Wie an jedem Feierabend ging Castiel zu Fuß nach Hause. Sein Haus war nur knapp einen Kilometer von dem Hochhaus entfernt in dem er arbeitete. Doch nicht nur das, ihm gehörte dieses Gebäude, welches in einer Mixtur aus altem und neuem Stil errichtet wurde. Castiel Novak war ein erfolgreicher Geschäftsführer, dennoch vermied er es, in seinem Wagen zur Arbeit zu fahren. Da er die meiste Zeit des Tages im Sitzen verbrachte, schadete dieser eher kurze Fußmarsch nicht, wie er immer meinte. Normalerweise nahm er immer den direkten Weg, doch an diesem Abend machte er eine Ausnahme und nahm die längere Route.
An anderen Tagen hätte er diese Straßen zu dieser Tageszeit umgangen, doch nun zog es ihn genau dort hin. Schon von Weitem hörte man Musik, die rauchigen Stimmen von Männern und auch Frauen, die mal laut und mal leise redeten. Der Gestank von Tabak, Alkohol und Müll kam ihm entgegen, er verzog das Gesicht. Er wusste, dass er hier nicht her gehörte. Mit seiner ordentlichen Frisur, dem schicken Anzug, seiner ganzen Verhaltensweise.
Diese Straßen waren das „Revier" von vielen Obdachlosen, Junkies und anderer solcher Typen. Ein Mann wie Castiel würde sich gerne von ihnen fern halten, sie als Abschaum bezeichnen. Doch so war er nicht. Er war kein arroganter Mensch. Seine Position in der Firma hatte er sich hart erarbeitet und er setzte sich, wann immer er konnte, für bedürftige Menschen ein.
Je näher er den Geräuschen und Gerüchen kam, umso mulmiger wurde ihm. Jeder um ihn herum warf ihm einen Blick zu und freundlich waren sie definitiv nicht.
„Da hat wohl jemand die falsche Abbiegung erwischt", meinte ein großer, dürrer Mann, dessen Oberteil mit so vielen Flecken bedeckt war, dass Castiel sich gar nicht sicher war, welche Farbe es eigentlich ursprünglich hatte.
„Hast du was verloren? Ich helfe dir, was immer es ist"; grinste ein anderer, der das genaue Gegenteil von dem ersten Typen war.
Wortlos ging Castiel an ihnen vorbei. Auf die beiden wollte er sich wirklich nicht einlassen. Hier gab es sicher welche, die noch schlimmer waren, aber vielleicht gab es auch welche, die sich noch einigermaßen gesellschaftlich verhielten. Castiel hoffte es irgendwie, auch wenn er eigentlich nur nach Hause gehen wollte.
Immer wieder kam er an kleinen Gassen vorbei, in denen ein paar Leute zusammen saßen. Es war nicht das erste Mal, dass Castiel hier entlang ging, nur war es bisher immer Tag gewesen und da herrschte auch noch eine andere Atmosphäre, zumindest ein wenig. Ein Polizeiwagen fuhr gerade im Schritttempo an ihm vorbei, als er an einer der kleinen Gassen stehen blieb.
Dort hockten nur zwei Männer, von denen einer auf einer Gitarre spielte. Und es hörte sich gar nicht schlecht an.
„Dean, du hast einen Zuhörer", meinte der andere. Dieser war vielleicht ein paar Jahre älter und trug eine alte schwarze Mütze.
Castiel kam ihnen langsam näher. Dean hörte auf zu spielen und blickte zu ihm auf.
„Lass mich raten, die anderen sind dir zu unheimlich und du denkst, dass wir die vernünftigeren von dem ganzen Irrenhaus hier sind."
Der Dunkelhaarige hielt seinem Blick stand. „Seid ihr es etwa nicht?"
Dean setzte ein leichtes Grinsen auf. „Keine Sorge, wir sind wirklich ein wenig vernünftiger als die meisten hier."
Castiel nickte und holte aus seiner Hosentasche einen zwanzig-Dollarschein heraus, den er Dean entgegen hielt.
„Ich hoffe doch, du nimmst es an. Du spielst gut."
Nickend steckte Dean das Geld ein, während Castiel einen Blick auf die Gitarre warf. Sie sah schon ein wenig mitgenommen aus, was aber nicht unbedingt überraschend war. Eine Saite war offensichtlich gerissen und so gut es ging wieder befestigt worden.
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Side Street [Destiel]
FanficCastiel ist ein aufstrebender Geschäftsführer, Dean ein Gitarre spielender Obdachloser. Durch Zufall kreuzen sich die Wege der beiden Männer - sie werden Freunde. Nach einem langen Winter verliert Dean auf unbekannte Weise seinen alten Freund Benny...