~Kapitel 10~

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Schweigend stapfte ich neben Matrep her, in mir brodelte immer noch die Wut gegenüber Morticia. Ich konnte es nicht fassen, sie hatte Melly einfach eröffnet, dass diese sterben würde und wir so gut wie nichts dagegen tun konnten. Mit aller Kraft trat ich gegen einen Stein, um meinem Ärger Luft zu machen. Der Stein flog ein paar Zentimeter in die Luft, anstatt weggeschleudert zu werden. Verwundert zog ich eine Augenbraue hoch, das war ungewöhnlich. „Ist was?", fragte mein Begleiter, der anscheinend nichts von dem Stein mitbekommen hatte. Doch ich schüttelte den Kopf, wahrscheinlich hatte ich den Stein einfach komisch getroffen.

„Nach was suchen wir eigentlich, welches Kraut kann Melly retten?", wollte ich von Matrep wissen.
„Es ist schwierig zu beschreiben und wir brauchen sehr viel davon, ich zeig es dir, wenn ich etwas davon finde, danach kannst du mit suchen", antwortete er. Missmutig nickte ich. Was brachte es, zu zweit durch den Wald zu laufen und ein Kraut zu suchen, wenn ich nicht mal wusste, wie es aussah?
Während ich hier meine Zeit vergeudetet hätte ich auch an Mellys Seite sein können und ihr beistehen können. Sie litt sicherlich unter Schmerzen und hatte nur die kaltherzige Morticia an ihrer Seite.

Meine eigenen Gedanken erschreckten mich. Normalerweise war ich allen Menschen gegenüber freundlich gesinnt und glaubte an das Gute in ihnen, sogar in Kira, doch bei Morticia schaffte ich diese nicht. Aber vielleicht lag es auch daran, dass ich in Melly meine erste richtig Freundin gefunden hatte und deswegen Morticia so verachtete, weil sie Melly gegenüber so rücksichtslos gewesen war.
Irgendwann blieb mein Begleiter stehen und machte mich darauf aufmerksam, dass wir unser gesuchtes Kraut gefunden hatten.

„Matrep, das sind Brennnesseln, bist du dir sich, dass das unsere gesuchte Pflanze ist?", wollte ich wissen. „Ja, genau das suchen wir. Brennnesseln fördern das Abwehrsystem und das wird Melly hoffentlich helfen. Zudem wird auch noch Knoblauch in den Tee kommen. Dieser hilft gegen Blutvergiftungen. Eigentlich sollte er zerquetscht auf die Wunde gepresst werden, doch dies habe ich in Anbetracht von Mellys Zustand nicht gewagt", erklärte mir der Lapi. „Ist das dein Ernst?", fragte ich fassungslos, „ wir sind schon zehn mal an Brennnesseln vorbeigegangen und du hast nichts gesagt? Und dann hast du auch noch erzählt, dass die Pflanze schwer zu beschreiben wäre." „ Ich wollte, dass du dich ein bisschen beruhigst, Melly kann es nicht gebrauchen, dass du und Morticia euch streitet", verteidigte sich der Lapi. „Und nun komm, wir müssen uns beeilen, wenn wir unsere Freundin noch retten wollen."

Schweigend stapfte ich neben Matrep her. Ich verstand nicht, warum er so viel Zeit hatte verstreichen lassen, obwohl es Melly doch so schlecht ging.
Das Zelt war gerade in Sichtweite gekommen, als Morticia uns entgegen kam. „ Ich hoffe eure Kräuter sind stark genug, die Blutvergiftung ist beim Ansatz ihrer Rippen angelangt." Das ließ mich aufhorchen, das musste ja heißen, dass die Vergiftung sich verlangsamt hatte, da sie sich letzte Nacht mehr ausgebreitet hatte. Ich eilte an meinen Begleitern vorbei und riss den Reißverschluss des Zeltes beinahe ab, als ich versuchte so schnell wie möglich in unser Zelt zu gelangen.

Melly hatte sie kaum bewegt, seit dem Matrep und ich heute morgen das Zelt verlassen hatte. „Wie geht es dir?", fragte ich und verfluchte mich innerlich selber, es war ja klar das es ihr nicht gut ging. „Die Wunde hat angefangen zu eitern und Fieber habe ich auch bekommen", teilte mir Melly mit kraftloser Stimme mit. Ich zuckte zusammen, so sehr erschreckte mich der Klang ihrer Stimme. „Melly hör mir zu", befahl ich und nahm ihre Hand, „ du wirst nicht sterben, du wirst mich nicht allein lassen. Du bist meine einzige Freundin und ich werde nicht zu lassen, dass du den Löffel abgibst." „Ich werde es versuchen", versprach Melly mit schwacher Stimme und versuchte mich anzulächeln. Ich lächelte zurück, froh darüber, dass Melly es doch noch schaffte zu Lächeln. Doch dann ging mir auf, dass es an mir lag, dass Melly noch lächelte. Sie wollte für mich stark sein und nicht weil, sie es konnte. Schlagartig fühlte ich mich schlecht. Nur wegen mir versuchte meine Freundin stark zu sein, obwohl sie sich vielleicht schon selber aufgegeben hatte.

In meinen Gedanken versunken registrierte ich nur vage, dass Matrep begann dem Luftgeist einen Tee einzuflößen. Erst als sich ihr Augen schlossen, schreckte ich hoch. Panisch rüttelte ich an Mellys Schulter. „Nein, du darfst nicht sterben, bleib wach!", schrie ich und bemerkte nicht, dass Matrep etwas sagte. Erst als mir eine Hand vor den Mund gehalten wurde, die meine Schreie dämpfte verstand ich, was er sagte:„ In dem Tee war ein Schlafsirup, damit Melly keine Schmerzen hat." Es dauerte einige Momente, bis ich begriff, was der Lapi gesagt hatte. Ein hysterisches Lachen bahnte sich den Weg aus meiner Brust. Meine Freundin war doch nicht tot, oder zumindest noch nicht.

Als ich mich wieder beruhigt hatte sahen mich Matrep und Morticia aus ernsten Augen an. „Es hilft alles nichts, wie müssen weiter", sagte Morticia, „laut Ragna und Terra will sich Colum an Terrasis erheben. Das ist diesen Sonntag, das heißt wir haben noch knapp fünf Tage um ihn aufzuhalten." „Und wir müssen daran denken, dass die Zeit schneller vergeht als sonst", gab Matrep zu bedenken. Ich lugte durch den Zelteingang nach draußen. Matrep hatte Recht. Es hatte sich angefühlt, als ob wir beide nur bis zum Mittagessen weggewesen wären, doch in Wahrheit war es schon Abend.
„Und wir wollen wir uns so schnell fortbewegen?", wollte ich wissen. „Wenn wir laufen werden wir die Festung nicht rechtzeitig erreichen, also müssten wir uns wohl was anderes überlegen", äußerte sich der Lapi. „Pferde", war das einzige was Morticia sagte. „ Und wo willst du so schnell welche herbekommen?", fragte ich und zog eine Augenbraue hoch. „Ich lass mir schon was einfallen, morgen früh werden wir welche haben", gab die Rächerin zurück und verließ ohne ein weiteres Wort das Zelt.

Verwirrt schüttelte ich den Kopf, ich wurde aus diesem Mädchen nicht schlau. „ Hilfst du mir noch etwas von dem Tee für Melly herzustellen. Wenn wir uns ab morgen mit Pferden fortbewegen wollen, sollten wir sie ruhig stellen", erklang die Stimme von Matrep.
Ich nickte und machte mich zusammen mit ihm an die Arbeit. „Wir haben nicht ewig Zeit und ich bezweifle, dass die Kräuter Melly ewig helfen werden", äußerte ich meine Gedankten.
„Nein, eigentlich bräuchten wir richtige Medikamente, aber wir müssen das beste hoffen, wenn wir Glück haben, hält Melly durch, bis wir Colum besiegt haben", versuchte mein Begleiter mich zu beruhigen.
Ich lächelte ihn dankend an. Ich schätzte seinen Versuch, mich aufzumuntern, doch ich wusste selbst, wie schlecht es um meine Freundin bestellt war.

Green ~ Eine verborgene WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt