wartest du Markus? Schrei mich an, mach mich schlecht! Sag mir, was ich für eine furchtbare Freundin bin! Mach schon!"

Nun war es zu spät. Die Tränen liefen an meinen Wangen entlang. Vanessa kam zu mir und nahm mich in dem Arm. Sie drückte mich so fest an sich, dass ich mich wunderte, wo sie auf einmal diese Energie hernahm.
Vorsichtig streichelte sie mir über den Rücken und flüsterte mir beruhigende Wörter ins Ohr.

Sanft, aber bestimmt drückte ich Vanessa von mir weg. Mit meinen Lippen formte ich ein stummes 'Dankeschön' , bevor ich mich umdrehte und ging. An Training war für mich heute nicht mehr zu denken. Ich wollte nur noch in mein Bett und heulen - mal wieder.

Maxi's Sicht:

Fiona ging. So verletzt und einsam, wie sie den Platz bereits betreten hatte, so ging sie auch wieder. Wie gern wäre ich ihr hinterher gegangen und hätte sie getröstet, aber das war nicht meine Aufgabe. Nicht dieses mal. Markus hatte es verbockt, mal wieder und auch er musste es wieder gerade biegen.
Wir alle schauten Fiona hinterher, bis sie aus unserem Blickfeld verschwunden war. Ich bemerkte wie Leon sich mit den Händen über das Gesicht fuhr und kurz mit dem Kopf schüttelte, bevor er sagte:

"Das war's für heute. Verdammt Markus, bring das wieder in Ordnung. So wichtig wie ihr beide mir auch seid, wir haben bald ein Spiel! Wir müssen trainieren, aber was noch viel wichtiger ist, wir müssen ein Team sein, um unsere Gegner  besiegen zu können."

Mit diesen Worten ging er und der Rest folgte ihm. Vanessa wollte noch etwas sagen, aber Leon machte ihr mit einem Blick klar, das es nichts bringt, wenn sie Markus jetzt auch noch ein paar Takte erzählen würde. Vanessa und Fiona verband eine enge Freundschaft.

Als alle weg waren drehte sich Markus zu mir um und schaute mich an. In seinem Blick war nichts mehr von dem anfänglichen Zorn zusehen, denn sein Blick war leer. Er dachte nach, kein Zweifel.

"Sie hat Recht, oder? Verdammt Maxi, ich vermisse sie so, aber sie ist so abweisend zu mir. Was soll ich denn machen? Mir fehlt diese Nähe und all das was wir am Anfang der Beziehung hatten, verstehst du was ich meine?"

Mir war sofort klar, welchen Sehnsüchte hinter dieser Aussage steckten. Keiner konnte es ihm verübeln, auch ich nicht, aber wenn wir mal ehrlich waren: Fiona hatte eine ganz besondere Wirkung auf Jungs bzw. Männer. Sie tat viel für ihren Körper und auch ihr Charakter war mehr als perfekt. Jedoch hat jeder Mensch auch Seiten, welche nicht so schön sind und diese hatte auch Fiona. Markus muss lernen auch diese an ihr  zu lieben und zu akzeptieren.

"Sie hat Recht, genauso wie du Recht hast in einigen Punkten. Ihr liebt euch beide, Streit gehört zu einer Beziehung dazu. Markus, du musst aber lernen, so perfekt Fiona auch ist, sie ist wahnsinnig zerbrechlich. Sie hat viel durchgemacht und braucht Zeit, aber vor allem braucht sie dich. Geh zu ihr, na los!"

Mit diesen Worten klopfte ich ihm nochmal auf die Schulter und ging auch meinem Weg.
Das Schmunzeln, welches sich auf Markus Lippen geschlichen hatte, konnte ich leider nicht mehr erkennen.

Alles oder Nichts  ☆Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt