You'll Be Fine

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,,REMINGTON! "

Schon wieder schreit jemand seinen Namen.
Doch dieses Mal ist es eine hohe, weibliche Stimme.

Remington dreht seinen Kopf und sie steht da.
Außer Atem stützt sie sich an der Wand ab.
Ihre kurzen roten Haare werden vom Wind hin und her geworfen.
,,Remington! ", wiederholt sie etwas leiser, ,,bitte tus nicht."
Er sieht die Angst in ihren Augen aufblitzen.

Hat sie etwa Angst um ihn?

Der Sänger sieht wieder hinunter. Es scheint so nah.
,,Ich wäre frei", murmelt er.

,,Nein. Wärst du nicht", antwortet ihm ihre Stimme sanft, ,,was soll aus deinen Brüdern werden? Aus deiner Band? "
Sie zögert kurz.
,,Aus mir?"

Remingtons schüttelt den Kopf.
Er will doch nur etwas Ruhe. Sein Kopf ist so schwer. Er hebt seinen Fuß.

Mit aller Kraft, die sie hat, reißt X ihn vom Abgrund weg auf den Boden.
Sie schließt ihre Arme um ihn und hält ihn ganz fest.
Remington wird von Schluchzern geschüttelt.
Unablässig streichelt sie seinen Rücken, bis er sich etwas beruhigt hat.
,,Sag mir ein Ding, dass du sehen kannst."
X verbirgt ihr Kinn in seinen Haaren.
,,Du", gibt er leise zur Antwort.
Er spürt ihr Lächeln auf seinen Kopf.

,,Wir haben das schon oft gemacht, nicht wahr? ", fragt er unsicher.

Sie lockert ihre Umarmung so weit, dass sie ihn anschauen kann.
,,Ja."
Sie weiß, was er meint. Sie kann nicht mehr zählen, wie viele Male sie ihn schon beruhigt hat. Ihn so gehalten hat.

,,Wir haben eine Vergangenheit. "
Er stellt es nicht als Frage.
Noch immer hält sie ihn fest.

,,Du erinnerst dich nicht. "
Auch sie fragt nicht.
Er nickt.
,,Tut mir leid."
,,Schon in Ordnung, Remmy."
Er nimmt ihren Arm von seiner Schulter und verschränkt seine Hand mit ihrer.
,,Versprichst du mir, nicht zu springen, wenn ich dich los lasse? ", flüstert sie in sein Ohr.
Remington nickt.

Sie steht auf und bietet ihm ihre Hand an.
Die Hand ohne X.
,,Komm."

Immer noch zittrig auf den Beinen greift er ihre Hand und lässt sich von ihr aufziehen.
Zum ersten Mal seit langem ist sein Kopf vollständig frei.
Er sieht nur sie.
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,,Wo ist er nur?!"
Sebastian rennt verzweifelt auf und ab.
Seit ihrem Streit ist Remington verschwunden.
Seitdem sind Stunden vergangen.
Sebastian bereut es zutiefst, seinen kleinen Bruder so angefahren zu haben.
Emerson sitzt auf einem Stuhl, die Beine angezogen. Seine Augen wandern unruhig hin und her.
Er macht sich genau so große Sorgen wie Sebastian.

,,Er ist nicht im Haus", meldet Daniel, der gerade alle Räume durchsucht hat.
Somit ist auf Sebs Hoffnung, dass Remington sich vielleicht wieder rein geschlichen hat, zerstört.
,, Hast du ihn schon angerufen? ", fragt Daniel und rauft sich die Haare.
Er ist mit den Nerven am Ende.

,,Remington geht nicht dran. Er legt jedes Mal auf."

,,Probier es nochmal", bittet Emerson leise.

Sebastian wählt Remingtons Nummer und stellt ihn auf laut.
Es läutet einige Male und dann ertönt die Mailbox.
Remingtons Handy ist aus.

,, Verflucht ", ruft Sebastian und knallt sein Handy auf den Tisch.
Emerson zuckt zusammen.
,,Entschuldige, Em", sagt Sebastian sofort.
Seit der zweiten Karte ist sein kleiner Bruder nicht mehr er selbst.

,,Was, wenn sie ihn schon haben? ", murmelt der jüngste panisch, ,,Daniel, was ist, wenn Lieseil Remington hat?!"

Daniel hasst es, seine Familie so zu sehen. Er wollte sie doch alle beschützen.
,,Ruf die Polizei, Seb", wendet er sich an den Gitarristen.

Für einen kurzen Moment schweigen alle.

,,Ich weiß nicht, ob das etwas hilft. Aber vielleicht finden wir ihn so schneller", spricht Daniel seine Ängste aus.
Lieseil... .
Er könnte sich verfluchen.
Warum hat er Remington nicht aufgehalten.

,,Ich hoffe wirklich, es geht ihm gut", raunt Sebastian und tippt die Nummer der zuständigen Polizei ein.

,,Hallo? Hier spricht Sebastian Danzig. Ich würde gerne meinen Bruder als vermisst melden. "

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Remington weiß nicht, wo sie sind, aber X führt ihn in zu einer Wohnung.
Er versucht, das Schild an der Tür zu lesen. Der Name ist unleserlich.
X bittet ihn herein.

Die Räume sind kahl und kaum eingerichtet. Die Wände von einem freundlichen gelb.
,,Wohnst du hier? "

Sie legt ihre Jacke und den Schlüssel ab.
,,Solange es Lieseil will, ja."

Remingtons Blick fällt auf ein Foto, dass auf einem Regal steht.
Er nimmt es in die Hand. Darauf ist eine junge Frau mit langen, braunen Haaren zu sehen, die in die Kamera lächelt.
,,Bist das du?"

X nimmt ihm das Foto aus der Hand und stellt es wieder hin.
,, Meine ältere Schwester."

,,Entschuldige", murmelt Remington.
Er sieht sie fragend an.
,,Ist sie der Grund, warum du...noch bei Lieseil bist. "

Sie geht in das Schlafzimmer und Remington folgt ihr.
,,Sie ist tot", antwortet sie ihm, ohne eine Miene zu verziehen.
Doch durch ihre Augen zieht ein Schatten.
,,Tut mir leid, X. "
Er könnte es sich nicht vorstellen, Emerson oder Sebastian zu verlieren.

,,Schon in Ordnung", sie fährt sich durch die Haare.
Remington tritt einen Schritt näher an sie heran.
,,Wie lange bist du schon...? "
,,Drei Jahre." Ihre Miene ist unergründlich.
,,Und wie alt...? "
,,23."
Remingtons Bauch zieht sich zusammen. Dieses Mädchen ist so alt wie sein kleiner Bruder.

X überwindet den Abstand zwischen ihnen und legt ihre Arme um seine Schultern.
,,Ich werde dich nicht bitten, mit mir zu kommen, Remmy. Denn das kannst du nicht", haucht sie, den Kopf an seinen Kopf gelehnt.
Sie ist beinahe so groß wie er.
,,Aber bitte, nur heute, sprich nicht davon, okay? Nur heute."

Wir haben nur diesen einen Tag, Remmy.

Er nimmt ihre Wangen zwischen seine Hände und küsst sie.

Bilder, die er längst vergessen hat, flackern in seinem Unterbewusstsein auf.
Unzählige Erinnerungen an ihn und X in dieser Hölle.
Dann löst sie den Kuss und sie sind wieder weg.

,,Es tut mir leid, dass ich dich vergessen habe", raunt er.
Sie streicht ihm eine Haarsträhne aus der Stirn.
,,Du bist jetzt hier. "

Er küsst sie wieder und das schönste Gefühl der Welt erfüllt ihn.
Für einen Moment kann er alles vergessen.

Er legt die Stirn an seine.
,,Ich liebe d... ."

Sie legt einen Finger auf seine Lippen.
,,Nicht. So etwas gibt es bei Menschen wie uns nicht. Wir bekommen kein Happy End, Remmy."
Kalter Schmerz flimmert in ihren bernsteinfarbenen Augen.

,,X", flüstert er ihren Namen und hebt sie hoch.
Er trägt sie zum Bett und legt sie darauf.
Sodass er über ihr kniet.
,,Ich werde es nicht sagen", flüstert er, ,,aber bitte bleib. Bleib bei mir. "

Sie schüttelt traurig den Kopf.
Niemand ist sicher.
,,Remmy... ."

Er versiegelt ihre Lippen indem er sie küsst.
Sie erwidert seinen Kuss leidenschaftlich und zieht ihn neben sich auf die Matratze.

Er will ihre Antwort nicht hören.
Denn tief in sich kennt er sie bereits.

Fucking With My Head Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt