Kapitel 3

558 43 37
                                    

Einen Tag später stand ich erneut in den tristen Schulfluren, die Träger meiner Tasche fest mit den Fingern umkrallt.

Meine Sonnenbrille hatte wie erwartet nicht mehr auf der Toilette gelegen, doch ehrlich gesagt wollte ich sie glaube ich auch nicht mehr. Zu Hause lagen sowieso immer ein paar Brillen auf Reserve.

Ich sah mich um, darauf wartend dass irgendjemand mich gestern gesehen hatte und es nun jedem erzählt hatte, doch keiner sprach mich an. Ein paar Schüler blickten mich zwar komisch an aber das war ich gewohnt.

Ich hatte also wirklich Glück gehabt und niemand hatte mich gesehen. Tief atmete ich ein, überrascht dass ich vor lauter Aufregung den Atem angehalten hatte.

"Hey, wie geht's?", fragte jemand fröhlich und packte mich an der Schulter. Aus Reflex zischte ich laut und Maudado schreckte verwirrt zurück.

"Oh. Oh, das tut mir leid," entschuldigte ich mich schnell und lächelte," mir geht's gut, danke. Ich habe mich gestern direkt hingelegt und ein paar Stunden geschlafen. Das hat wirklich gut getan." "Gut zu wissen," entgegnete Maudado und wir gingen gemeinsam Richtung Klassensaal," dann darfst du dich ja heute noch offiziell vorstellen." "Muss man dass denn wirklich machen," fragte ich quängelnd. "Natürlich," antwortete Maurice grinsend und ich boxte ihn gespielt wütend.

Als ich den kurzen Ausdruck von Schmerz in seinen Augen vorbeihuschen sah, hätte ich mich selbst verfluchen können. Warum konnte ich meine Fähigkeiten denn einfach nicht zügeln?

"Entschuldigung," murmelte ich nur leise und setzte mich bedrückt an meinen Platz. Ich vergraulte mir den einzigen Freund hier weil ich ihn grün und blau schlug. Aus 'Spaß'.

Ich beschloss Maudado nicht noch mehr zu nerven und beobachtete einfach wie er zeichnete. Er arbeitete an meiner Schlangenzeichnung und ich freute mich wie ein kleines Kind über den Fortschritt, den er schon gemacht hatte.

Irgendwann kam auch der Junge von gestern, doch diesesmal sagte er nichts und setzte sich nur missmutig dreinblickend auf seinen Platz. Dies schien nicht nur Maudado sondern auch einige andere zu überraschen, die irgendwann verwirrt zwischen meinem Sitznachbarn und dem Braunhaarigen hin und her schauten.

Ich war froh dass der Junge nicht wieder etwas gesagt hatte. Ich war nicht stark genug um heute etwas zu sagen, geschweige denn jemanden oder mich selbst zu verteidigen.

Es dauerte einige endlose Minuten bis endlich der Lehrer kam und ich einen Grund hatte mich zu konzentrieren. Es war schrecklich, ständig über seine Fehltritte und Schwächen nachzudenken.

Ein Tippen an meiner Schulter holte mich aus den Gedanken. Maudado, und die meisten anderen, blickten mich an.

"Du sollst dich vorstellen," murmelte mein Sitznachbar und ich nickte ihm dankend zu.

Ich sah mich einmal kurz um und auch den Lehrer an, der mich interessiert anschaute:" Ich heiße Manuel Büttinger und bin 17 Jahre alt. Ich bin eine Biene und falls sich jemand fragt warum die Sonnebrille: Ich brauche sie weil ich eine Krankheit habe und meine Augen lichtempfindlich sind."

Es war einen Moment still und der Lehrer fuhr fort:" Danke für die Vorstellung Manuel. Ich bin Herr Wolf. Ich habe ja gestern schon einiges gehört aber wir sollten heute einfach normal anfangen, wie wärs?" Ich nickte und schon begann er die ersten Dinge über binomische Formeln zu erklären.

Ich verzog das Gesicht während Herr Wolf irgendwelche Zahlen und Buchstaben an die Tafel kritzelte. Buchstaben gehörten einfach nicht zum Matheunterricht.

Nach einem verzweifelten Versuch die Aufgaben an der Tafel zu verstehen wandte ich mich ab und beobachtete einfach Maudado, der immer noch zeichnete.

The Strength of a SnakeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt