Zu spät?

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In der Sonne zu liegen und an einem leckeren Cocktail zu nippen hat schon was. Da die Polizei noch immer das Hotel in Beschlag nimmt, habe ich mich an den Strand begeben. Hier habe ich etwas Abstand zu allem, außerdem bin ich sowieso nicht befugt irgendwelche Ermittlungen anzustellen. 

Aber das wird mich nicht davon abhalten mich weiter einzumischen. Denn ich bleibe bei meiner Meinung, dass es nicht der letzte Mord sein wird. Das sagt mir meine Intuition, aber das konnte ich diesem Schnösel von Sergeant nicht auf die Nase binden. 

Hätte ich das getan, dann hätte ich ihm meinen Hintergrund nennen müssen und auch wenn ich nicht mehr beim MI6 bin, möchte ich nicht, dass jemand davon erfährt. Es ist immer gut unentdeckt zu bleiben, egal ob man im öffentlichen Dienst ist, oder eben nicht. 

Das lernt jeder Agent gleich am Anfang, neben der Tatsache, dass jede Aktion auch eine Reaktion zur Folge hat. Und da ich bei Männern, wie Dallas Clark einen siebten Sinn habe, weiß ich, dass er weiterforschen wird, so lange, bis er weiß wer ich bin und woher ich die Infos über Vlad habe. 

Aber solche Details sind gut gesichert und nicht zugänglich für einen karibischen Polizisten wie ihn, auch wenn Barbados zum Commonwealth gehört und er deshalb, genau wie ich, ein britischer Staatsbürger ist. Das Rauschen des Meeres dringt in meine Ohren, als sich etwas vor mir aufbaut und mir die Sonne stiehlt, mache ich ein Auge auf und erkenne, dass ein gewisser Sergeant vor mir steht. 

Wenn man vom Teufel spricht, denke ich und schließe die Augen wieder.

„Sie stehen mir in der Sonne", sage ich kühl und versuche das Prickeln auf meiner Haut, dort wo er mich ansieht, zu ignorieren. Doch das ist gar nicht so einfach, wie ich es mir gedacht habe.

„Was wollen Sie?", sage ich genervt, denn sein Auftauchen zehrt wirklich an meiner Geduld. Es scheint fast so, als ob er mich im Auge behalten würde.

„Ich möchte mit Ihnen reden", meint er trocken und macht einen Schritt zur Seite, sodass er mir nicht mehr die Sonne stiehlt. Sofort wird es wärmer und ich entspanne mich wieder, aber ich mache keine Anstalten mich mit ihm unterhalten zu wollen. Was Dallas ziemlich ärgert. Ich spüre, wie er sich anspannt, sich um Beherrschung bemüht und das amüsiert mich mehr, als alles andere.

„Ich habe meine Aussage bereits getätigt, Sergeant. Und da ich nur eine Touristin bin, wüsste ich nicht, was ich Ihnen noch sagen könnte", erwidere ich und setze mich auf, um an meinem Pina Colada zu nippen. 

Dallas schnaubt und reibt sich den Nacken, was mich seinen beachtlichen Bizeps betrachten lässt. Als er mich ansieht, schaue ich schnell wieder weg, bin mir aber nicht sicher, ob ich schnell genug war. Und wenn, er taxiert mich auch ständig mit Blicken.

„Wir wissen beide, dass das nicht stimmt", meint er und in seiner Stimme kann ich die Verärgerung erkennen, die sich langsam zur Wut entwickelt. Die ich noch ein wenig schüren möchte, in dem ich aufstehe, mir den Sand vom Hintern wische und in Richtung Meer tipple. 

Dabei spüre ich seinen Blick auf mir – speziell auf meinem Po – was mich grinsen lässt. Und im selben Moment schleicht sich das schlechte Gewissen, welches ich Christian gegenüber hege, in mein Herz und lässt das Lächeln einfrieren.

Was bin ich nur für ein Mensch?

„Wo wollen Sie hin?", knurrt er. Ich drehe mich nicht um und sage auch nichts, gehe Schritt für Schritt weiter ins Wasser und genieße die Abkühlung. Es ist wunderbar klar, schimmert Türkis und ist noch besser, als das Sonnenbaden. 

Ich fühle mich schwerelos und schaffe es, einmal nicht an meine Arbeit oder Vergangenheit zu denken. Ich lasse mich treiben, tauche und lasse mich von der Kraft des Wassers tragen. Den Blick in den Himmel gerichtet liege ich da, treibe im unendlichen Ozean und atme tief durch. Das leicht erwärmte Wasser leckt an meinem Körper, als würde er ihn gerne für immer hier behalten. 

Und so verlockend die Aussicht ist, muss ich nach einer Weile dann doch wieder an Land. In England ist das Wetter meistens trüb und kalt, was man mir auch an meiner Hautfarbe – die so weiß, wie eine Marmorplatte aus Italien ist – ansieht. Um mich nicht unnötig zu verbrennen schwimme ich zurück und als ich an den Strand laufe, sehe ich ihn noch immer dort stehen.

„Ihre Ausdauer ist beachtlich, Dallas", witzle ich und trockne mich ab. Seine Blicke sind intensiver, die Wut anscheinend weiter angeschwollen. Was eine Ader an seinem Hals zum Vorschein bringt, die vorher noch nicht da war.

„Sie verschwenden Ihre Zeit, wenn Sie hier auf mich warten und lassen dabei Ihre Arbeit schleifen. Die Zeit läuft", stichle ich weiter und bringe ihn tatsächlich dazu zu explodieren. Er ist so schnell bei mir, dass ich gar nicht verstehe was los ist. 

Er ragt über mir auf und in seinen dunklen Augen leuchtet etwas gefährliches auf, das mich magisch anzieht und doch höre ich eine Stimme, die mir zuflüstert die Finger von ihm zu lassen.

„Treiben Sie es nicht zu weit, Perdita. Ich bin zwar geduldig, aber beleidigen lasse ich mich auch von einer faszinierenden Frau wie Ihnen nicht", knurrt er und packt mich am Ellenbogen.

Dabei zieht er mich zu sich heran, sodass ich ihm so nahe bin, dass ich die Hitze spüre, die von ihm ausgeht. Ich ziehe den Atem ein und versuche mein wild pochendes Herz zu beruhigen. Doch keine Chance. Seit Christians Tod war ich keinem Mann mehr so nahe und es jetzt wieder zu sein, fühlt sich aufwühlend an.

„Lassen Sie mich los!", zische ich und wehre mich. Mein Blick schweift über den Abschnitt des Strandes, doch die meisten Leute sind zu weit weg oder nehmen keine Notiz von uns.

„Erst, wenn Sie mir endlich sagen, wer Sie wirklich sind", raunt er mir ins Ohr und zaubert mir eine Gänsehaut, die an einigen Stellen meines Körpers verräterisches mit mir anstellt. Ich schlucke und schaue ihm in die Augen, spüre seinen warmen Atem an meinen Lippen und weiß, dass er nicht locker lassen wird.

„In meinem Zimmer habe ich einen Ausweis, auf dem alles steht was Sie wissen wollen", sage ich. Auf Dallas markantes und gebräuntes Gesicht zeichnet sich ein siegreiches Lächeln ab, was mich ärgert.

„Dann gehen wir am besten gleich dorthin", meint er und lässt mich los, bleibt aber dicht neben mir, damit ich nicht auf dumme Gedanken komme. Ich wickle das Strandtuch um mich, damit ich wenigstens vor seinen hungrigen Blicken geschützt bin. 

Auf dem ganzen Weg zurück zum Hotel schweigen wir und mit jeden weiteren Schritt, den ich gehe, wird mir mulmiger zumute. Und, als wir durch den prachtvollen Garten gehen, wird mir bewusst, dass etwas nicht stimmt. Auch Dallas nimmt die Veränderung wahr und zieht seine Waffe, was mich an meine Zeit beim englischen Geheimdienst erinnert. 

Weil der Mensch ein Gewohnheitstier ist, hätte ich instinktiv dasselbe getan. Aber ich habe keine Waffe mehr, zumindest keine Dienstwaffe und die, die ich für private Zwecke nutze, liegt im Safe meiner londoner Wohnung. Er wirft mir einen Blick zu, der mir sagt, dass ich mich hinter ihm hergehen soll, sodass er mir Schutz bietet. 

Langsam gehen wir voran und als wir den Nebeneingang des Hotels betreten, erwartet uns ein grausamer Fund. Die Blutspur führt uns direkt zu einem nur noch röchelnden Pagen. 

Wir eilen zu ihm hin und, als wir vor ihm knien, versucht Dallas ihm das Leben zu retten, während ich den Notruf wähle. Panik erfasst mich, doch es ist zu spät, der Page spuckt Blut, zuckt unkontrolliert und schließt die Augen. Für immer. 

(1263 Wörter)

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ich hoffe es hat euch gefallen xD

Eure Amanda 

Paradis Kill Töten will gelernt seinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt