Kapitel 4 - Eine unerwartete Wendung

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Eigentlich mochte Mirza Pferde.

Es waren sanftmütige Tiere und sie waren sehr nützlich. Doch nach dieser Reise würde sie wohl nie wieder freiwillig auf ein Pferd steigen. Und wenn dann nur in Hosen. Der Damensattel, den der Bote ihr aufgedrängt hatte, war grauenhaft. Kurz vor ihrer Abreise hatte Mirza nochmals versucht ihn zu einem Herrensattel zu überreden.

Ihre Bemühungen waren umsonst gewesen. Er hatte lediglich die Nase gerümpft und gesagt: „Es schickt sich nicht für eine Dame in Männerkleidung zu reiten."

Mirza hatte schließlich aufgegeben und sich ihrem Schicksal gefügt. Lex unterdrücktes Grinsen hatte ihre Laune noch verschlechtert.

Nun war es schon nach Mittag und die Sonne brannte unbarmherzig vom Himmel. Trotz der Hitze hatte sich Mirza ein Tuch um die Schultern geschlungen. Ihre Arme waren schon rot und sie wollte keinen Sonnenbrand riskieren. Außerdem plagte sie die Erschöpfung. Nicht von dem Ritt, sondern von ihren Anstrengungen am Vorabend. Ihre Glieder fühlten sich zerschlagen an und ihre Augen fielen ihr immer wieder zu.

Es war so still und friedlich auf der Landstraße. Vogelzwitschern erfüllte die Luft und das gleichmäßige Schaukeln des Pferds unter Mirza tat sein Übriges. Als ihr Kopf drohte vornüber zu fallen, fühlte sie eine warme Hand an ihrer Schulter. Erschrocken fuhr sie wieder hoch und sah in Lex' belustigte Augen.

„Wenn du vom Pferd fällst, kommen wir nie am Palast an."

„Vielleicht mach ich das auch. Lieber breche ich mir auf der Straße das Genick, als dort anzukommen." Mit einem undamenhaften Schnauben wandte Mirza ihren Blick zu dem Boten. Er ritt einige Meter vor ihnen und war außer Hörweite.

Lex ritt neben ihr her. In der frischen Kleidung sah er schon viel besser aus – nicht mehr wie ein Landstreicher. Allerdings hatte er Mirza nicht erzählen wollen, woher er kam. Oder warum er dasselbe Ziel hatte wie sie. Er hatte nur geheimnisvoll gelächelt und mit den Schultern gezuckt.

„Würdest du denn das Jenseits diesem Phönix-Programm vorziehen?", fragte er und musterte sie.

Mirza hob ihr Kinn. „Ja, diesen Gedanken hatte ich schon. Wie würde es dir gefallen, wie eine Zuchtstute behandelt zu werden."

„So siehst du das?"

Mirza wandte den Blick von ihm und sah starr gerade aus. „Natürlich. Man beordert mich zum Rat, sucht einen passenden Hengst für mich aus und hofft, dass ich möglichst oft schwanger werde."

Lex schwieg einige Augenblicke. Das Klappern der Pferdehufe erfüllte die Stille.

„Willst du denn keine Kinder?"

Alarmiert drehte Mirza ihren Kopf zu ihm. „Was hat das denn damit zu tun?"

Lex zuckte mit den Schultern. „Na, das Ergebnis wäre doch dasselbe."

„Wie kannst du so was sagen?", zischte Mirza. Hätte sie nicht die Zähne zusammengebissen, hätte sie wohl geschrien. Und sie wollte auf keinen Fall die Aufmerksamkeit des Ratsboten erwecken.

„Du bekommst einen Ehemann, ein Heim und Kinder. Oder nicht?"

Mirza atmete einige Male tief ein und aus. Der Drang zu schreien ließ etwas nach, verschwand aber leider nicht. „Das Problem, Mister Lexlon, liegt darin, dass ich mir die ersten beiden Dinge gern selbst aussuchen würde. Aber ihr Männer könnt das ja nicht verstehen. Für euch sind alle Frauen nur dumme Geschöpfe, die die Drecksarbeit erledigen."

Ohne eine Antwort abzuwarten trieb sie ihr Pferd zu einer schnelleren Gangart an.

„Wir sollten nicht trödeln", rief sie dem Boten zu, als sie an ihm vorbei trabte. Je früher sie diese beiden loswurde, desto besser. Auch wenn sie das ihrem Unglück noch näherbrachte.

Mirza - Die Nymphen von Mirus (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt