Kapitel 1: Drachenatem

53 7 1
                                    


Feurig scheinend steigt er auf, um unsere Welt zu begründen oder zu zerstören: Der Atem der Drachen. Als ich ihn das erste Mal sah, war ich gerade 14 Jahre alt geworden. Doch seine unbeschreibliche Macht beeindruckt mich heute noch, wie am ersten Tag.

„Na? Gefällt es dir?", die Worte des alten Buchhändlers reißen dich aus der Geschichte. „Es klingt sehr gut.", erwiderst du lächelnd und weichst seinem Blick aus. „Dann gehört es jetzt dir.", sagt der Buchhändler gutmütig. „Wirklich?", in deine Augen tritt das Leuchten freudiger Überraschung. „Für meine kleine Nele. Sieh es als eine Art Bezahlung für deine Hilfe.", er zwinkert dir zu und du siehst schuldbewusst zu Boden. Eigentlich hättest du ihm beim Umzug der Buchhandlung aus dem großen Einkaufszentrum in einen Laden etwas außerhalb der Stadt helfen sollen.

Aber als du das Buch mit dem Dracheneinband gesehen hast, konntest du einfach nicht anders, als es aufzuschlagen und zu lesen. Ein letztes Mal in dem gemütlichen kleinen Laden auf dem Sofa sitzen und in einer Geschichte versinken, bevor der neue Trendshop hier im zweiten Stock des Einkaufszentrums einziehen würde. Am liebsten hättest du sofort weiter gelesen.

Der alte Buchhändler scheint deine Gedanken zu erraten: „Schon gut! Ich wäre nicht Buchhändler geworden, wenn ich die Magie dieser Bücher nicht kennen würde. Du kannst schon weiterlesen. Es wird ohnehin langsam Zeit für die Mittagspause. Bis später!" Mit diesen Worten lässt dich der gute, alte Mann allein. Du kannst dein Glück kaum fassen. Augenblicklich drehst du dich um und wendest dich wieder dem Buch mit dem Dracheneinband zu.

So unverzichtbar und machtvoll wie sein Atem, so gefährlich ist der Drache. Besonders in seinen jungen Jahren frisst er Schafe und Kinder und brennt ganze Dörfer nieder. Als nun das Drachenweibchen ihr Nest in unmittelbarer Nähe zu unserer Heimat gebaut hatte, wussten wir: Wenn wir leben wollten, mussten wir das Nest fortschaffen oder zerstören, bevor die jungen Drachen schlüpfen konnten. Ich wusste, dass es ein schwierig und gefährlich werden würde. Doch die ganze Wahrheit war mir nicht bewusst: Es war ein Himmelfahrtskommando.

Es ist nahezu unmöglich ein Drachenei zu zerstören. Die rot schimmernde Schale ist hart wie Stahl. Keine unserer Äxte hätte vermocht, sie zu durchdringen. So mussten wir sie fortschaffen, wenn die Mutter zur Jagd davon geflogen wäre. Als wir loszogen war uns klar, dass wir nicht viel Zeit hatten, denn die Mutter konnte jeden Augenblick zurückkehren. Wir waren alle schrecklich nervös, indes wir das Nest zum Fluss schleppten, in der Hoffnung, dass dieser es weit von unserem Dorf fortspülen würde. Alles lief genau nach Plan, bis auf halber Strecke ein gewaltiges Donnern die Erde erzittern ließ.

In deinen Ohren lässt ein lauter Knall die Stille zerreißen. Du glaubst, sogar das Beben auf deinem Sofa spüren zu können. Dieses Buch ist wirklich erstaunlich!

Ein beißender Geruch stieg mir in die Nase, während ich mich voller Angst umwandte.

Auch in dem kleinen Laden im zweiten Stock des Einkaufszentrums, in dem du dich aufhältst, nimmst du auf einmal einen unerträglichen Gestank wahr.

Ich hörte die Schmerzensschreie meiner Kameraden, noch ehe ich sie erblickte.

Erst als auch du Schreie von Angst und Schmerz in deiner Nähe hörst, blickst du erschrocken von deinem Buch auf.

ENTKOMM!      Feuer und FlammenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt