8. Hingabe

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Wie Nava befürchtet hatte, dauerte es kaum einen Tag, bis die unmöglichsten Gerüchte und Geschichten, wie es zu diesem Desaster zwischen ihr und der alten Fledermaus gekommen sein konnte, die Runde machten. Die Schüler sprachen darüber am Morgen, zu den Mahlzeiten, in den Pausen und in den Gemeinschaftsräumen. Doch mehr als Nava plagten die ständige Gafferei und das Getuschel den Professor, der die unsäglichen Scharen auch im Unterricht ertragen musste. Zum ersten Mal in seinem Leben gab er jedoch nicht den Junghexen und -zauberern die Schuld für seine peinliche Lage, sondern einzig und allein sich selbst. Wie konnte er nur so dumm gewesen sein, sich in diesem ungünstigsten aller Momente von seinen Gefühlen beherrschen zu lassen? Einen derartigen Verlust des Verstandes hatte er zuletzt erlebt, als er den toten Körper seiner geliebten Lily in den Armen gehalten hatte.

Als Hermine den Gemeinschaftsraum betrat, saßen Harry und Ron auf dem rot gepolsterten Sofa vor dem Kamin. Sie reckten ihre Köpfe in Richtung der anderen Gryffindors, die sich nur ein paar Meter hinter ihnen um Dean Thomas versammelt hatten und gespannt seinem Bericht lauschten. „Was ist denn hier los?", fragte Hermine verblüfft, als sie sich zu ihren Freunden setzte. „Dean hat gesehen, was gestern auf dem Schulhof zwischen Snape und Miss Dumbledore passiert ist", erklärte Ron kurzerhand und deutete Hermine, still zu sein. Diese jedoch wandte sich genervt ab und öffnete das Buch, welches sie sich gerade aus der Bibliothek besorgt hatte. „Na und? Die Geschichte habt ihr doch wahrscheinlich schon von zehn verschiedenen Leuten gehört." Sowohl Ron als auch Harry ignorierten Hermines nur allzu wahren Einwurf und spitzten weiterhin die Lauscher. „Das ist voll eklig", kommentierte Lavender, als Dean seine Rede beendet hatte. „Vielleicht hat er sie gezwungen oder so ...", überlegte Parvati laut. „Ja! Was ist, wenn er gedroht hat, ihr etwas anzutun?", meinte Seamus, doch bevor irgendjemand etwas erwidern konnte, schlug Hermine das Buch augenblicklich zu und fuhr herum. „Das ist doch völliger Schwachsinn", rief sie empört und im nächsten Moment hingen die Blicke sämtlicher Schüler der Runde an ihr. „Du meinst, sie hat sich freiwillig von ihm küssen lassen?", schlussfolgerte Lavender und verzog bei der Vorstellung daran das Gesicht. „Das geht euch gar nichts an und überhaupt: was bitte ist so schlimm daran, jemanden zu küssen, den man gerne hat?", wandte Hermine verständnislos ein. „Aber das ist Snape. Den hat niemand gern", ertönte nun auch Harrys Stimme. „Sie schon", protestierte Hermine. „Woher willst du das denn wissen? Hast du sie gefragt?" Erwartungsvoll blickte der Schwarzhaarige zu seiner Freundin, die ihn wütend anfunkelte. „Was? Nein", meinte diese merklich verunsichert. „Jetzt mal ehrlich Leute: ihr redet schon den ganzen Tag darüber. Habt ihr nichts Besseres zu tun, als euch in private Angelegenheiten von Lehrern einzumischen?", versuchte Hermine die kleine Versammlung von ihrem Thema abzubringen, doch alle Beteiligten sahen das offensichtlich anders. „Nein", kicherte Parvati und steckte damit augenblicklich den gesamten Gemeinschaftsraum an. Hermine verdrehte darauf nur noch die Augen und zog sich in ihren Schlafsaal zurück, um ungestört in ihrem Buch lesen zu können und sich nicht länger die Nerv tötende Lästerei anhören zu müssen.

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Die letzte Woche vor den Weihnachtsferien brachte endlich Ruhe mit sich. Alle waren so sehr damit beschäftigt, die Koffer zu packen und Vorbereitungen für das Fest zu treffen, dass der kleine Vorfall am Tag des Quidditch Turniers schnell in den Hintergrund rückte. Am Tag vor Heiligabend war die Schule so gut wie leergefegt. Die meisten Schüler waren heimgefahren, um die Feiertage bei ihren Familien zu verbringen und der übrig gebliebene Rest hielt sich im Hintergrund. Es war das erste Mal seit Beginn ihrer Beziehung, dass Nava und Severus jede Minute des Tages für sich nutzen konnten. Sie waren gänzlich frei. Sanfte Flocken rieselten vom Himmel herab und bedeckten die grünen Hügel mit schneeweißen Laken. Der Geruch von Tannenzweigen und Zimtplätzchen durchzog die Gänge des Schlosses und ein reich geschmückter Weihnachtsbaum erhob sich in der großen Halle.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 28, 2019 ⏰

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